VISION 20005/2011
« zum Inhalt Schwerpunkt

Hilfe in praktischen Dingen

Artikel drucken Wenn Gott für Nahrung, Baumaterial und Hilfe durch Handwerker sorgt (Cenacolo; Christof Gaspari)


Cenacolo: eine Gemeinschaft, in der suchtkranke Jugendliche „aus der Finsternis zum Licht finden“ und Wunder der Heilung geschehen. Die Gemeinschaft lebt von der Vorsehung. Was das bedeutet, erklärt im Folgenden der für das Cenacolo im Burgenland Verantwortliche.

Die Gemeinschaft Cenacolo lebt von der Vorsehung. Wie prägt das das Leben der Mitglieder?
Georg:
Im Grunde genommen heißt es: auf Gott zu vertrauen, zu wissen, dass Er es ist, der die Dinge macht und nicht wir. Mutter Elvira, unsere Gründerin, hat es oft erzählt: Sie wusste: Ich werde mir die Ärmel hochkrempeln müssen und aktiv werden. Allerdings war sie sich auch ihrer begrenzten Fähigkeiten, das Werk zu beginnen, bewusst: Sie war keine ausgebildete Psychologin, keine Drogenexpertin, keine Managerin… Jedoch war ihr Vertrauen auf Gott, dass Er es sein würde, der trotz all ihrer Schwächen und Fehler das Werk voranbringen würde, um Vieles größer. Es war ihr auch von Anfang an klar, dass nicht sie es sein wird, die den jungen Menschen helfen würde, sondern der Herr selbst. Er ist es, der wirklich zu heilen vermag – und sie wollte sich Ihm zur Verfügung stellen. Sie hat eben das Evangelium ernst genommen. Sie war einfach sicher: Wenn Gott dieses Werk will, wird Er sich auch darum kümmern, auch um Kleinigkeiten. Von uns erwartet Er, dass wir beten, uns ganz einsetzen, dass wir vertrauen und glauben…


Sie hat also ganz auf den Willen und das Wirken Gottes gesetzt?
Georg:
Ja, durchaus auch in praktischen Dingen. Sie hat zehn Jahre um ein Haus gebetet, musste viele Kämpfe durchstehen – aber sie hat nicht lockergelassen, weil sie wusste: Gott hat ihr dieses Anliegen ins Herz gelegt, Er würde das Werk vollbringen. Und so war es auch. Und daher ist es bei uns so, dass wir in allem ganz auf Gott vertrauen: dass Er uns mit Nahrung versorgt, wenn es um Projekte geht, die richtigen Leute schickt und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt…


Hilft euch Gott sehr konkret? Sorgt Er also wirklich für das tägliche Brot, das Gewand …?
Georg:
Ja, Er sorgt ganz konkret. Aber das muss man erst begreifen. Ich hatte da auch meine Mühe, meine Zweifel. Wie ich ins Cenacolo gekommen bin, haben mir die Burschen gesagt: Du musst Dich hinknien und beten – und Du wirst sehen, Gott schickt uns alles, was wir brauchen. Nach außen habe ich ja gesagt, gedacht habe ich mir jedoch: Ob das wirklich so funktioniert? Heute kann ich es bestätigen, ich erlebe es ja jeden Tag. Vor einer halben Stunde hat sich drüben im anderen Haus der große Tisch, an dem Du gesessen bist, unter der Last der Lebensmittel gebogen. Oder es fährt ein Auto vor und bringt uns Waschpulver… Das hier in der Gemeinschaft zu erleben, ist natürlich ein Privileg. Es hilft den Burschen auf ihrem Weg der Bekehrung hier. Aber ich bin sicher, dass jeder auf seine Weise auch heute eine ähnliche Erfahrung machen könnte. Die Vorsehung hat ja viele Gesichter.


Wie kann man sich für das Wirken der Vorsehung öffnen?
Georg:
Am wichtigsten ist das Gebet. Dass wir so leben dürfen, hängt sicher davon ab, dass viele Menschen für uns Messen aufopfern, beten… Das ist das größte Geschenk, das uns hier im Cenacolo gemacht wird. Und dazu kommen die vielen Hilfen. Wie das bei unserem Erweiterungsbau gelaufen ist, darüber könnte man Bücher schreiben. Wie viele Menschen haben da mitgeholfen! Das war etwa der Pensionist aus dem Nachbardorf, der sich bei der Maurerei auskennt und jeden Tag eine Stunde gekommen ist, um uns zu zeigen, wie man das angehen muss – und die vielen anderen Hilfen…


Wie erkennt man, dass ein Projekt von Gott gewollt ist? Etwa das neue Haus?
Georg:
Zuerst ist es eine Idee, dann versucht man zu erkennen: Ist es auch notwendig? Vernünftig? Man überprüft, ob auch andere die Idee hatten, sie wichtig finden.Ich bin kein Theologe, denke aber, Glaube und Vernunft müssen da zusammengehen.


Und dann trägt man das Anliegen vor Gott hin…
Georg:
Das ist ganz wichtig. Wir beten hier viel: täglich drei Rosenkränze, halten Anbetung. Und dabei werden solche Ideen im Herzen geboren. Abends mache ich z.B. oft einen Tagesplan für den nächsten Tag. Dann schreibe ich mir etwa 10 Punkte auf. Und wenn ich am nächsten Morgen um halb fünf in der Kapelle eine Stunde Anbetung halte, merke ich: Die Hälfte von dem, was ich notiert hatte, ist nicht wichtig. Mit dem Hausbau war es ähnlich. Da gab es auch immer wieder Hindernisse zu überwinden, Korrekturen anzubringen. Das Ganze hat ja sieben, acht Jahre gedauert – aber langsam ist es gewachsen…


Also keineswegs reibungslos?
Georg
: Keineswegs. Aber heute bin ich sehr dankbar für die Zeit der Prüfung. Solche Zeiten sind wichtig – in jedem Leben. Man muss eben erkennen, ob man eigenen Wünschen nachhängt oder Gottes Willen tut. Man muss unterscheiden: Handelt es sich um ein Strohfeuer? In dieser Zeit haben wir viele Novenen gebetet, viele Fasttage abgehalten – und so ist die Entscheidung gereift. Heute wissen wir, dass es der Wille Gottes war.


Fügt Gott die Dinge dann zusammen?
Georg
: Und wie! Da könnte ich stundenlang erzählen. Allein die Ordnung, die Gott einhält! Er schickt uns nicht zuerst das Dach und dann erst den Keller. Als wir den Elektriker gebraucht haben, ist einer gekommen. Und ähnlich war es mit der Heizung. Warum ist der Mann nicht erst zwei Jahre später aufgetaucht? Nein, er war da, als wir ihn brauchten. Keine Frage: Wir waren natürlich in jeder Bauphase besonders offen für die jeweils bestehenden Erfordernisse. Gott und Mensch wirken zusammen. Je mehr wir in Ihm sind, umso besser geht alles über die Bühne. Aber immer, wenn ich etwas von Ihm abrücke oder mich in meine eigenen Ideen verliebe, spüre ich, wie die Harmonie, die sonst erfahrbar ist, verloren geht.


Und wenn sich´s spießt?
Georg:
Auch das gibt es. Gott lässt das zu, weil Er uns erziehen will. Er will, dass wir die Dinge wieder schätzen lernen, dass wir dankbarer werden. Vielleicht haben wir das Gebet vernachlässigt, oberflächlich gebetet. Dann passiert es, dass Du drei, vier Monate keinen Kaffee, keinen Zucker hast…Dann hängt dir die Zunge heraus. Eine ganz wichtige Phase: Du wirst wieder dankbar. Heute, wo wir gewöhnt sind, alles zu haben, ist die Entbehrung wichtig. Wer das als Werk der Vorsehung zu deuten vermag, lernt, sich wieder über die Dinge, die ihm versagt geblieben waren, zu freuen. Was war das für eine Freude, als unsere Burschen, die zu 30 auf 100 Quadratmeter gewohnt haben, in das größere neue Haus übersiedeln konnten!


Lehrt die Vorsehung also, Durststrecken durchzustehen?
Georg:
Ja. Keiner wünscht sich solche Phasen. Klar. Aber heute – es klingt fast absurd – muss ich sagen: Ich bin dankbar für meine Alkoholsucht, für diese elenden Jahre. Letztlich waren sie die Voraussetzung für den Weg, den ich heute gehe. Gott nützt auch das, um uns neue Horizonte zu eröffnen. Man kann nicht sagen, dass Gott uns da etwas antut. Liebe ist Liebe und Gott ist Liebe. Aber Er nützt alles, was in unserem Leben geschieht.


In unserer Zeit gilt: Du musst Dein Leben in die Hand nehmen, die Zukunft planen, alles läuft organisiert ab. Wie findet man da zu einer Haltung, die alles von Gott erwartet?
Georg:
Noch einmal: durch das Gebet. Ich muss mich auf Gott einlassen, so kann ich die Erfahrung machen: Gott führt mich. Und beten lernt man betend. Zugegeben: Das ist schwierig. Denn viele denken heute: Ich schaffe eh alles. Und dabei: Was für eine Lüge! Wir brauchen ja nur einen Blick in die Zeitung werfen, um zu erkennen, wie zerbrechlich unsere Riesenprojekte sind. Natürlich sollen die Menschen auch Großes anstreben – aber mit Gott im Herzen! Das gilt auch für unsere Alltagsentscheidungen. Da sollten wir uns fragen: Brauchen wir überhaupt das neue Auto, sollen wir uns so verschulden, um das Haus groß auszubauen? Mir geht es ja genauso: Wie schnell hab ich eine Superidee – aber bei längerer Betrachtung im Gebet muss ich einsehen: Das ist nur auf deinem Mist gewachsen.


Und dann?
Georg
: Das Trostreiche ist, dass man mit dem Lieben Gott nie zu einem Punkt kommt, wo es nicht weitergeht. Er nützt auch unsere Blödheiten und Sünden, um die Dinge zum Guten zu wenden. Auch wenn ich mich verirrt habe, zeigt Er mir immer wieder den Weg, wo es zurückgeht. Das gibt Sicherheit im Leben.


Zum Schluss noch eine Frage: Wie hat Gottes Vorsehung die weltweite Gemeinschaft Cenacolo bisher geführt? Was ist da entstanden?
Georg:
In den letzten 28 Jahren sind fast 60 Häuser entstanden. Sicher eindrucksvoll. Aber Mutter Elvira sagt es uns immer wieder: Das wirkliche Cenacolo befindet sich in unserem Herzen. Nicht die Häuser machen es aus. Wichtig ist, dass durch diese Häuser Kinder wieder lachen, Familienväter sich wieder mit ihren Söhnen versöhnen und auf sie stolz sind, weil sie aus der Finsternis zum Licht gefunden haben. Und das sind mittlerweile viele, viele Tausende. Wichtig ist, dass Jugendliche, die uns hier besuchen, entdecken, dass es im Leben mehr gibt als Spaß und Party. Das will Gott durch Cenacolo wirken. Unsere Häuser sind Orte – ich sage das ohne Überheblichkeit –, in denen Menschen unserer Tage erfahren können, dass Gott konkret wirkt, im Alltag, dass man sich auf Ihn einlassen kann. Wie spannend ist doch das Leben mit Gott!

Über Georgs Lebensweg siehe Porträt in VISION 4/2011. Das Gespräch mit ihm hat CG geführt.

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11