Alle Sorgen, alle Ängste und Befürchtungen, vor allem die um Kinder und Enkel loszulassen und Gott zu übergeben: Ein Gedanke, der sich mir in letzter Zeit immer wieder aufgedrängt hat. Da bekomme ich den Tip, Veronica Williams zu interviewen. Ich hatte noch nie von ihr gehört, obwohl ihre Bewegung “Mütter beten" bereits in 90 Ländern verbreitet ist und weltweit mehrere tausend Gruppen existieren.
Ein kurzes Interview in der Wiener Pfarre St. Rochus vor ihrem Vortrag überzeugt mich völlig, daß sie mein nächstes Portrait werden soll. Wir verstehen uns auf Anhieb gut: ich finde sie ungemein sympathisch und überzeugend. Als mein Aufnahmegerät eine Stunde später dann verschwunden ist, ist sie sehr betroffen, hilft mir beim Suchen bis wir gemeinsam die leere Hülle des Gerätes am Gang finden. Ob sich der Dieb bekehren wird, wenn er das Band abhört, fragt sie sich - da dort ja mehrere Interviews von Portraits gespeichert sind?
Beim nächsten Interview ein paar Tage später - das erste war ja verschwunden - sind wir schon recht vertraut, entdecken einige Gemeinsamkeiten. Bei ihrem anschließenden Vortrag - wieder sehr engagiert, obwohl sie schon mehrere Wochen unterwegs ist -, treffen manche ihrer Worte genau meine Probleme, sprechen mich direkt an. Zufall? Was ist so besonders an ihr?
Veronica Williams ist 1940 als drittes von sechs Kindern in Kent geboren, wo sie auch aufwächst. Die Mutter war mit 19 vom anglikanischen zum katholischen Glauben übergetreten und hat dann einen Katholiken geheiratet. Innerhalb von 9 Jahren bekommt das Ehepaar 6 Kinder. Nach der Geburt des sechsten verläßt der Vater die Familie. Von da an sehen die Kinder den Vater nur einmal jährlich.
Der Krieg ist gerade zu Ende und es gibt nicht viel Hilfe. Trotzdem hat Veronica ihre Kindheit in schöner Erinnerung, fühlt sie sich doch von der Mutter geliebt und behütet. Mit leiser Stimme erzählt sie: “Wir waren die einzigen Kinder in der Schule, die keinen Vater hatten. Damals war das bei uns noch ganz unüblich, daß Väter die Familie verlassen. Aber spirituell waren wir sehr reich," Veronica ist ihrer Mutter, die den Kindern ihren Glauben vermittelt hat, sehr dankbar.
Obwohl die Mutter mit ihren 6 Kindern nicht arbeiten gehen kann - die Großmutter hilft, so gut sie kann -, macht sie sich keine allzu große Sorgen um Materielles. “Ich denke, heute ist es umgekehrt. Damals aber hat unsere Mutter die geistigen Sorgen über die materiellen gestellt. Jeden Abend haben wir Rosenkranz gebetet und sehr oft die Hl. Messe besucht. Dreimal in der Woche gingen wir zum Segen, nicht nur weil die Mutter es so wollte, sondern weil sie ein wunderbares Beispiel für uns war. Ihr verdanke ich es, daß ich gläubig bin."
Ihr Leben lang bleibt die Mutter das große Beispiel. Vor allem in den letzten Jahren, als sie, ans Bett gefesselt, für ihre Kinder ein Beispiel totaler Hingabe wird. “Alle, die bei ihr waren in dieser Zeit und mit ihr gebetet haben, sind spirituell sehr gewachsen. Sie haben viele Gnaden erhalten."
Veronica erzählt weiter aus ihrer Kindheit: “Ich war in einer Klosterschule. Da habe ich viel Liebe erfahren, eine gute Erziehung bekommen, keine negativen Erfahrungen gemacht. Im Religionsunterricht haben wir viel über den Glauben, die Bibel mitbekommen. Materiell hat sich heute vieles verbessert. Man hat genug zu essen. Aber das Brot des Lebens, den Glauben, bekommen die Kinder nicht mehr so vermittelt. Materiell war das Leben hart, aber das war ein gutes Trainingsfeld fürs Leben."
Lachend fügt sie hinzu: “Ich habe in meiner Jugend nur einmal ein neues Kleid bekommen. Alles andere war getragene Kleidung von anderen Leuten: etwa die Schuhe meiner Großmutter, die mir viel zu groß waren. Aber das war nicht wichtig."
Sie wäre gern Lehrerin geworden, doch die Mutter kann sich die Ausbildung nicht leisten. So muß Veronica mit 16 die Schule verlassen, in einer Bank arbeiten, um für die Familie mitzuverdienen. Mit 21 heiratet sie und bekommt in rascher Folge ihre drei Kinder: einen Buben und zwei Mädchen. Auch sie bleibt bei ihren Kindern zuhause.
Dann macht Veronica in der Erzählung einen großen Sprung: Sie ist Ende 40, eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die Kinder sind aus dem Haus, privat erlebt sie eine sehr schmerzliche Periode ihres Lebens. Möchte aber wieder glücklich werden. Versucht allen gerecht zu werden, allen zu gefallen. Bald jedoch hat sie den Eindruck zu viele Masken zu tragen, zu viele Kompromisse eingehen zu müssen.
“Ich verstand, daß ich durch verschiedene, schwierige Lebensumstände, Schicksalsschläge mich stark verändert hatte. Ich hatte das Bild eines Schiffsrumpfes vor mir, über und über mit Muscheln bedeckt, der die ursprüngliche Form verloren hatte. Genau so fühlte ich mich: Wie mit einem Panzer umgeben, nicht mehr der Mensch, als der ich geschaffen worden war. Ich erinnere mich, daß ich mir eines Tages dachte: Ich weiß eigentlich gar nicht mehr, wer ich bin. Aber wenn auch ich es nicht weiß - Er, Gott, weiß es. Und so sagte ich: ,Herr, egal, was es kosten mag, ich möchte so sein, wie du mich erschaffen und gewollt hast und nicht das, was ich geworden bin. So gab ich Gott die 100prozentige Erlaubnis, mich umzuwandeln - egal, ob ich arm oder reich, krank oder gesund sein würde."
Von nun an sollte Gottes Wille Vorrang haben, und sie beginnt mit 50 einen neuen Weg, der anfangs manch Schmerzhaftes bringt. Bei Exerzitien, an denen sie teilnimmt, schenkt ihr der Herr eine besondere Wegweisung:
“Ich wachte mit folgenden Worten auf: ,just be, just rest, just allow' (Sei , wer du bist, ruhe einfach, laß einfach zu). Ich war damals nämlich sehr geschäftig und plötzlich hieß es: bleib ruhig! Verschlafen wie ich war, fragte ich: Ruhig bleiben und nichts tun? Und was ist mit dem Liebesgebot? Da hatte ich den Eindruck, daß Gott sagte: Du selbst kannst nicht lieben. Aber du kannst mir erlauben, daß ich die Menschen durch dich liebe. Die Worte “just be, just rest, just allow" haben alles verändert."
“Gott wollte, daß ich in Seiner Liebe ruhe, Ihm dadurch erlaube, mich zu dem Menschen zu machen, zu dem Er mich erschaffen hatte, Er wollte mich führen - in schwierigen und in guten Zeiten. Ich meine, das ist wirklich das Geheimnis des Glücklichseins: Gott totale Handlungsfreiheit in allen Bereichen meines Lebens zu gewähren, mich zu führen, mir den Weg vorwärts zu zeigen." Um den guten Weg müßten wir nicht kämpfen oder Theologie studieren, um mehr zu verstehen, erläutert sie, außer Gott will es ausdrücklich.
In den Jahren seither hat sie viel über diesen Appell zur Ganzhingabe nachgedacht. Einfühlsam meint sie dazu: “Es bedeutet: Gott in allen Bereichen des Lebens 100prozentig zuzulassen, Ihn in unserem Leben wirklich Gott sein zu lassen. Er weiß am besten , was uns gut tut. Woran wir am meisten festhalten, das kann das größte Hindernis für Ihn sein, uns Seinen vollen Segen zu geben. Aller Wahrscheinlichkeit nach möchte Er sogar, daß wir dort bleiben, wo wir sind, um dort Zeugen Seiner Liebe für unsere Freunde, Nachbarn, Kollegen zu sein."
Was Gott dann bewirkt? Daß man langsam seine Gewohnheiten, ja sich selbst verändert, daß manches, was früher wichtig war, an Bedeutung verliert und anderes an Bedeutung gewinnt. Und vor allem: Gott weiß, was Er uns zumuten kann. Behutsam führt Er uns an unseren wahren Platz."
Lächelnd fügt sie hinzu: “Das Wichtigste ist, die Sicherheit zu haben, daß Gott uns liebt. Dann wird die Freude beim Rendez-vous mit Ihm sein. Erkennen wir diese Liebe aber nicht, sollten wir den Hl. Geist bitten, sie uns zu zeigen: Im täglichen Leben, im Lesen der Schrift, während des Gebetes..."
Mit dem “Erlauben" und “Loslassen" macht Veronica sehr schnell die besten Erfahrungen. Sie weiß noch nicht, daß Gott Großes mit ihr vorhat. Zunächst zeigt Er ihr durch ein inneres Bild - sie bekommt immer wieder Bilder oder Worte, die direkt zu ihrem Herzen sprechen - eine erste Aufgabe: Sie soll ein Festival des Lobpreises für alle christlichen Gemeinden der Stadt veranstalten. Unmöglich, denkt sie. Doch der Herr fügt alles, sobald sie sich auf Seinen Auftrag einläßt: die ursprünglich schon vermietete Halle wird frei, die anfangs zurückhaltenden Vertreter anderer christlichen Gemeinden machen mit. Das Treffen wird ein Erfolg und trägt viele Früchte. Für sie heißt das: Es ist Sein Werk, Er ist da.
Nach diesem “Probelauf" führt Gott sie 1995 zu Seinem großen Anliegen: Veronica stößt auf ein Buch, das die schlimme Lage der Kinder in England beschreibt. Da liest sie etwa, daß sich täglich 10.000 Kinder bei der Kindernotrufnummer melden. Und was ist mit denen, die nicht telefonieren können oder zuviel Angst haben, fragt sie sich, und: “In welcher Gesellschaft werden da meine Enkel groß?"
Ihre Schwägerin wiederum, Mutter von 8 Kinder, wird zweimal nachts durch die Worte “Betet für eure Kinder" geweckt. Die beiden Mütter beschließen, miteinander für die Kinder zu beten. Sie sind sicher, der Herr will es so: “Wenn Gott uns bittet, etwas zu tun, ist es besser, sich nicht selbst den Kopf zu zerbrechen, was zu tun sei, sondern Ihn zu fragen."
Einen Monat lang beten sie um Wegweisung. Sie sind die Sekretärinnen, der Herr ist der Chef. So entstehen die Grundregeln von “Mothers Prayers", an denen weltweit bis heute festgehalten wird. Als sich ihnen drei weitere Frauen anschließen, entsteht 1995 die erste Gebetsgruppe von Mothers Prayers (Mütter beten, MP).
Was ist die Grundidee dieser Gebetstreffen? Die Überzeugung, daß Gott die Kinder weitaus mehr liebt, als deren Mütter es jemals könnten. Er allein weiß, was für sie gut ist. Sie, die Mütter sollen für ihre Kinder nur beten und sie ganz dem Herrn anvertrauen. Loslassen! - so das Stichwort. Wie schwer ist das! Dieses Vertrauen muß man erst erlernen, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Genau das erleichtern aber die Richtlinien der Gebetsgruppen.
Und die Verbreitung dieses Anliegens wird Gott nun selbst in die Hand nehmen. Veronica erzählt: “Von Anfang an spürte ich: Wenn wir Gott wirken lassen, wird Er uns leiten, alle Türen öffnen und die Menschen zu uns bringen." Und so geschieht es auch. Obwohl die fünf Frauen selbst nie Werbung für MP gemacht haben, hat sich diese Bewegung mittlerweile auf alle Kontinente ausgebreitet. “Der Herr ist der beste PR-Agent," erklärt mir Veronica trocken. Und: “Wenn wir Ihm nicht hektisch in die Quere kommen und alles auf unsere Art zu regeln versuchen, können wir Seine Macht kennenlernen."
Wie sich das abgespielt hat? Eines Tages bringt sie einen Bekannten zu einer Pro-life-Veranstaltung und bleibt gleich dort. Der Mann stellt sie dem Reporter einer katholischen Zeitung vor, damit Veronica von den Anfängen von MP erzählt. Sie erinnert sich: “Im November hatten wir angefangen, und zu Weihnachten hat der Journalist einen Artikel, den eine anglikanische Zeitung prompt übernommen hat, über uns geschrieben. Darauf ruft mich der Pastor einer Baptistengemeinde an und lädt mich ein, in ,Radio Kent' über MP zu sprechen." In kürzester Zeit beginnt die Lawine zu rollen - nur weil sie bereit war, jemanden im Auto mitzunehmen?! (Übrigens erkennt man daran auch, daß der Herr MP dazu verwendet, die Einheit der Christen zu fördern.)
Ein anderes Mal kehrt sie aus London heim. Im Zug kommt sie mit einem Ehepaar ins Gespräch, das den vorherigen Zug versäumt hatte. Veronica erzählt von der Gründung von MP. Die Frau ist begeistert und erklärt, daß sie diese Idee nach Kuweit und Mexiko bringen werde. Dort habe sie viele Kontakte. Wenige Tage später ruft eine andere Frau an, die von MP gehört hat und es nach China bringen will. Auch die “Union katholischer Mütter" meldet sich - ohne ihr Zutun. Sie braucht nur Gottes Anregungen aufzugreifen. So schafft der Herr in knapp einer Woche Mexico, Kuweit, China und die Union katholischer Mütter. Allein hätte sie das nie geschafft, gibt sie gerne zu.
“Ist das nicht wunderbar ?" freut sich Veronica. “Darum spreche ich so gern über die Hingabe. Sie ist die Spiritualität, die hinter MP steht, und das Geheimnis der Freude in meinem Leben." Daß das keine leere Phrase ist, merkt man deutlich an ihrem Gesichtsausdruck: froh und gelöst wirkt sie auf mich. Sie ruht eben - in Ihm.
Dazu paßt das innere Bild, von dem sie erzählt: Vor ihr ein schlammiger Fluß mit vielen Booten. Das eine Flußufer stellt die Erde dar, das andere den Himmel. Der Fluß ist das Leben. Da sieht sie jemanden am Ufer Erde stehen. Sie selbst? Sie springt ins Wasser und beginnt gegen alle Hindernisse anzukämpfen, strampelt und schlägt um sich. Der Atem geht ihr aus, sie ist total erschöpft, als sie endlich am anderen Ufer ankommt. “Dann sah ich ein zweites Bild. Dieselbe Person ließ sich langsam nach hinten ins Wasser gleiten. Da kam eine große Welle, auf der sie sich ausstreckte. Alle Hindernisse überwindend setzte die Welle sie dann sachte am anderen Ufer ab."
Eindringlich erklärt sie: “Das ist für mich Ganzhingabe. Wir können unser Ziel erreichen, indem wir uns selbst durchschlagen und nur ab und zu Gott um Hilfe bitten, oder indem wir uns Gott überlassen, damit Er wie die große Welle uns über alle Schwierigkeiten des Lebens hinwegträgt." Wohlgemerkt: die Schwierigkeiten sind da. Aber Gott trägt uns, hilft uns über sie hinweg.
Ein weiteres Bild hat mir gut gefallen: Ein Zug muß in einem Tunnel anhalten. Es ist finster. Voll Zorn ereifern sich in einem Waggon zwei Männer, laufen auf und ab, sind gereizt. In einem anderen lehnt sich ein Mann gemütlich zurück, wartet ab und bekommt vom Schaffner einen Tee serviert. In der Dunkelheit, erklärt mir Veronica, kann man verschieden reagieren: auf andere oder auf Gott zornig werden oder ruhig bleiben, Gott walten lassen, damit Er sich, wie der Schaffner, um uns kümmern kann, bis man wieder ins Licht kommt.
Wegen der Ermutigung zu dieser Haltung verbreitete sich die Bewegung in wenigen Jahren von Kontinent zu Kontinent. Für Veronica wird es immer schwieriger, selbst überallhin zu reisen, um die Koordinatoren zu sprechen und vor den Müttern zu reden. Daher haben sich vor 5 Jahren mehrere betende Mütter zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen - der Solace Community (trostspendende Gemeinschaft) - und gemeinsam ein Haus bezogen. Nun können die Koordinatoren aus den einzelnen Ländern dorthin eingeladen werden, um diese Spiritualität der Einfachheit, der Ganzhingabe, des freudigem Gehorsams zu vertiefen. Dezidiert fügt Veronica hinzu: “Es ist meine Verantwortung vor Gott, die Vision genau so weiterzugeben, wie Gott sie mir gezeigt hat."
Niemand braucht da eigene Ideen zu entwickeln. Sonst gäbe es wohl nicht soviel Wunder, die in den Gebetsrunden geschehen: Kinder, die von Drogen, Alkohol oder Spielsucht loskommen, nach langer Abwesenheit wieder heimkehren oder endlich wieder mit den Eltern sprechen; Kinder, die von scheinbar unheilbaren Erkrankungen geheilt werden, die trotz vorhergesagter Behinderungen - die Mütter hatten sich geweigert abzutreiben - gesund auf die Welt kommen.
Werden etwa alle Bitten so erhört, wie die Mütter es wollen? Nein. Doch auch wessen Bitten nicht oder noch nicht erhört wurden, der bekommt besondere Gnaden, wird von Hoffnung und Frieden erfüllt. Denn kein Gebet ist umsonst.
Veronikas Schwiegersohn beispielsweise war Atheist aus Überzeugung. Seiner Frau hatte er angedroht: “Wenn Du so wie Deine Mutter wirst, lasse ich mich scheiden." Veronica übergab diese Sorge dem Herrn, betete lange für ihn... Nach einem Bekehrungserlebnis ist er nun ein eifriger Mitarbeiter, zuständig für alle Computerfragen.
Für Veronica ist das zweifellos ein Wunder. Mit ihrer sanften Stimme meint sie: “Ich glaube, daß Gott uns auf diesem Weg führt, weil Er unser Herz kennt. Er erlaubt diese Wunder, um zu bestätigen, daß Er uns ruft, Menschen des Glaubens zu werden. Viele Mütter, die eine laue Beziehung zu Ihm hatten, finden so zu einer neuen Gottesbeziehung."
Noch etwas Hoffnungsvolles fügt sie hinzu: “Wer meint, keine perfekte Mutter zu sein, viele Fehler gemacht zu haben, dem sei gesagt: es gibt weder perfekte Mütter, noch perfekte Väter. Aber es gibt Einen, der aus all unseren Schwächen Gutes wirken kann." In einem Bild hat sie gesehen, wie Gott mit Zement und Spachteln hinter ihr her geht und verspricht, alles zu reparieren, was sie selbst falsch macht - wenn sie es Ihm nur übergibt. Das ist es! Wir müssen also nicht nur unsere Kinder sondern auch all unsere Schwächen Gott übergeben.
Über all das spricht Veronica in vielen Ländern der Erde. Mich beeindruckt, daß sie stets ohne Notizen spricht. Auch das ist eine Anweisung “von oben": Statt sich Notizen zu machen, soll sie mit dem Herzen sprechen. Beängstigend, unrealistisch? Nein, denn Veronica hat das nötige Vertrauen in den Heiligen Geist. Für sie ist diese Vorgangsweise befreiend.
So muß sie einmal vor 700 Priestern und Ordensschwestern in Moskau das Wort ergreifen, ein anderes Mal vor 40 Millionen Fernsehzuschauern in Brasilien sprechen. Lachend : “Ich wäre vor Angst erstarrt, hätte die Nacht davor wohl nicht geschlafen, wenn ich meine Wortmeldungen hätte selbst vorbereiten müssen. So aber wußte ich: Du mußt nur beten und vertrauen, damit deine Worte gesegnet sind." Das ist zweifellos ein besonderes Charisma. Aber auf den Hl. Geist zu vertrauen, sollte wohl jeder, der zu anderen spricht - auch wenn nicht jeder gleich die Notizen zu Hause lassen sollte.
Weil sie sich ganz dem Geist Gottes - Er kennt ja die Nöte der Zuhörer - überläßt, erlebt Veronica immer wieder, daß sie das sagt, was für die Anwesenden nötig ist - etwa bei einem Vortrag vor einer total zerstrittenen Gruppe, von deren Zerwürfnis sie nichts wußte. Ihre Worte berührten die Zuhörer so, daß sie sich versöhnen konnten.
Noch ein Beispiel für ihr Vertrauen. Bei ihrem ersten Besuch in Moskau gesteht der einladende Priester, noch keine Übersetzerin zu haben. “Machen Sie sich keine Sorgen," meint Veronica. Als sie in der Kapelle der Kirche sitzt und ihr Problem dem Herrn übergibt, öffnet sich die Tür und eine Frau kommt herein. Sie ist Jüdin, Englischprofessorin und auf der Suche nach jemanden, der ihr die Bibel erläutern kann. Alle anderen Kirchentüren sind verschlossen, und so landet sie in der Kapelle. Sie haben es natürlich erraten: Sie hat später die Vorträge übersetzt.
Warum tut es so gut der neunfachen Groß- und dreifachen Urgroßmutter Veronica Williams zuzuhören? Wohl weil sie vor allem eine sehr überzeugende Botschafterin des Herrn ist - nicht nur Seine Sekretärin - und sehr viel Hoffnung und Liebe auf die Zuhörer überspringen läßt.
“Ich habe so viele Beweise für die Macht des Loslassens, ich erlebe immer wieder mit welcher unglaublichen Sorgfalt Gott sich um alles kümmert, daß ich keinerlei Zweifel habe, daß die Hingabe das Weiseste war, was ich jemals in meinem Leben gemacht habe." Und fügt abschließend hinzu : “Man gewinnt dadurch auch die Freiheit, sich nicht vor der Zukunft zu fürchten, vor Veränderungen, vor Entscheidungen, die zu treffen sind oder gar vor der Meinung der anderen."