In diesem 2010 erschienen Prachtbildband geht der deutsche Autor Helge Sobik der Frage nach, wie sehr die Fotografie die Außendarstellung des Petrusamtes in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Umfangreiches Fotomaterial begleitet dabei seine Recherche, die bei Papst Pius IX. beginnt, der von 1846 bis 1878 wirkte, und über seine Nachfolger bis hin zum Pontifikat des heutigen Petrusnachfolgers Papst Benedikt XVI reicht.
Reagierten die Päpste des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts noch sehr zögerlich auf diese revolutionäre neue Entdeckung, so war es Papst Johannes XXIII., der erstmals die päpstlichen Privatgemächer für Fotografen und Kameraleute öffnete. Als die ersten Fotos von Pius IX. Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, war das noch eine kleine Sensation. Von nun an zierten originalgetreue Abbildungen des römischen Pontifex die Amtsstuben der Pfarrer.
Doch diese Aufnahmen wirkten noch sehr gestellt und statisch. Mit der Weiterentwicklung der Fotografie kamen dann hochwertige Momentaufnahmen hinzu. Wirkten die Päpste bis Johannes XXIII. auf ihren Aufnahmen noch wie absolute Monarchen, so sollte sich dies spätestens mit dem Konzilspapst ändern. Je mehr dieser Papst reiste, Ausflüge machte und lächelte, desto positiver waren die Außenwirkungen für den Vatikan.
Was Johannes XXIII. angestoßen hatte, führte sein Nachfolger Paul VI. mit seinen Auslandsreisen konsequent fort. Papst Johannes Paul II., der jugendlich und sportlich wirkende Pontifex aus Polen, revolutionierte dann diese Beziehungsgeschichte zwischen dem Papstamt und der Fotografie. Er stellte sich den Filmkameras und Fotoapparaten und nützte sie geschickt für sich und seine Mission. Selbst sein Leiden und Sterben blieb den Augen der Weltöffentlichkeit nicht verborgen und ist gerade deshalb zu einem beeindruckenden Zeugnis geworden.
Die Geschichte der Papstfotografie ist aber auch die Geschichte eines anderen Mannes: Arturo Mari. Dieser kleine, fast schüchtern wirkende Italiener, stand von 1956 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 als Fotograf im Dienste des Vatikans. Er hatte seine Tätigkeit bei der Vatikanzeitung Osservatore Romano begonnen und war dann über ein halbes Jahrhundert lang Leibfotograf von fünf Päpsten. So begleitete Mari Papst Johannes Paul II. auch auf allen 104 Auslandsreisen.
Während seiner Dienstzeit arbeitete er durchschnittlich 16 Stunden täglich im Vatikan. Nicht einen einzigen Tag fehlte er wegen Krankheit, noch hatte er jemals einen Tag Urlaub. Von Papst Johannes Paul II. machte er während seines fast 27jährigen Pontifikates etwa fünf Millionen Aufnahmen. Dieser Papst wurde damit zur meistfotografierten Person der Welt, ebenso wie heute sein Nachfolger Benedikt XVI. Über seine Philosophie sagt Mari: „Ich habe zu vermitteln versucht, wer der Papst ist. Ich mußte immer das Bild machen, das dies am besten ausdrückt – ein Bild, das ich nicht erfinden durfte, sondern in der Realität entdecken mußte.“
Wegen seiner Herzlichkeit und seiner spontanen Gesten avancierte Johannes Paul II. in aller Welt zum Darling der Fotografen. Umso größer war die Überraschung, als es auch seinem Nachfolger Benedikt XVI., der eigentlich als sehr schüchtern galt, gelang, durch seine authentische Spiritualität die Herzen der Fotografen zu gewinnen. Der Band „Päpste seit Anbeginn der Fotografie“ dokumentiert die Päpste der letzten 150 Jahre in eindrucksvoller Weise. Das Buch ist ein Muß für alle echten Papstfans und Sammler hochwertiger Dokumentationen über das Papsttum und ihre Vertreter.
Christoph Hurnaus
Päpste seit Anbeginn der Fotografie. Von Helge Sobik, Feymedia, 287 Seiten, 50,40 Euro