VISION 20001/2013
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Eine Chance, den Glauben zu vertiefen

Artikel drucken Plädoyer für das Studium des Katechismus der Katholischen Kirche

Mit der Ausrufung eines Jahres des Glaubens hat Papst Benedikt XVI. einen wahren Paukenschlag getan, der uns alle, ob Priester oder den Glauben „nur“ praktizierende Laien aufwecken soll.

Zwar wird allenthalben der weit fortgeschrittene Glaubensschwund, das nicht mehr vorhandene Grundwissen über unseren Glauben beklagt, aber beim Klagen bleibt es dann auch vielfach. Die Ursachen liegen wohl in der mangelnden Glaubensverkündigung, der Katechese, in den Jahrzehnten nach dem II. Vatikanischen Konzil; das allerdings hatte anderes als ein Versiegen der Katechese gewollt – ganz im Gegenteil.
Jedoch sind Zurückschauen oder gar Schuldzuweisungen, wer was wann versäumt hat, sinnlos. Hingegen sollen wir dem Beispiel Papst Benedikts folgen und mutig und vertrauensvoll voran- oder wenigstens mitgehen, jeder Christ nach seinen Möglichkeiten.
Was aber bedeutet Katechese? Glaube verlangt Entscheidung. Wie aber kann ich mich für oder gegen etwas entscheiden, was ich nicht oder zuwenig kenne? Wenn Paulus im Brief an die Römer sagt: „Der Glaube kommt aus der Predigt, die Predigt aber durch Christi Wort“ (Vgl Röm 10,17), dann bezieht er sich ganz konkret auf die Worte und das Handeln Jesu: „Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19f).
Und auch in Röm (10,14) heißt es: „Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt? Wie soll aber jemand verkündigen, wenn er nicht gesandt ist? Darum heißt es in der Schrift: Wie sind die Freudenboten willkommen, die Gutes verkündigen!“
„Geht hin … und lehrt!“ Welch ein Auftrag! Ist das Lehramt der Kirche nicht schon allein in diesen vier Worten Jesu begründet? Und ebenso die so dringend notwendig gewordene Evangelisation, die Katechese, die Verkündigung, die in diesem „Jahr des Glaubens“ wieder neu aufgenommen werden soll?
Hungern denn nicht unzählige Menschen nach Halt und Sinn in ihrem Leben und sind sie – geistlich gesehen – in ihrem Hunger, auch wenn sie diesen gar nicht mehr als solchen erkennen, nicht allein gelassen? Auf der Suche –irgendwo, nach irgendwas, was ihre Seele nähren könnte – landen sie oft dort, wo sie nichts für ihre Seelen finden und nichts ihren Hunger nach Sinn ihres Lebens stillt.
Und wie geht es vielfach den Gläubigen, den katholischen Christen? Im Kirchenrecht heißt es: „Die Gläubigen haben das Recht, aus den geistlichen Gütern der Kirche, insbesondere dem Wort Gottes und den Sakramenten, Hilfe von den geistlichen Hirten zu empfangen.“ Genaueres wäre mit großem Gewinn im Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 2037) nachzulesen! Oder bei KKK 1122: Die Sakramente des Glaubens: „Das Volk Gottes wird an erster Stelle geeint durch das Wort des lebendigen Gottes ... Die Verwaltung der Sakramente fordert die Verkündigung des Wortes ... sind doch die Sakramente Geheimnisse des Glaubens, der aus der Predigt hervorgeht und durch die Predigt genährt wird.“
Im KKK fände und findet man in gut verständlicher Sprache jede Menge an Glaubenslehre. Aber ach, der Katechismus ziert anscheinend im deutschen Sprachraum häufiger die Bibliotheksregale als die Hände, für die er geschrieben wurde. Dabei hat der KKK nicht nur die Lehre zum Inhalt, sondern auch deren Basis, auf der sie aufgebaut ist. Diese Basis bilden in erster Linie die Heilige Schrift, ferner die Dokumente des II. Vatikanums, Zitate aus den Schriften der Kirchenväter und vieler Heiliger, Zitate aus unzähligen kirchlichen Dokumenten und päpstlichen Rundschreiben. Der KKK erklärt und bringt wirkliches Verstehen so wunderbarer (und oft missdeuteter) Begriffe wie vom „Priestertum der Gläubigen“ oder des „übernatürlichen Glaubenssinns“ des Gottesvolkes; er führt und leitet liebevoll, zeigt Verständnis für unsere Schwächen. All das zusammen bildet eine wunderbare Grundlage für das Verständnis unseres Glaubens.
Vor einiger Zeit las ich einen Artikel eines Augustiner-Chorherrn, der für die notwendige Neuevangelisierung im „Jahr des Glaubens“ von einem bekannten Wort des hl. Klemens Maria Hofbauer ausging: „Das Evangelium muss ganz neu gepredigt werden“. Der Autor meint, dass eine „Ressourcenverlagerung von der Pfarrseel­sorge in eine themenorientierte Seelsorge“ nötig sei. Seine Vorschläge dazu sind gar nicht so neu:
Q Man möge Glaubenskurse anbieten, die, „wenn sie qualitativ gut sind, einen werbenden Effekt“ haben. Gutes Material hierzu gäbe es in Hülle und Fülle.
Q Eine sorgfältige Sakramenten-Katechese vor jedem Sakramentenempfang halten. Der Autor verweist auf das Konzil von Trient, das, „neu die Religion wieder zu festigen“, Schwerpunkte auf die Beichte (!) und die christliche Ehe gelegt hatte.
Q Volksmissionen als Vorbereitung und Stütze der Glaubenskurse und der Sakramenten-Katechese abhalten; Hausbesuche und Glaubenszeugnisse „durch Aufsuchen der Öffentlichkeit“ dürfen nicht allein evangelikalen Gruppen oder gar Sekten überlassen werden.
Q Es mögen verstärkt die neuen Medien (z.B. die „sozialen Netzwerke“) für die Glaubensinformation eingesetzt werden.
Q Die von den Bischöfen ausgehenden Unterweisungen des Glaubensgutes in den Domkirchen müssten von den Pfarrern aufgegriffen und weitergeführt werden.
Q Der KKK, der im deutschen Sprachraum „nie wirklich angekommen und quasi ein Geheimtipp geblieben“ ist, solle beworben und eingesetzt werden.
Seltsam. Diese Vorschläge greifen ja auf bewährte katechetische Wurzeln zurück! Erinnern wir uns doch nur an den heiligen Papst Pius X., den leidenschaftlichen Katecheten, der schon als Kaplan die Gefahren, die dem Glauben auch zu seiner Zeit drohten, erkannt hatte. Zeit seines Lebens, von der Katechese in kleinem Rahmen bis zur Entwicklung einer erstklassigen Priesterausbildung, verlor er die unbedingte Notwendigkeit guter Katechese niemals aus den Augen.
Auch mir half der KKK, der in den 90er-Jahren erschien, in einer schweren Lebenskrise, in deren Verlauf ich auch die Kirche mit einbezog – wie könnte es anders gewesen sein, da mir doch die Kirche als Sündenbock höchst geeignet erschien. Welche Torheit! Gott aber erbarmte sich meiner und ließ mich Menschen, Priester, finden, die mich auffingen.
Als ich dann noch begann, denn KKK zu studieren, war ich sehr bald betroffen und tief beschämt. Ich lernte, dass Kirche etwas ganz anderes war, als ich stets gemeint hatte. Erstmals begann ich zu erkennen, dass sie „Lehrerin“ im besten, im edelsten Sinn des Wortes ist. Dass sie trotz aller menschlichen Unzulänglichkeiten die Treue zu Jesus lebt, Ihn – Jesus – den Menschen nahe zu bringen berufen und dazu befähigt ist. Kurz, es war der KKK, der es mir ermöglichte, gut und lange gepflegte Vorurteile aus meinem Denken zu beseitigen und authentisch zu erfahren, was das Lehramt wirklich sagt.
Geschieht das denn nicht oft so im Leben: Wir treffen Entscheidungen nicht auf Grund von Wirklichkeiten, erarbeiteten Erkenntnissen, sondern es sind Vorurteile, die uns drängen. Dann aber sind es meist falsche Entscheidungen; richtige kann man nur treffen, wenn man über eine Frage, ein Thema – in diesem Fall unseren Glauben – ausreichend Bescheid weiß, und daher auch nötigenfalls Fragen dazu ohne Polemik zu stellen imstande ist.
Entscheidungshilfen zu geben scheint mir eine der hervorragendsten Aufgaben der Kirche, des Lehramtes zu sein, getreu dem Auftrag Jesu‘: „Gehet hin und lehrt“.
Der Glaube als solcher ist eine Gnade, die Gott allein schenkt, und Er schenkt sie jedem, der sich danach ausstreckt. Das Glaubensgut jedoch ist ein kostbarer Schatz, den die Kirche seit 2000 Jahren auf der Basis des Wortes Gottes und der Tradition mit großer Sorgfalt betreut, behutsam weiterentwickelt, verdeutlicht und den Menschen gu­ten Willens zur Verfügung stellt – als Hilfe für die notwendigerweise freiwillige Herzensentscheidung für Jesus, als bewusste Entscheidung für Gott, den wir Vater nennen dürfen!
W.S.


Weitere interessante Quellen

Als Nachtrag noch folgende Informationen: Wer den KKK studiert, findet darin viele Zitate aus Hl. Schrift, von den Kirchenvätern oder im Laufe der Jahrhunderte formulierten Aussagen von Päpsten und Konzilien. Will man nun die Texte, denen die Zitate entnommen sind, nachlesen, bieten sich folgende Möglichkeiten an:
In den USA erschien vor Jahren ein Kompendium der meisten dieser Stellen (in englischer Sprache) unter dem Titel The Companion to the Catechism of the Catholic Church (Ignatius Press, San Francisco, ISBN 0-89870-481-2).
Erfreulicherweise gibt es nunmehr auch eine Neuerscheinung in deutscher Sprache, den Quellenband zum Katechismus der Katholischen Kirche (erschienen im Pustet-Verlag, ISBN 978-3-7917-2474-4), ein Buch, das zum KKK einfach dazugehört.
Auch im Internet findet sich eine mit den Verweisstellen ausgearbeitete Version des Katechismus der Katholischen Kirche zum Herunterladen auf: http://www.stjosef.at/kkk, und zwar unter der Bezeichnung Komfortversion, in deutscher Sprache.

                   

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