Mit P. Ubald durch Rom zu wandern, ist, wie an der Hand Jesu zu gehen, weil er Ihn überall sucht, mit Ihm kommuniziert," meint Traude Schröttner. Ich habe diese wohl erfolgreichste Bettlerin für Gott in Vision 2/01 portraitiert, und seither ist sie meine liebe Freundin geworden. “Er nimmt alles Heilige rund um sich wahr." “Ja," ergänzt Jakob Weitlaner (Portrait 5/02, auch so ein wunderbarer Mensch, der im Dienst an anderen Menschen aufgeht), “für P. Ubald lebt und wirkt Jesus heute genauso wie vor 2000 Jahren. Jeder kann mit Ihm sprechen und Ihn um etwas bitten. Wir wissen das mit dem Kopf, aber P. Ubald hat es im Herzen". Außerdem sei er ein großer Zeuge der Vergebung.
Wenn diese beiden Freunde so von dem Priester aus dem afrikanischen Ruanda sprechen, dann muß ich ihn natürlich kennenlernen, dachte ich und nutzte seinen Österreichbesuch, um ihn zu interviewen. Da ich durch eine Rückgratverletzung noch behindert war, brachte Traude ihn zu mir nach Hause. Den Tee, den ich ihm anbiete, läßt er fast unberührt, da er ganz im Erzählen seiner Geschichte aufgeht - als würde er alles neu erleben. Ihn sehen und ins Herz schließen, ist eins.
P. Ubald Rugirangoga kommt aus jenem Land in Zentralafrika, das durch den Genozid, der 1994 stattfand, traurige Berühmtheit erlangt hat: Innerhalb von 100 Tagen wurden etwa eine Million Menschen, jeder achte Einwohner, ermordet. Dort wird Ubald als ältestes von vier Kindern geboren. Die Eltern sind katholisch, beide gehören dem Stamm der Tutsis an. Der Vater ist Volksschullehrer und betet jeden Abend die Abendgebete vor. Gemeinsam besucht man sonntags die Messe. 1963 - Ubald ist sieben - werden eines Abends alle Tutsi-Männer des Dorfes von Männern des Stammes der Hutus - seit 1959 hatten diese die Macht im Land - zu einer Versammlung geholt. Es heißt, sie müßten wegen eines angeblich beginnenden Krieges Wache halten und die Nacht draußen verbringen. Tatsächlich kommt keiner von ihnen wieder: Alle Tutsi-Männer des Ortes werden in dieser Nacht von bewaffneten Hutus erstochen.
“Man weiß kaum, daß es die schrecklichen Übergriffe der Hutus, die ja die Übermacht hatten, schon viel früher als 1994 gegeben hat," erklärt mir mein Gegenüber. “Allerdings wurden damals Frauen und Kinder noch verschont." Die Mutter - sie ist erst 24 - bleibt also mit vier kleinen Kindern, drei Buben und einem drei Monate alten Mädchen, alleine zurück. Klar, daß dies die Kinder geprägt hat. Bis dahin waren sie eine glückliche Familie, nun beginnt aber ein Leidensweg.
Wie so viele in Ruanda, ist die Mutter Analphabetin und hat also keine große Auswahl in der Arbeit, die sie nun übernehmen muß, um die Kinder zu ernähren und ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen. Mit Feldarbeit bringt sie die Familie nur mühsam über die Runden.
Nach der Volksschule kommt Ubald mit 12 Jahren ins kleine Seminar, für den Buben eine glückliche Zeit: Er wird Ministrant, singt im Chor und möchte einmal so werden wie der Priester, der die Kinder ausbildet und sie spürbar ins Herz geschlossen hat. Solange nur Ubald im Seminar ist, hat die Mutter noch genug Geld für die Schule. Als aber der jüngere Bruder zwei Jahre später nachkommt, wird es schwierig. Nun brauchen zwei Geld für Hefte, Kleidung, Essen, Schuldgeld. Die Mutter breitet alles verfügbare Geld auf dem Teppich aus: “Nehmt, was ihr braucht", sagt sie den beiden. Die Buben nehmen nur das wirklich Nötige, aber für die Mutter und die beiden Jüngsten bleibt dann so gut wie nichts. Ubald sieht, wie die Tränen der Mutter zu Boden fallen. Das bleibt eine Wunde in seinem Herzen. Nicht einmal nach dem Tod des Vaters hatte er ihre Tränen gesehen.
Doch kurz darauf wird die Lage noch schlimmer: Alle Tutsi-Kinder werden von den Schulen verjagt. Ubald und sein Bruder müssen nach Burundi ins kleine Seminar fliehen. Dort erlebt der 15jährige eine Glaubenskrise: Fußball und Raufen haben Vorrang. Er erinnert sich noch genau: “Ich hatte den Glauben verloren, war zwar nicht undiszipliniert, wollte aber im Seminar nur studieren. In die Messe ging ich nur, weil es Vorschrift war, Früh- und Abendgebet machte ich, weil es befohlen war, aber das Herz war nicht dabei. Alle anderen freiwilligen religiösen Angebote lehnte ich ab. So ging das zwei Jahre."
Temperamentvoll erzählt er weiter: “Eines Tages spielen wir wieder nachmittags Fußball. Einer von uns, Nazer, sagt plötzlich: ,Nach dem Spiel gehe ich zum Rosenkranz.' Ich darauf: ,Rosenkranzbeten? Damit bin ich nicht einverstanden.' ,Wir beten immer zwischen vier und halb fünf. Es steht ja auf deinem Stundenplan,' sagt mir darauf Nazer, und : ,Du betest nicht Rosenkranz und nennst dich Seminarist?' ,Das hat doch damit nichts zu tun,' entgegne ich verärgert. ,Ich bin im Seminar, nicht um zu beten, sondern um zu studieren.' ,Du solltest aber beten,' beharrte Nazer."
Ubald erinnert sich lebhaft: “Eine Rauferei war schnell entbrannt, Nazer wurde herumgestoßen und verschwand schließlich. Ich darauf zu den anderen: ,So ein Heuchler, der gibt ja nur an.'"
Als Ubald dann unter der Dusche steht, hört er eine innere Stimme: “Hat Nazer nicht doch recht? Solltest nicht auch du beten?" Auf seinen Einwand, er sei da um zu studieren, nicht um zu beten, entgegnet die Stimme: “Das hier ist keine Schule wie jede andere." Mit leiser Stimme geht es weiter: “Ich schaute dann in die Kapelle, um zu sehen, ob Nazer wirklich betete. Tatsächlich: Er und 30 andere - von insgesamt 260 Schülern - beteten Rosenkranz. Und keiner der Priester hat die anderen dazu getrieben. Sie waren freiwillig gekommen. Das hat mich beeindruckt. Diese 30 haben damals mein Leben verändert. Genaugenommen die Muttergottes, die mich hingeschickt hatte. Vielleicht solltest du das auch probieren, dachte ich."
Er setzt sich dazu. Das “Gegrüßet seist du, Maria" kennt er, die Geheimnisse hat er alle vergessen. Also nimmt er sein eigenes Leben her: Im ersten Geheimnis meditiert er die Kindheit mit dem Vater. Im zweiten dessen Tod. Das dritte: wie die Hutus kamen und ihre Bananen stahlen, wie verzweifelt, ohnmächtig die Mutter war. Viertes: der Eintritt ins Seminar, wie glücklich er damals war. Fünftes: Wie die Mutter weinte, als sie alles Geld brauchten.
“Ich begann mich zu fragen: Wie hatte die Mutter das Geld verdient? Wieviel mußte sie dafür arbeiten! Das Schulgeld in Burundi war teurer als zu Hause. Freunde des Vaters, die nach Burundi geflohen waren, steuerten etwas Geld bei. Doch der größte Betrag blieb an der Mutter hängen."
Tief im Herzen wird ihm bewußt: “Herr, Du hast die ganze Zeit für mich gesorgt, obwohl ich weit von Dir entfernt war. Ich habe es Dir nie gedankt. Ab heute werde auch ich beten." Ganz glücklich verläßt er die Kapelle und verspricht: “Ab heute werde ich jeden Tag zum Rendez-vous kommen." Wollte er bisher nach der Ausbildung Medizin studieren, sagt er nun zum Herrn: “Du hast die ganze Zeit für mich gesorgt. Was kann ich Dir dafür geben? - Ich gebe Dir mein Leben, ganz." An diesem Tag beschließt Ubald, Priester zu werden, ein Entschluß, den er nie mehr in Frage gestellt hat.
Allerdings möchte er Priester in seiner Heimat werden, “dort die Liebe verkünden," erklärt er einfach. Welch heldenhafter Entschluß für einen 18jährigen, der schon so viel Böses erlebt hatte und mit weiterem Übel rechnen mußte! Also fragt er bei seinem Bischof an, ob er in Ruanda ins große Seminar eintreten darf. Dort studiert er - ein Grazer Pfarrer übernimmt die Kosten -, und wird 1984 zum Priester geweiht. Sein Ziel bleibt, die Liebe zu predigen.
Es folgen zwei Jahre als Kaplan, dann wird er Pfarrer in zwei Gemeinden, in denen er 10 Jahre wirkt, bevor der offene Völkermord beginnt. Als im April 1994 der Präsident, ein Hutu, Opfer eines Attentats wird, bricht die Hölle los. Ich sehe ihm heute noch das Entsetzen an, als er berichtet: “Ich sah, wie die Menschen auf offener Straße ihre Nachbarn umbrachten, wie sie alles, was sie vom Evangelium je gehört hatten, vergaßen - einfach unfaßbar."
Offenbar war der Glaube vieler im Land oberflächlich geblieben. Aus Angst vor dem Einfluß anderer Religionen hatten die Missionare einst die Menschen schnell bekehren wollen und wohl mehr auf Quantität als auf Qualität geachtet. Nun aber bricht vor allem bei den Hutus der Haß durch (die Tutsis waren von der Kolonialmacht bevorzugt gewesen).
Pater Ubald berichtet weiter: “Die Tutsis flüchteten vor den Mördern in die Pfarre. Sie konnten sich nur mit Steinen wehren, als die Miliz kam, um sie zu töten." Der Pater tritt den Angreifern entgegen. Als diese - es sind ja alle Christen - ihn erkennen, zögern sie. Da ist ein Funke von Angst: 10 Jahre hatten sie mit ihm gelebt. Ihn nun öffentlich umbringen, können sie doch nicht. Aber loswerden wollen sie ihn, um freie Hand zu haben. So schieben sie ihm den Mord an zwei Hutus in die Schuhe. Er müsse daher sofort den Ort verlassen. Das sei ihre Bedingung, sollten die Tutsis in der Pfarre verschont werden, fordern sie vom Kommandanten.
Das Entsetzen über diese Verleumdung steht P. Ubald ins Gesicht geschrieben, als er weiter erzählt: “Das sagten sie nur, um den Haß der anderen Hutus gegen mich anzustacheln und freie Bahn zum Mord an den Tutsis in der Pfarre zu haben." P. Ubald selbst will nicht auf die Forderung eingehen, sondern bei den Seinen bleiben. Der herbeigeeilte Bischof, ein Hutu, aber nimmt ihn gleich im Auto mit.
Nie wird der Pfarrer die verzweifelten Gesichter der ihm Anvertrauten vergessen, als sie dem Bischofswagen nachblicken. Selbst am Bischofssitz ist P. Ubald jedoch nicht in Sicherheit. Er erfährt, daß einige Hutus seinen Kopf als Trophäe auf einem Stock aufgespießt sehen möchten. Man lauert ihm auf. Was er tun solle, fragt er in dieser Nacht den Herrn im Gebet und vernimmt in seinem Inneren: “Wenn man dich aus einem Ort verjagt, geh' in einen anderen." “Ich kann doch nicht weggehen, Herr," sagt der verzweifelte Priester. “Erinnere dich, daß die Verfolgung der ersten Christen die Verbreitung des Evangeliums nach sich zog. Dafür brauche ich dich," hört er. “So habe ich damals den Auftrag verstanden: zu überleben, um das Evangelium zu predigen."
Mit großer Mühe wird der Pfarrer durch das allgemeine Morden hindurch in den Kongo geschmuggelt. Allein aus seinen Pfarren und deren Umgebung werden 45.000 Menschen den Völkermord nicht überleben. Schaurig, wie er erzählt: “Wir haben das später anhand der Köpfe gezählt, die in der Erde herumlagen." In seiner Familie beklagt er unter den Toten: seine Mutter, einen Bruder, dessen Frau und Kinder, den Mann und die Tochter seiner Schwester - sie wird unter Leichen liegend lebend geborgen -,Neffen, Nichten, Onkeln und Tanten..., insgesamt 84 Ermordete. Weit weg von zu Hause ist P. Ubald nun todunglücklich, daß er nicht bei den Seinen bleiben konnte.
Vom Kongo, in den er gelangt war, geht er dann nach Burundi. Als man in Frankreich erfährt, P. Ubald - er hatte früher schon in Paray-le-Monial Vorträge gehalten - sei noch am Leben, wird er dorthin eingeladen. Er soll zur Ruhe kommen und Zeugnis geben. Nicht lange nach dem Genozid folgt er erschöpft der Einladung.
Von Frankreich aus wird er nach Graz eingeladen, von dem Pfarrer, der seine Ausbildung zum Priester finanziert hatte. Hier rät man ihm, nach Lourdes zu reisen, was er auch tut - um dort ein Wunder zu erleben: “Die Muttergottes hat mich da von meinen seelischen Wunden geheilt: Bis dahin beweinte ich all das Schreckliche in den Nächten, mußte dauernd daran denken, wie ich jahrelang über die Liebe gepredigt hatte - und dennoch hatten die Menschen in meiner Pfarre einander grausam umgebracht. Ich hatte Schwierigkeiten, das Vaterunser zu beten: ,... wie auch wir vergeben unseren Schuldigern' - das war einfach zu schwer. Wozu bin ich Priester geworden? fragte ich mich. Mein Leben war vergeudet, so empfand ich." Außerdem war ja von seiner Familie kaum noch jemand am Leben. Seine damalige Verzweiflung ist noch heute erahnbar.
Als er nun in Lourdes mit französischen Pilgern den Kreuzweg betet, fällt der Satz: “Jesus, obwohl unschuldig, ist verurteilt worden und hat Sein Kreuz angenommen." - “Da höre ich in meinem Inneren: ,Ubald, nimm dein Kreuz an.' Und es durchzuckt mich: Das ist es: Ich will dieses Kreuz nicht annehmen. Ein tiefes Erkennen ist plötzlich da. Während ich den Kreuzweg weiterbetete, begann meine innere Heilung. Ich wollte jetzt mein Kreuz auf mich nehmen und bekam dadurch die Gnade, vergeben zu können, wirklich. In Frankreich hatte ich zwar schon viel über Vergebung gesprochen, mein Kreuz aber nicht angenommen. Daher konnte ich bis dahin nicht wirklich verzeihen."
Als er später ins heilende Wasser von Lourdes steigt, weiß er: Sein Platz ist nicht in Europa, sondern in Ruanda, um dort die Vergebung und die Versöhnung zu verkünden. “Die Liebe muß siegen."
Dieses Wunder der Barmherzigkeit wird wohl nie in der Statistik von Lourdes aufscheinen. Und doch ist es an Größe kaum zu überbieten: Er nimmt sein Kreuz an, verzeiht den Mördern, geht wieder voll Hoffnung und Liebe den Menschen entgegen. Ein Neubeginn. Nach sechs Monaten in Europa kehrt P. Ubald nach Ruanda zurück.
Die Lage hat sich noch nicht überall beruhigt. Doch nun weiß er: Wenn er sterben muß, so will er in seinem Land sterben - über den Frieden predigend. Sein Weg führt ihn zunächst in die Hauptstadt Kigali. “Ich wollte den ,Kopf' evangelisieren. Wenn der Kopf, die Stadt, sich bekehrt, zieht der Rest leichter mit." P. Ubald predigt, evangelisiert also in der Stadt, bis ihn der Bischof in seine frühere Diözese zurückholt.
Ob er erfahren habe, wer seine Familie am Gewissen hat, frage ich ihn. “Ja, ich war in meinem Heimatdorf bei einer der örtlichen, öffentlichen Gerichtsverhandlungen die überall im Land stattfanden," erzählt er mir. “Einer der Gefangenen, der ehemalige Bürgermeister, steht auf und sagt: ,Ich möchte P. Ubald um Verzeihung bitten. Seine Mutter und die Mitglieder seiner Familie wurden ermordet, als ich Bürgermeister war. Ich war für die Morde verantwortlich und bitte dich nun um Verzeihung."
Mein Gegenüber beschreibt nun den inneren Kampf, der in ihm stattfand: “Es war schrecklich, das zu hören. Doch ich sah, daß der Mann echte Reue zu empfinden begann. Sprach ich nicht dauernd über Vergebung und Versöhnung? Also nahm ich all meine Kraft zusammen, ging auf ihn zu und umarmte ihn. Aber ich habe geweint, als ich sagte: Ich verzeih' dir."
Als mein elfjähriger Enkel Pauli dies hörte, meinte er: “Dem hätte ich fest eine reingehaut" - für viele wohl die verständlichere Reaktion. P. Ubald aber geht sogar noch einen Schritt weiter. In Gedanken an die schreckliche Zeit versunken, erzählt er: “Ich fragte mich, wie ich zeigen könnte, daß ich ihm wirklich verziehen hatte. Es geht ja nicht nur darum zu sagen, man habe verziehen. Das sollte man ja an Konsequenzen erkennen." - Das muß ich mir für ähnliche Situationen merken, schießt es mir durch den Kopf.
Was tut P. Ubald also? Als er erfährt, daß die Frau des Mörders während dessen Haftzeit starb und zwei kleine Kinder da sind, die bei einer mittellosen Tante wohnen, beschließt er, deren Ausbildung zu finanzieren! “Und nun zahle ich auch das Studium für diese mittlerweile Jugendlichen, deren Vater meine Mutter umgebracht hat. Viele verstehen das nicht, aber für mich ist das befreiend. In den Ferien kommen sie mich besuchen. Dann teilen wir das Essen miteinander wie mit anderen armen Kinder, die oft zu mir kommen."
Weil P. Ubald lebt, was er predigt, ist er für viele so glaubwürdig, ein wahrer Zeuge gelebten Evangeliums geworden. Er predigt in den Gefängnissen des Landes, fährt in kriegführende afrikanische Staaten, um von Vergebung, Versöhnung und gelebter Liebe Zeugnis zu geben. Kein Wunder, daß da oft Tausende zusammenkommen, um von ihm zu hören, daß das Evangelium lebbar ist. So sagte er etwa im Kongo vor 40.000 Zuhörern: “Jeder Mensch ist nach dem Abbild Gottes gemacht. Schaut einander in die Augen! Ihr werdet sehen: Euer Nächster ist schön, weil nach Gottes Abbild geschaffen. Trau dich deinem Nachbarn zu sagen: du bist schön, du bist nach dem Abbild Gottes gemacht. Gebt einander die Hand und sagt dem anderen, daß er von nun an euer Bruder, daß sie eure Schwester ist." Wenn er das sagt, klatschen alle, freuen sich und lachen. “Plötzlich entdecken sie, was sie vergessen hatten: daß sie Brüder und Schwestern vor Gott sind!"
Ich sehe P. Ubald voll Vergnügen zu, wie er mir nun die Begeisterung der Menschen anschaulich vorspielt, in die Hände klatscht, nachahmt, wie sie das Gehörte gleich beim Sitznachbarn ausprobieren. Bei seinen Schilderungen wird alles lebendig: das Leid und die Freude. Ich staune, daß der Pater trotz des erlebten Leids ein so froher Mensch geblieben ist...
Derzeit bewegt P. Ubald ein neues Vorhaben. Er spürt einen besonderen Ruf, den er schon seinem Bischof vorgetragen hat: Bis jetzt war er immer Pfarrer, nun möchte er frei sein, um ein Evangelisationszentrum zu gründen. “Le secret de la paix", Geheimnis des Friedens soll es heißen, ein Ort, wo denen, die Schweres zu tragen haben, die verzweifelt oder suchend sind, zugehört wird, wo man mit ihnen betet, wo Einkehrtage abgehalten werden: ein Zentrum der Versöhnung und des Verzeihens. Dort möchte er auch ein Zuhause für alte Priester, die zu alt für den Dienst als Pfarrer sind, schaffen. Sie sollten Beichte hören. Über diesen Ort soll die Königin der Liebe, die Muttergottes, wachen.
Bis es soweit ist, will er viele Kapellen im Land errichten, in denen ebenso Anbetung gehalten werden soll, wie in der Kapelle der Barmherzigkeit in seiner Hauptpfarre. Dort beten Gläubige aus der ganzen Gegend rund um die Uhr an. Viele Wunder, auch die Heilung aussichtsloser Krebsfälle, haben sich da schon ereignet. “Gott heilt durch die Eucharistie," weiß P. Ubald: “Es ist der innere Friede, die Versöhnung, geschenkt in der ständigen Anbetung, die diese Wunder ermöglichen. Die Menschen müssen in aller Stille mit Jesus sprechen können. Wo ständig angebetet wird, gibt es keine Feindschaft."
Eben darum sein Wunsch, viele Kapellen zu bauen: “Ich möchte, daß Jesus den Christen in den Dörfern nahe sein kann. Er lebt dann dort. Ich sehe, daß die Anbetung eine Quelle der Gnade ist. Jeder, der möchte, sollte zur Anbetung gehen können," sagt er eindringlich. Ich spüre wie wichtig das ist. In sechs seiner zehn Außenstellen hat er schon mit Traudes Hilfe, die fleißig für ihn “bettelt", Kirchen bauen können. Aber P. Ubald will weiterbauen.
“Ich habe sehr schmerzhafte Zeiten erlebt," faßt er zusammen. “Aber im Grunde genommen waren sie wie eine Schule, durch die ich gegangen bin: Ich habe viel gelernt." Dankbar für diesen Weg möchte er insbesondere allen von Jesus erzählen, “weil Jesus keine Idee ist, sondern mit uns lebt. Nicht Jesus ist weit von uns entfernt, wie manche meinen, sondern meist sind wohl wir weit von Jesus entfernt. Er aber lebt mitten unter uns."
P.S. Wer ihm bei seinen Projekten helfen möchte kann dies über Traude Schröttner tun: Steiermärkische Bank und Sparkasse Edeltraud Schröttner BLZ:20815 Konto Nr:01340561 für Konto Pater Ubald.