Wir schreiben den 8. Juli 1935. Es ist 17 Uhr. André Frossard, ein überzeugter Kommunist, wartet etwas gelangweilt auf einen Freund in der Rue d'Ulm. Ohne sich viel dabei zu denken, betritt er die kleine Kapelle dort im Pariser Quartier Latin, wo die Monstranz mit dem Leib Christi zu Anbetung ausgesetzt ist. Um 17 Uhr 15 an diesem Tag wird er diese Kapelle als überzeugter Katholik verlassen. In seinem Buch “Gott existiert - Ich bin ihm begegnet" legt er Zeugnis von seiner Bekehrung, seiner Konversion ab: “Es ist die Wirklichkeit, es ist die Wahrheit, ich sehe sie vom dunklen Strand aus, wo ich noch festgehalten bin. Es ist eine Ordnung im Universum, und an ihrer Spitze, jenseits dieses funkelnden Nebelschleiers, ist die Evidenz Gottes, die Evidenz, die Gegenwart ist, die Evidenz, die Person ist, die Person dessen, den ich vor einer Sekunde noch geleugnet habe, die die Christen unseren Vater nennen und dessen milde Güte ich an mir erfahre..."
André Frossard ist eine von 28 Personen, deren Konversion Georg Alois Oblinger, Priester in der Diözese Augsburg, in seinem Buch “gesucht gefunden - bedeutende Konversionen" schildert. Nicht alle sind so überfallsartig wie jene von André Frossard oder jene des Schriftstellers Paul Claudel, der am 25. Dezember 1886 in der Kathedrale Notre-Dame de Paris beim Gesang des Magnificat erlebt, “daß mein ganzes Sein geradezu gewaltsam emporgerissen (wurde)", und der den Dom mit einem Glauben verläßt, der nicht mehr zu erschüttern sein würde.
Manche ringen hingegen ein Leben lang. Besonders bemerkenswert die Geschichte von Ernst Jünger, der erst mit 102 Jahren in die katholische Kirche eintritt. Oder der Lebensweg des bekannten Satirikers Evelyn Waugh, der zwar 1929 zum katholischen Glauben konvertiert, aber sein Leben lang gegen seinen Hang zu einem trinkfreudigen, promiskuitiven Leben zu kämpfen hat und der auf Vorhaltungen bezüglich seines Lebensstils erwiderte: “Wäre ich nicht Katholik, dann wäre ich noch viel unausstehlicher."
Ein breites Spektrum also von kurzen Lebensgeschichten - fast möchte ich sagen: zu kurzen Darstellungen, die eigentlich Lust auf mehr machen - angefangen mit Maria Magdalena und Paulus, den großen Bekehrungen in der Heiligen Schrift. Besonders auffallend ist, wieviele Schriftsteller und Intellektuelle in den letzten 150 Jahren eine Bekehrung erleben durften: C.S. Lewis, G.K.Chesterton, Kardinal Newman, Gertrud von Le Fort, Edith Stein, Jacques Maritain, Léon Bloy, Reinhold Schneider, Max Thürkauf... Viele dieser Konvertiten mußten die Erfahrung machen, daß ihre Neuausrichtung von der Umwelt nicht verstanden wurde, daß sie mit Widerständen konfrontiert wurden. Max Thürkauf, der bekannte Schweizer Naturwissenschafter, mußte beispielsweise auf Druck der Kollegen seinen Lehrstuhl an der Universität Basel aufgeben. Und dem Schriftsteller Theodor Haecker brachte seine Kritik am “Dritten Reich" - er sah Hitler als Gestalt aus dem Reich des Bösen an - die Verfolgung durch die Nationalsozialisten ein.
Konversion ist und bleibt ein großes Zeichen - und zwar, wie der Autor einleitend schreibt, weil sie ein Zeugnis dafür ist, “daß es nicht egal ist, was man glaubt. Es gibt eine Wahrheit und der Mensch ist fähig, sie zu erkennen." Gerade in unserer Zeit, die im Relativismus zu versinken droht, ist es wichtig, mit glaubwürdigen Personen konfrontiert zu werden, die wie André Frossard bezeugen: “Gott existiert - und ich bin ihm begegnet."
Christof Gaspari
gesucht gefunden -bedeutende Konversionen. Von Georg Alois Oblinger. fe-medienverlag, 128 Seiten, 10,30 Euro