VISION 20003/2012
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Ein übernatürlicher Frieden

Artikel drucken Großes Leid bewältigt

Am 27. November 2007 wurde Anne Lorraine Schmitt, 23-jäh­rig, gläubig, sozial engagiert, im Pariser Schnellbahnzug RER er­mordet. Sie hatte sich bis zuletzt gegen eine Vergewaltigung gewehrt. Interview mit ihren Eltern, wie sie das Leid bewältigt haben:

Wie geht es Ihnen ein Jahr nach dem Tod Ihrer Tochter?
Philippe Schmitt: Ich erlebe immer noch Zeiten tiefster Trauer, sobald ich meinen Gedanken freien Lauf lasse. Für mich ist das beste Mittel, um auf die Beine zu kommen, dass ich mich in Aktivität stürze: im Beruf und in den Tätigkeiten im Gedenken an Anne-Lorraine. Trotz der Trauer schreite ich konsequent voran. Ich denke, das ist ein Geschenk meiner Tochter, die sich nie beklagt hat…
Élisabeth Schmitt: Am Tag nach ihrem Tod war ich wie betäubt. Ich erinnere mich auch an keinen einzigen der mehr als 5.000 Briefe, die wir nach dem Tod bekommen haben. Oft denke ich, es sei gestern gewesen. Wir machen unterschiedlichste Erfahrungen: intensives Leiden und gleichzeitig die Erfahrung des Friedens, der Gelassenheit. Seit Anne-Lorraines Tod habe ich das Gefühl, die Gnade bekommen zu haben, meine Schwierigkeiten bewältigen zu können, eine nach der anderen.

Wie gelangt man zu einem solchen Frieden?
Élisabeth Schmitt: Er ist übernatürlich. Ich kann ihn nicht erklären, ich erfahre ihn eben. Wenn ich an Anne-Lorraines Mörder denke, empfinde ich weder Hass- noch Rachegefühle. Er hat etwas Furchtbares, Unwiederbringliches getan und wir könnten zurecht zutiefst empört sein – und wir waren es auch. Diesen Frieden, der allerdings das Leiden nicht verhindert, verdanken wir den unzähligen Gebetsketten, die uns stützen. Sie machen es möglich, dass wir unsere Kinder weiterhin aufziehen, ohne von Hass- und Rachegefühlen zerfressen zu werden.

Ist dieser Friede etwas Neues?
Élisabeth Schmitt: Gott sei Dank haben wir Freunde und unsere Pfarre in Senlis. Dieser Friede kehrte Schritt für Schritt ein. Zunächst war ich total niedergeschlagen. Ich dachte: Das kann nicht wahr sein. Sie kommt wieder… Heute fehlt sie mir noch immer, aber es ist anders…

Was hilft Ihnen standzuhalten?
Élisabeth Schmitt: Ich bin immer noch Mutter von vier Kindern. Ihretwegen darf ich nicht aufgeben. Das ist die beste Therapie, besser als alle Pillen, die das Leben rosa färben, aber tatsächlich nichts bewirken. Genau genommen ist das Leben lebenswert. Nicht weil jemand es sich herausgenommen hat, unserer Tochter das Leben zu nehmen, kann jetzt alles stillstehen. (…) Ich stehe allerdings mitten in einem geistigen Kampf. Denn trotz allem, bleibt der Hass eine Versuchung. Indem er Anne-Lorraine umgebracht hat, hat mir der Mörder mein Innerstes geraubt. Anne-Lorraine fehlt mir. Ich wäre gern Großmutter geworden… Derzeit ringe ich sehr. Wann immer es um mich finster wird, habe ich das Gefühl nicht allein zu sein. Obwohl ich im Aufruhr war und nichts verstand, dachte ich nie, Gott sei böse. Obwohl wir heute leiden, weiß ich, dass Er das Beste für mich will.

Auszug aus einem Gespräch mit Benjamin Coste in „Famille Chrétienne“ v. 13.-19.12.08.

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