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Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht

Artikel drucken Die Herausforderung unserer Tage: Einen entschiedenen Glauben zu leben (Christof Gaspari)

Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“ Diesen Satz lesen wir beim Propheten Jesaja. Es ist ein Wort an den König Ahas gerichtet, verbunden mit der Aufforderung, auch in schwierigen, angespannten Zeiten, allein auf Gott und nicht auf durchaus mögliche irdische Lösungen zu setzen.

Dieser Satz gilt auch für unsere Tage, in der sich die Gottlosigkeit etabliert hat und die Anzeichen des gesellschaftlichen Niedergangs in Europa sich mehren. Die Verankerung des Rechtes auf Abtreibung in der französischen Verfassung ist nur eines der Zeichen des Niedergangs – allerdings ein wirklich schwerwiegendes. Europa hat Abschied von seinen Wurzeln genommen, von seiner, von der Botschaft Christi geprägten Kultur. Und das kann unmöglich gut ausgehen.
Ein Blick auf das ausgehende Römische Reich macht deutlich, welche Vorzeichen einen gesellschaftlichen Zusammenbruch ankündigen. Ammanius Marcellinus beschreibt in seinem Werk res gestae die Lage am Ende des 4. Jahrhunderts kurz vor Beginn der Völkerwanderung. Eine Kostprobe:
Wehrbereitschaft ist kaum mehr vorhanden, man begnügt sich mit Söldnertruppen. Und dabei zieht der Wohlstand Roms seine Feinde magisch an. In der Stadt wimmelt es von Reichen, Neureichen, Zynikern und Genießern. Ganz allgemein herrscht ein ausgesprochener Hedonismus. In den Straßen Roms häufen sich Unfälle und Überfälle, die Kriminalität steigt. Besonders auffallend ist die Degeneration des Theaters: Es wird zum Ort, an dem jede Art von sexueller Betätigung und schrecklichste Brutalität dargestellt werden. Es gibt kein allgemein akzeptiertes Wertesystem; Wahrsagerei und Astrologie beherrschen den Alltag.
Erinnert an unsere Zeit, nicht wahr? Auch unsere Gesellschaft hat Abschied von ihrem Wertesys­tem, dem Glauben an Jesus Christus, genommen und zeigt daher ähnliche Degenerationserscheinungen wie das alternde Rom mit seiner Jahrhunderte währenden glorreichen Geschichte.
Um nicht vom Strom des Unglaubens mitgerissen zu werden, ist es daher notwendig sich den oben zitierten Satz aus dem Buch Jesaja in Erinnerung zu rufen: Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht. Im Psalm 81,12f erklärt Gott nämlich, was passiert: „Doch mein Volk hat nicht auf meine Stimme gehört. Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.“ Auch Europa hört seit langem nicht auf die Stimme Gottes und handelt nach eigenen Plänen.
Ja, so sind wir: Wir handeln nach den eigenen Plänen, haben Abschied von der christlichen Kultur genommen, in der man sich als Christ zur Not mit einer oberflächlichen Zugehörigkeit zur Kirche durchwursteln konnte. Will man heute in einem gottlosen Umfeld als Christ bestehen, ist das nicht mehr möglich. Da gilt es, sich klar zum lebendigen Gott zu bekennen und keine Kompromisse mit dem Zeitgeist einzugehen, sondern dem Herrn wirklich Vorrang im Leben einzuräumen.
Jesus Christus hat eine klare, eindeutige Botschaft hinterlassen. Papst Johannes Paul II. hat diesbezüglich immer Klartext gesprochen. Dazu sind auch wir, als Gläubige aufgerufen. Es gibt eben Handlungen, die objektiv böse sind, also gegen die Offenbarung stehen. Und bei diesen gibt es kein Paktieren mit dem Zeitgeist, keine falsch verstandene Toleranz. Vom dominikanischen Theologen Reginald Garrigou-Lagrange OP stammt das Wort:
„Die Kirche ist intolerant im Prinzip, weil sie glaubt, doch sie ist tolerant in der Tat, weil sie liebt. Die Feinde der Kirche sind tolerant im Prinzip, weil sie nicht glauben, doch sind sie intolerant in der Tat, weil sie nicht lieben.“
Im Tolerieren falscher Leitbilder kommt nämlich mangelnder Glaube zum Ausdruck. Denn der Christ vertraut eigentlich darauf, dass Gott ihm Wege des Heils weist. Diese sind nicht immer leicht anzunehmen und zu begehen. Sie erfordern eine Abkehr von den eigenen Vorstellungen im Vertrauen darauf, dass Gott es gut mit uns meint und eine tiefere Einsicht in die Grundkonzeption des Menschen hat als wir.
Menschen, die erst nach Irrwegen zum Glauben gefunden haben, machen genau diese Erfahrung: Endlich hast du festen Boden unter den Füßen. Du hast jemanden gefunden, dem du dein ganzes Vertrauen schenken kannst.  Und damit sind wir bei einem zentralen Punkt angelangt: unserem Glauben. Vertrauen wir darauf, dass in Jesus Christus alle Wahrheit ein für alle Mal offenbart worden ist?  Und dass die Kirche diese Wahrheit über die Jahrhunderte hinweg bewahrt hat? Vertrauen wir, dass Christus uns konkret in unserem Leben beisteht, uns lehrt und auf Wege eines erfüllten, in letzter Konsequenz gelungenen Lebens führt, das in Ewigkeit Bestand haben wird?
Was bedeutet das aber? Zunächst einmal davon überzeugt zu sein, dass die ganze Schöpfung Werk Gottes ist, dass Er Seine Schöpfung liebevoll begleitet und sich in Jesus Christus endgültig offenbart hat. Dass Er uns ins Leben gerufen und Freude an unserer Existenz hat, dass Er uns liebt und dass wir auf Seine Liebe entsprechend mit Liebe und Vertrauen antworten. Das wiederum bedeutet, dass der Pflege der Beziehung zu Gott im Leben absoluter Vorrang zusteht – in unserem eigenen Interesse.
Zugegeben: Es ist im Trubel des Alltags nicht einfach, dem Gebet, also der Pflege dieser Beziehung, genügend Raum einzuräumen. Es ist nicht einfach, es nicht als – manchmal lästige – Pflichterfüllung zu erleben. Wichtig aber ist das unbedingte Vertrauen, dass der Herr auch in unserer Schwachheit das wirkt, was gut ist – auch wenn wir es nicht so merken, wie wir uns das wünschen. Ich weiß, wovon ich rede.
Aber genau diese Haltung hat die junge Kirche beflügelt und es ermöglicht, dass sie in einem feindlichen Umfeld rasch wachsen konnte. Wieder einmal zitiere ich die Worte des Petrus vor dem Hohen Rat: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt. Ihn hat Gott als Herrscher und Retter an Seine Seite erhoben, um Israel die Umkehr und Vergebung der Sünden zu schenken. Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die Ihm gehorchen.“ (Apg 5,29-31)
Auffallend sind die klaren Worte: Da wird nicht taktiert und herumgeredet, sondern von Mord gesprochen. Da geht es um Umkehr, Vergebung der Sünden. Genau das braucht auch unsere Zeit, die glaubt, in dieser Welt nach eigenem Belieben agieren zu können, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, dass sie von einem wesentlichen Akteur, nämlich dem allmächtigen Gott, absieht. Sie tut so, als hätte Er sich nicht in Jesus Christus deutlich ausgedrückt. „Ohne mich könnt ihr nichts vollbringen,“ sind doch klare Worte, dass unser ganzes Tun letztlich ohne Jesus Christus zum Scheitern verurteilt ist. Glauben wir das?
Wir müssen uns nur umschauen, um zu erkennen, dass wir nach Jahrzehnten systematisch betriebenem Fortschritt ohne Berücksichtigung des Hauptakteurs, nämlich Jesus Christus, an allen Ecken und Enden anstehen. Ich erspare mir an dieser Stelle, die vielen Symptome aufzuzählen. Einiges davon finden Sie, liebe Leser, im Artikel von Christian Spaemann (Seite 7).
Eines wird jedenfalls offenkundig: An heutige „Fortschritte“ braucht sich die Kirche nicht anzupassen. Da bedarf es keiner Kompromisse mit dem Geist, der diese Entwicklung vorangetrieben hat. Was vielmehr notwendig ist: klarzustellen, dass Gottlosigkeit in den Abgrund führt. Das galt für das alte Israel, das gilt für uns. Christen sind aufgerufen, eine Alternative anzubieten: Das Leben aus dem Glauben an Jesus Christus, dem alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden.
Und was heißt das konkret? Im eigenen Leben immer wieder neu mit der Umkehr zu beginnen und dem das Leben wirklich zu übergeben, der von sich sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Und das gilt es „schamlos“ weiterzusagen, damit unsere Mitmenschen diese befreiende Frohbotschaft mitbekommen.


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