Archivbelege, mikroskopische Untersuchungen und Radiokohlenstoffdatierungen deuten auf einen Ursprung als mittelalterliches Artefakt aus dieser Zeit,“ so liest man bei wikipedia, wenn man unter dem Stichwort „Turiner Grabtuch“ sucht. Der lange und ausführliche Artikel zum Thema spiegelt die heute weitverbreitete Sichtweise wider: Das Bild auf dem Grabtuch sei ein – zwar in mancher Hinsicht rätselfhaftes – mittelalterliches Werk. Die 1988 durchgeführte – und weltweit triumphierend kolportierte – Datierung mit dem Radiocarbonverfahren habe das bestätigt. Wissenschaftliche Ergebnisse, die dieser Hypothese widersprechen, werden bei wikipedia in Zweifel gezogen.
Diese Untersuchungsergebnisse liefern aber eine erdrückende Evidenz dafür, daß es sich beim Turiner Grabtuch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um das Leichentuch Jesu handelt. Wer sich für den neuesten Stand der Forschung auf diesem Gebiet interessiert, dem sei das Buch von Gertrud Wally „Er sah und glaubte“ wärmstens empfohlen.
In einem ersten Teil findet man eine gut dokumentierte Sammlung von Erkenntnissen:
– über die Webart und das Material des Tuches, die auf einen altertümlichen Ursprung schließen lassen,
– über Spuren einer römischen Geißelung mit mehr als 370 Hieben,
– Spuren einer Dornenkrönung, allerdings nicht in der Form eines Kranzes, sondern einer Dornenhaube,
– Spuren dafür, daß das Opfer den Querbalken eines Kreuzes getragen hat,
– Erdspuren am Knie und Nasenspitze, die auf Stürze während des Kreuztragens hindeuten,
– Spuren von Blut- und Serumsaustritt nach Durchbohrung des Herzens durch Einstich zwischen fünfter und sechster Rippe, was gleichzeitig erkennen läßt, daß der Einstich nach Eintritt des Todes stattgefunden haben mußte…
Ich lasse es bei der Erwähnung dieser Fakten bewenden. Gertrud Wally zählt viele andere auf, die die Authentizität des Grabtuchs nahelegen. Am eindrucksvollsten wohl das, was sie über die Theorien bezüglich der Entstehung des Bildes und das „geheimnsivolle Verschwinden des Leichnams vor der Verwesung“ berichtet. Am bewegendsten, daß der Mann auf dem Grabtuch an einer Herzruptur gestorben sein dürfte, der den Sterbenden geradezu zwingt mit einem gellenden Schrei sein Leben zu beenden…
Die Autorin setzt sich zwar nicht kritisch mit der Radiokohlenstoffdatierung auseinander, listet aber 39 Argumente auf, die zeigen, daß das Grabtuch kein mittelalterliches Werk sein kann. Nur eines von diesen sei hier zitiert: Ein mittelalterlicher Fälscher hätte „bei der Anbringung der Blutspuren (…) die Gesetze der Schwerkraft berücksichtigen müssen, die im Mittelalter noch nicht bekannt waren…“
Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit dem Schweißtuch von Oviedo (Spanien), dessen Blutspuren sich aufgrund neuer Untersuchungen mit denen des Grabtuchs in Deckung bringen lassen.
Wer das Buch liest, fragt sich unwillkürlich, warum diese vielen eigentlich aufsehenerregenden Fakten – noch dazu in der heute so hochgeschätzten Sprache der Wissenschaft formuliert – nicht medial transportiert und dankbar als Hinweise auf Tod und Auferstehung Christi wahrgenommen werden. Die Antwort darauf wird wohl sein: Weil man den Glauben nicht erzwingen kann, auch nicht durch wissenschaftliche Beweise.
Und dennoch wird die Sprache des Grabtuchs dem einen oder anderen ein Tor zum Glauben eröffnen und vielen zur Vertiefung ihrer Liebe zu Jesus verhelfen können. Das Buch von Gertrud Wally wird dazu sicher beitragen.
CG
Er sah und glaubte - Grabtuch von Turin und Schweißtuch von Oviedo. Zwei Reliquien für das dritte Jahrtausend. Von Getrud Wally. Bernardus-Verlag, 146 Seiten, 14,60 Euro.