Johannes Paul II. hat besonders starker Stimme zur Neuevangelisierung aufgerufen und damit den dringendsten Bedarf in der Kirche herausgestellt: “Kehrt um und glaubt an das Evangelium!", hat Christus am Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit ausgerufen, beim Evangelisten Markus im ersten Kapitel nachzulesen.
Was macht den Bedarf so dringend? Der dramatische Glaubensschwund! In den letzten Jahrzehnten ist der Besuch der Sonntagsmesse um 80% zurückgegangen. Dabei geht es mir nicht um Zahlen. Das Schmerzliche ist, daß das Meßopfer, die Mitte der Christseins, das Höchste, was wir haben, wo Christus Sein Leben zu unserer Erlösung und Befreiung bis zum Letzten ausgibt, daß dieser kostbare Schatz abgestreift wird wie ein verschlissenes Kleid - weil uns das Höchste gleichgültig geworden ist.
Wir sind lau geworden, weder kalt noch warm. Deshalb ist unter Christsein nicht mehr zeugniskräftig, nicht mehr überzeugend. Wir verlassen die Quelle des lebendigen Wassers und suchen in Zisternen nach Wasser, das den Durst nicht löscht.
Der Aufruf Jesu jedoch bleibt: “Ihr sollt meine Zeugen sein."
Wo also muß eine neue Verkündigung ansetzen? Bei einer Massenbewegung? Sicher nicht. Einer nur kann Zeuge sein, andere schließen sich an. Es kommt auf das persönliche Zeugnis an: mit dem eigenen Leben Zeugnis geben von dem, was wir glauben. Was aber ist unser Glaube. wenn unser Herz nicht überfließend erfüllt ist?!
Deshalb müssen wir umkehren, damit der Geist Jesu uns erfassen kann, durchdringend, daß das Wort Jesu in unserem Menschsein Gestalt annimmt, “Ein neues Gebot gebe ich euch; liebt einander, wie ich euch geliebt habe ... Daran wird die Weit erkennen, daß ihr meine Jünger,seid, wenn ihr einander liebt (Joh 13,34). Das ist das Kernstück der Evangelisierung: Es geht um die Liebe!
Am Abend vor Seinem Tod sagt Jesus den Seinen: “Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen." (Joh 14,23) Es ist unverkennbar klar: Der Aufruf zur Umkehr, um zur Annahme des Evangeliums fähig zu werden, geht zuerst mich an, mich und dich und ganz persönlich.
Den Anruf, der mich erreicht, kann ich nicht delegieren. Ich muß mich bekehren, täglich neu, um mit ganzen Herzen für Gott offen zu sein. Ich muß mich von Geist der Lieblosigkeit, vom Egoismus, der materriellen Habgier lossagen und dem Wort Gottes in mir Raum geben, immer neu. “Das Evangelium ist eine Kraft, die jeden rettet, der glaubt" (Paulus an die Römer 1,16).
Seit ich erkannt habe, welcher Reichtum in Wort des Evangeliums liegt, habe ich nicht mehr aufgehört, diese Worte in mich aufzunehmen, auch über so manche Hürden hinweg. “Dein Wort ist mir Glück und Herzensfreude", heißt es bei Jeremia 15,16. Ich muß beim Lesen der HI. Schrift Gott zuhören, der zu mir spricht, bei einem Wort verweilen, das der HI. Geist mir eröffnet, der uns alles lehren will, an alles erinnert, was Jesus gesagt hat.
Ich erkenne: Ich muß umkehren und das Wort des Evangeliums aufnehmen,ihm Raum geben, es ist “Geist und Leben", es ist Brot, das der Vater uns gibt, Nahrung, die wirklich satt macht. Deshalb sagt Paulus in überströmender Erfülltheit: “Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch." (Kol 3,15)
Dieser innere Reichtum läßt uns Zeuge sein, Zeuge mit dem Leben. Und: Wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund.
Maria Loley