VISION 20006/2008
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Apocalypse now

Artikel drucken Ein Roman, der Glaube und Hoffnung stärkt

Obwohl ich ein Vielleser bin, habe ich schon lange keinen Roman gelesen. 540 Seiten, ein dickes Buch also: Wann werde ich dazukommen, mir das alles zu Gemüte zu führen? - dachte ich, als ich das Besprechungsexemplar auspackte. Weil Gabriele Kuby es (übrigens sehr gekonnt) aus dem Englischen übersetzt hat, schlage ich das Buch auf, beginne zu lesen - und fortan fällt es mir schwer, es aus der Hand zu legen. So lese ich vielfach bis spät in die Nacht, neben der Fertigstellung der letzten Ausgabe von VISION (5/08) - und das will etwas heißen!

Das Szenario: Father Elijah, Jude, Überlebender des Warschauer Ghettos im Zweiten Weltkrieg, nach einer vielversprechenden Karriere in der Welt jetzt Mönch, wird zum Prior seines Karmels in Israel gerufen. Der Heilige Vater bitte ihn, nach Rom zu kommen, teilt man ihm mit. Eine besondere Mission erwarte ihn...

Deren Inhalt erfährt Father Elijah in einem Gespräch mit dem Heiligen Vater, der die Züge Johannes Paul II. trägt. Der Papst eröffnet dem Mönch seine Sichtweise der Zeichen der Zeit: “Bestimmte Personen auf der Weltbühne sind im Begriff, einen entscheidenden Angriff auf die Herde zu führen. Sie nähern sich dem Zeitpunkt, an dem sie alles einsetzen werden, um zu spalten und zu zerstören..." Zwar werde viel vom Frieden geredet, tatsächlich aber sei die Herde Gottes den Einflußreichen in der Welt ein Dorn im Auge.

Der Autor, Michael O'Brien, deutet somit unsere Zeit als Periode der endgültigen Konfrontation zwischen der Kirche, einer kleinen Herde, und den Mächten der Finsternis. “Eine Apokalypse" lautet daher auch der Untertitel des Romans. Der Autor greift dabei Gedanken auf, die schon Wladimir Solowjew in seiner “Kurzen Erzählung vom Antichrist" und Robert Hugh Benson in seinem Werk “Lord of the World"angesprochen hatten: Alles deute auf eine entscheidende Konfrontation hin - auf eine Konfrontation mit einem “Mann, der nach globaler Macht strebt." Die Welt halte ihn wegen seiner Brillianz, seinem charmanten Auftreten, seiner friedensstiftenden Aktivitäten für einen säkularen Heiligen. Sie erwartet von ihm ein Zeitalter universaler Harmonie. Alles liegt ihm zu Füßen, die Medien, das Europäische Parlament, dessen Präsident er ist. Er berät die UNO, ist Mitglied des Club of Rome und mehrerer Aufsichtsräte der erfolgreichsten Unternehmen der Welt, und, und...

Noch nehme er nicht offen gegen die Kirche Stellung, teilt der Heilige Vater Father Elijah mit, aber die Konfrontation zeichne sich ab. Und daher bekommt der Pater den Auftrag, Kontakt mit dem “Präsidenten" aufzunehmen, um diesem eine letzte Chance zu einer tiefreichenden Umkehr zu ermöglichen.

Soweit die Ausgangslage, aus der sich eine spannend geschriebene Geschichte mit innerkirchlichen Kämpfen, heimtückischen Verbrechen, dramatischen Bemühungen um die Bekehrung von Personen entwickelt. Aber das allein hat mich nicht bestimmt, Ihnen, liebe Leser, diesen Roman zu empfehlen. Was mich am meisten berührt hat? Das Mitvollziehen der Entwicklung von Father Elijah, sein Hineinwachsen in den Auftrag, den ihm der Heilige Vater übertragen hat. Es ist dies der steinige Weg der Selbsterkenntnis, der Konfrontation mit den eigenen Schwächen, des eigenen Unvermögens, selbst dort, wo man Stärken vermutet hatte, das Erkennen: Aus mir heraus bin ich zu nichts fähig, aber alles wird möglich, sobald ich meine Unfähigkeit annehme, damit der Heilige Geist mächtig zu wirken beginnen kann.Das ist die tröstliche Botschaft mitten in der Apokalypse: “Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt", sagt uns der Apostel Paulus im Philipperbrief (4,13). Michael O'Brien führt uns das in “Father Elijah" anschaulich vor Augen.

Christof Gaspari

Father Elijah - Eine Apokalypse. Von Michael O'Brien. 544 Seiten Gebunden, fe-medienverlag, Kißlegg 2008, 19,95 Euro.

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