Wir leben in einer Zeit, in der jedermann vorgegaukelt wird, die Welt stehe ihm offen, es gehe aufwärts und er werde ein immer größeres Stück am wachsenden Wohlstandskuchen bekommen. Das begünstigt die Tendenz, sich zu nehmen, was einem zuzustehen scheint. Dazu müsse man sich jedoch anstrengen, flexibel, mobil, in der Konkurrenz durchsetzungsfreudig sein. Stars aus der Medien- und Sportszene sowie erfolgreiche Manager werden uns als Leitbilder, die es geschafft haben, vor Augen geführt.
Daraus erwächst eine Tendenz, die eigene Existenz als Wettrennen um Lebenschancen anzusehen. Selbstverwirklichung ist angesagt unter dem Motto: Sorge dich vor allem um dein eigenes Glück, die anderen kümmern sich ja auch primär um sich selbst.
Klar, dass es bei diesem Wettlauf zu Reibungen, Konflikten, Verletzungen, Verbitterung und Resignation kommt. Dass Scheidungen, Mobbing, Burnout, kriminelle Übergriffe überhand nehmen, ist Ausdruck dieser Entwicklung.
Wir alle sind mehr oder weniger stark von diesem Geist, der zwischenmenschliche Beziehungen zerstört, bedroht. Was tun? Eine wichtige Antwort gibt der Apostel Paulus: „Vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat“ (Eph 4,32). Ja, Vergebung ist der Schlüssel für menschliches Zusammenleben – und für den eigenen inneren Frieden. Daher auch der Schwerpunkt dieser Ausgabe: Vergebt einander! Mir hat die Vorbereitung dieser Nummer der Zeitschrift diesmal besonders geholfen, mit mehreren schwierigen Konfrontationen zurecht zu kommen. Daher möchte ich Ihnen, liebe Leser, die folgenden Texte sehr empfehlen. Sie eröffnen eine Perspektive, die es ermöglicht, auch in schwierigen Situationen die Zuwendung zum Nächsten und den inneren Frieden zu bewahren oder zurückzugewinnen.