“Humanae vitae" gilt als umstrittene Enzyklika. Warum? Weil viele Gläubigen und Theologen sie ablehnen. Ihre Lehre sei nicht lebbar, heißt es. Daß dies nicht stimmt, zeigt der folgende Beitrag.
Ich selbst arbeite seit über 30 Jahren auf dem Gebiet der Natürlichen Empfängnisregelung (NER), die die Lebbarkeit der kirchlichen Lehre bezeugt, und ich möchte einen geschichtlichen Hinweis dazu geben, warum es heute noch sehr schwer sein kann, daß die Lehre der Kirche von den Gläubigen angenommen wird. Prof. Josef Rötzer, mein Vater, der Begründer der sympto-thermalen Vorgangsweise, der zuverlässigsten Form der Empfängnisregelung, veröffentlichte bereits 1965 - schon Jahre vor dem Erscheinen der Enzyklika - das erste Buch zum Selbststudium und Unterricht der NER.
In der Vorbereitungszeit auf das Erscheinen der Enzyklika war mein Vater bei verschiedensten Veranstaltungen der Katholischen Deutschen Ärztearbeit in Zusammenarbeit mit Moraltheologen eingeladen. Zum großen Bruch kam es bei einer Studientagung 1967 in Bad Godesberg. Anwesend waren fast alle Lehrstuhlinhaber der Moraltheologie und maßgebliche Vertreter der Katholischen Deutschen Ärztearbeit. Im Arbeitskreis mit den Ärzten war es meinem Vater gelungen, unter diesen eine Einigung zu erreichen, daß der Weg der NER aus medizinischer Sicht der beste sei. Er ist ja ohne schädliche Nebenwirkungen und führt zu keinen medizinischen Problemen. Sollte es gelingen, Mitarbeiter auszubilden und in Pfarren Beratungsstellen aufzubauen, würde dieser Weg für immer mehr Ehepaare lebbar werden.
Im Plenum wurde diese Einigung durch einen führenden Moraltheologen zerstört, der sinngemäß vor allen Teilnehmern sagte: “Wenn wir wollen, daß die Lehre der Kirche lebbar ist, müßten wir den Vorschlag von Rötzer aufgreifen; da wir aber der Meinung sind, daß die Lehre geändert gehört, wollen wir, daß die Ehepaare einen anderen Weg wählen. Wir müssen sie sogar dazu ermutigen, und wenn dann die Ehepaare die Lehre nicht mehr leben, muß die Kirche ihre Lehre ändern."
Die Teilnehmer der Studientagung verfaßten einen Brief nach Rom mit der Aufforderung, die Lehre der Kirche zu ändern, und mein Vater war der einzige bei dieser Veranstaltung, der diesen Brief nicht unterschrieben hat. Die Folge war, daß er zu keinen weiteren Veranstaltungen eingeladen wurde, Bildungshäuser blieben für seine Kurse verschlossen, und Widerstände sind bis heute geblieben.
Eigentlich ist es unvorstellbar, daß man Ehepaaren ein Wissen vorenthielt, ja verweigerte, ohne das sie in der Frage der Empfängnisregelung keine verantwortliche Entscheidung treffen konnten und können!
Trotz aller Widerstände und Ablehnung ließ sich mein Vater nicht entmutigen, und die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, wie segensreich dieses Durchhalten war und ist.
1951 hat ein Ehepaar mit dem Weg der NER begonnen - und heute liegt das gleichnamige Buch Natürliche Empfängnisregelung in der 41. Auflage und in 16 Sprachen vor und über tausend Mitarbeiter wurden in unserem Institut (www.iner.org) für den deutschsprachigen Raum ausgebildet, Menschen, die bereit sind diesen Lebensweg auch in die Zukunft zu tragen und andere damit vertraut zu machen. INER Zweiginstitute haben sich in Italien, Polen, Georgien und Paraguay gebildet, INER-Aufbauarbeiten finden in Rumänien und Kroatien statt, von Polen aus gehen Lehrkräfte in die Ukraine, und vieles andere mehr... All das geschah ausgehend von Österreich trotz der oben geschilderten Widerstände gegen die Enzyklika “Humanae vitae" im deutschsprachigen Raum.
Was in den vergangenen Jahren dazu beigetragen hat, daß dieser Weg auch ohne “Lobby" von so vielen begangen wurde, waren die Erfahrungen jener, die den Schritt zur NER gewagt haben. In unserem Beratungsdienst liegen Briefe von mehr als 14.000 Frauen auf, wohl oft mit Fragen, aber oft auch von Dankbarkeit erfüllt, endlich diesen Weg gefunden zu haben.
Ein Beispiel: “Nach fast 10 Jahren ununterbrochener Pilleneinnahme war ich mehr als erleichtert, als ich von “NER" gelesen habe und freue mich riesig, denn das war genau das, was ich unbewußt suchte. (...) NER ist wirklich ein partnerschaftlicher Weg und ich finde auch ein sehr schöner. Aber manchmal ist dieser Weg auch schwer. Aber was leicht zu erringen ist, wird meistens auch nicht entsprechend geschätzt."
Das ist immer wieder die Frage: Ist dieser Weg immer einfach zu gehen? Gerne möchte ich dazu ein Ehepaar sprechen lassen:
“Den Weg der Natürlichen Empfängnisregelung vom Anfang bis zum Schluß zu gehen ist wirklich ein besonderes Geschenk. Wir möchten diesen Weg aber nicht nur idyllisch sehen; ein Geschenk ist häufig auch eine Anforderung, ja sogar Herausforderung. Daß es auch schwere Etappen auf diesem Weg gibt, dürfen wir nicht verschweigen. Mag sein, daß sie mit längeren Zeiten der Enthaltsamkeit verbunden sind; aber vielleicht auch mit dem, daß man sich zwar mit dem Zyklusverlauf der Frau intensiv befaßt, das Mitschwingen des Mannes aber vielleicht viel zu wenig beachtet.
Die ,kreative' Enthaltsamkeit ist vielleicht ein Teil der NER, dem noch viel mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Wohl aber dürfen und müssen wir die eheliche Sexualität als geheiligt betrachten; uns von Gott geschenkt - nicht als Last der Entsagung, sondern uns zur gemeinsamen Freude. Zärtlichkeit und Erregung dürfen die Eheleute einander gegenseitig beglücken; so betrachtet und gelebt ist Gott der Dritte im Ehebund: Eins-sein mit Leib und Seele - der Geist fließt in das Leibliche und das Leibliche fließt über in die Seele."
Ja, dieser Weg ist nicht immer einfach zu gehen, wir brauchen darum gar nicht herumzureden! Doch was bedeutet es, Zeiten der Enthaltsamkeit einzuhalten?
Sie helfen uns, einer großen Gefahr unserer Zeit zu entgehen, einer Zeit, die alles einebnen möchte, die keine Unterschiede mehr kennt, etwa den Unterschied zwischen Werktag und Sonntag. Wird aber unser Leben nicht reicher und tiefer durch den Wechsel von Wartenkönnen und Erfüllen?
So wie Ehepaare sagen - die enthaltsame Zeit erinnert uns an die Zeit der Verlobung, wo wir so erfinderisch waren in den Ausdrucksformen unserer Liebe, wo wir uns einerseits behutsam immer näher kennenlernen durften, wo wir mit immer größerer Sehnsucht aufeinander warteten, und wie schön ist dann wieder in jedem Zyklus die Zeit, wo wir uns mit ganzer Hingabe voll schenken können.
Kann ich vorher “wissen", was der Weg der NER mir als Frau, als Paar bringen wird? Sicher nicht! Ganz liebevoll, kurz und bündig hat dies eine Ehefrau und Mutter ausgedrückt, die nach vielen Umwegen zur NER gefunden hat und nach Jahren mit dieser Lebensweise folgende Zeilen schrieb:
“Auf Deinen Wunsch hin versuche ich meine ,geistlichen Ergüsse' zu Papier zu bringen: Gott entfaltet seine Herrlichkeit nur, wenn wir Ihm aufmachen. Erst wenn Er bei uns ohne Störungen gelandet ist, ,packt Er aus'. Also erst wenn wir uns auf die NER richtig einlassen, werden uns die Früchte, die daraus wachsen, richtig bewußt. Daß einem dann die Kinder nicht ,passieren', sondern man sie ,herbeiliebt', sich nach ihnen sehnt, ist eine der schönsten Früchte von NER!"
Ein Ehepaar hat unbeirrt begonnen, diesen Weg zu gehen, in der Überzeugung, daß die kirchliche Lehre - wenn sie wahr ist - auch lebbar sein muß - heute sind es so viele, die diesen Weg gehen - eine Ermutigung für uns, wie wichtig eine Person oder ein Ehepaar ist, wenn es den Willen Gottes erfüllt!
NER-Kurse Salzburg:
Beginn Samstag, 27. September (9-18 Uhr)
Info/Anmeldung: Maria Prügl, Ref. für Ehe und Familie der Erzdiözese Salzburg, Tel.: 0662/879613-12; Email: maria.pruegl@kirchen.net
Wien: Beginn am Samstag, 4. Oktober (9 -18 Uhr)
Info/Anmeldung: Elisabeth und Josef Weinlich, Donaufelder Str. 40/1/3, 1210 Wien, Tel.: 01/2721352; Email: inerwien@hotmail.com
Weitere Kurse: www.iner.org