VISION 20005/2008
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Nicht die Muslime, der Islam ist das Problem

Artikel drucken Ein Appell, Jesus Christus den Muslimen zu verkünden (Von P. Josef Herget CM)

“Wenn wir die Muslime nicht mögen, können wir sie nicht für Christus gewinnen. Wir müssen sie gern haben. Einen Menschen kann ich nur dann zu Christus führen, wenn ich ihn liebe," stellt der Autor in einem Vortrag über den Islam fest, um fortzufahren:

Daher sind auch die Muslime selbst nie unser Problem. Sie haben Probleme wie wir, sie lachen und weinen wie wir, unter ihnen gibt es gute und böse - wie bei uns... Unser Problem ist der Islam - übrigens ist er auch das Problem der Muslime. Daher haben sie ein Recht zu erfahren, aus welcher Hoffnung Christen leben. Denn Jesus ist auch für sie gestorben.

(...) Das ungeheure Wirtschaftswachstum Anfang der sechziger Jahre brachte es mit sich, daß bei Vollbeschäftigung keine Arbeitsmarktreserven innerhalb der europäischen Grenzen mobilisiert werden konnten. Die ersten Anwerbeverträge mit Arbeitnehmern aus der Türkei wurden 1961 geschlossen. Die Mehrzahl der Männer stammte aus Anatolien. Man brauchte Arbeitskräfte und ignorierte die Tatsache, daß es Menschen waren, die man ins Land holte.

(...) Hier stoßen wir nun auf falsche Denkvoraussetzungen: In den ersten beiden Jahrzehnten ging man von der Annahme aus, die muslimischen Gastarbeiter seien nur vorübergehend ins Land gekommen und würden bald nach Hause zurückkehren. Diese Annahme erwies sich als falsch.

Später nahm man unausgesprochen an, daß die Integration derer, die bleiben, sich quasi von selbst vollziehen würde: In der zweiten, dritten Generation würde man kaum mehr merken, daß es sich um Zuwanderer handelt. Eine weitere Fehlannahme.

Noch in den neunziger Jahren vertraten Politiker die Meinung, daß die Zuwanderer aus einer islamisch geprägten Kultur sich in der zweiten, spätestens der dritten Generation so assimiliert haben würden, daß ihre Herkunft nicht erkennbar sein würde. Auch das Fehlanzeige. Deutsch würde die zweite, spätestens die dritte Generation fehlerfrei und selbstverständlich beherrschen. Deshalb fand man eine besondere Sprachförderung nicht für notwendig. Wieder Fehlannahme. Die dritte Generation der Migranten spricht zum Großteil schlechter Deutsch als ihre Eltern und Großeltern. Schließlich wurde mehr oder weniger offiziell gesagt, der Islam würde als Religion für die Integration der Zuwanderer keine nennenswerte Rolle spielen. Aufgeklärt würde er sowie das Christentum in der westlichen Gesellschaft ein Randdasein fristen. Diese Fehlspekulationen durfte man nicht einmal infrage stellen. Sonst galt man als ausländerfeinlich.

Viele Europäer weisen außerdem ein weiteres Manko auf: Sie kennen weder die christliche Lehre, noch die des Islam. Daher werden die beiden Religionen im heutigen säkularisierten Milieu als sehr ähnlich propagiert. Beide seien monotheistisch, beide kennen Jesus, beide basieren auf einem heiligen Buch... Immer wieder sagt man mir: Muslime glauben an einen Gott, wir glauben an einen Gott und es gibt ja nur einen - also ist es derselbe. Eine Milchmädchenrechnung.

Die Wahrheit ist anders: Christentum und Islam sind grundverschiedene Religionen. Beide wissen sich allerdings von Gott für die für alle Menschen bestimmte Wahrheit beauftragt. Daher sind auch beide missionierende Religionen. Beide Religionen beruhen auf Offenbarung, wollen Heilsbotschaft sein. Ihnen zu glauben oder nicht, bedeutet nicht nur Annahme oder Ablehnung einer religiösen Meinung, sondern Gehorsam oder Ungehorsam gegenüber Gottes Willen.

Für den Islam ist Allah ein einziger, der wie hinter einem Schleier spricht, aber das Geheimnis seines Lebens nicht enthüllt. Auch durch seine Offenbarung tritt Allah nicht aus der Unzugänglichkeit heraus. Er bleibt unendlich transzendent. Das Verhältnis von Allah und Mensch ist das Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf, wie Herr und Sklave. Auch die Propheten (Ibrahim, Isa, Mohammed) werden als Sklaven Allahs bezeichnet. Die Berufung des Menschen: Unterwerfung - das heißt übrigens Islam.

Auch das christliche Glaubensbekenntnis beginnt mit dem Glauben an den einen Gott. Aber: Gott wird nicht nur allmächtig genannt, Er ist für uns Vater. Dieses Kind-Vater-Verhältnis, das für den Christen zum Wesen seiner Gottesbeziehung gehört, ist für den Muslim undenkbar, ja geradezu eine Gotteslästerung.

Noch ein wichtiger Aspekt: die Frage der Würde und der Freiheit des Menschen. Beides leitet sich vom Gottesbild ab. Nach christlicher Lehre ist der Mensch Ebenbild Gottes. Seine Würde ist von Gott selbst geschenkt, unantastbar. Und das gilt für die Würde jedes Menschen, sei er Christ oder nicht, Mann oder Frau, Staatsbürger oder Gast, gesetzestreu oder Verbrecher.

Das ist nicht selbstverständlich. Die Gottebenbildlichkeit des Menschen widerstrebt dem Muslim, denn nichts darf Allah zur Seite gestellt werden. Das ist Sünde, eine der schwersten.

Für uns Christen ist auch klar, daß der Mensch, als Mann und Frau mit gleicher Würde geschaffen ist. Nicht so für die Muslime. Denn da ist der Mann eine höhere Schöpfung. Die Frau steht eine Stufe tiefer.

Eine Theologie, die den Menschen zwar als Geschöpf Gottes betrachtet wie der Islam, ihm aber nicht die besondere Würde als Gottes Ebenbild zugesteht, geht dann auch folgerichtig davon aus, daß der Mensch nicht in erster Linie ein Freier und Fragender ist, sondern Unterworfener, ein Muslim eben. Und diese Sichtweise hat enorme Konsequenzen.

(...)

Es gibt 1,3 Milliarden Muslime, die zweitstärkste Religion nach dem Christentum. Und es ist die am schnellsten wachsende Religionsgemeinschaft. Kaum ein Mensch, der aus dem Islam kommt, hat Jesus Christus wirklich kennengelernt. Muslime wissen nicht, daß Er ihr Heiland und Erlöser ist. Sie kennen weder Sein Leben, noch Seine Botschaft. Sie kennen den Propheten Isa. Das ist nicht unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, es ist ein islamischer Prophet. Was Muslime über das Christentum und über Jesus Christus hören, stammt vor allem aus der Lehre des Koran, ausgelegt von islamischen Lehrern an islamischen Schulen und von Imamen in den Moscheen. Weitere Quellen: die eigene Familie, die Nachbarschaft, die Medien - und von den Christen selbst.

Nun leben aber in den islamischen Ländern die Christen meist als Minderheit und in großer Furcht. Sie hüten sich, ihren Glauben den Muslimen gegenüber zu bezeugen. Bis heute werden sie vielfach gedemütigt und von islamisch-fundamentalistischen Gruppen verfolgt. Darum leben sie in aller Stille und halten so viel Abstand wie möglich. Ihre Türen und Herzen sind vor den Muslimen meist verschlossen. Sie wollen keine Probleme bekommen, möglichst in Frieden leben. Nach allem, was Christen in den Jahrhunderten im Orient durchlebt haben, ist diese Haltung menschlich zu verstehen.

Richtig ist sie nicht. Denn auf diese Weise können die Muslime nicht das wahre Christentum kennenlernen. Fragen wir uns aber: Wenn nun die Muslime in unsere christlichen Länder kommen, lernen sie dann das wahre Christentum kennen?

Für Muslime ist alles Islam, das ganze Leben. Kommt ein Muslim nach Europa, so ist daher für ihn alles, was hier geschieht, Christentum: die Nackten auf den Plakaten, die bauchfreie Kleidung... Für den Muslim schockierend. Er braucht dann sehr lange, bis er begreift, daß die westliche Kultur vieles dem Christentum verdankt, daß beides aber nicht gleichzusetzen ist.

Erst wenn er erlebt, daß wahre Christen sich durchaus nicht mit den modernen Ausprägungen unserer Kultur identifizieren, sondern ganz anders leben, dann will er mehr von unserem Glauben wissen. Dann will er auch mehr über Jesus wissen, über das Evangelium. Beginnt er aber das Evangelium zu lesen, so kommt er - das ist meine Erfahrung - von Jesus nicht mehr los. Jesus fasziniert Muslime. Es ist wunderbar solche Menschen unterrichten zu dürfen. Viele sind suchend. Hier sind wir aufgerufen, uns in den Dienst der Evangelisation einzubringen.

Der Autor leitet das “Institut St. Justinus". Der Text ist ein Auszug aus seinem Vortrag: “Der Islam als Herausforderung für das Christentum in Europa", gehalten am 26.8.08 bei der Intern. Theologischen Sommerakademie in Aigen.

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