VISION 20003/2013
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„Ich war ein Gangster…“

Artikel drucken Ein schwerer Junge legt sein Leben in Gottes Hände

2,07 Meter groß, 140 Kilo schwer, 42 Jahre alt, erzählt John Pridmore in englischen Schulen und Universitäten von seiner Vergangenheit als Gangster, vor allem aber gibt er Zeugnis von seiner Bekehrung und seinem Leben mit Jesus Christus…


Neun Londoner Nachtclubs belieferte ich mit Drogen, trug Maßanzüge, verdiente zwischen 7.400 und 8.900 Euro in der Woche, besaß zwei Mercedes, lebte in einem großen Appartement im Zentrum von London. Eigentlich besaß ich alles und hatte dennoch nichts – bis zu dem Tag, als mir Jesus begegnete…“
John ist 1964 geboren, im Salvation Army Hospital von Hackney, einem Bezirk im Nordwesten von London. Seine Mutter, katholisch, hilft da und dort aus und sein Vater, aufgewachsen in der Church of England, ist Polizist. Er verbringt eine normale, glückliche Kindheit… Im Alter von 11 Jahren jedoch geht alles kaputt. Die Eltern erklären ihm, er müsse sich entscheiden, mit welchem Elternteil er künftig leben wolle. Er erinnert sich: „Im Rückblick dürfte ich mich damals unbewusst entschieden haben, nie mehr zu lieben, um nie mehr so verletzt zu werden, wie ich es an diesem Abend damals wurde…“
Die Mutter kommt wegen einer Depression ins Spital („Manchmal stieß sie mich zurück und sagte, ich sei ein Kind des Teufels“) und John landet zwangsläufig beim Vater, den er mit wachsendem Groll „für das Weggehen der Mama verantwortlich macht.“
Sein Verhalten in der Schule verändert sich. (…) Er wird aggressiv, es kommt regelmäßig zu Schlägereien, er beginnt, grundlos Dinge zu stehlen, die er gar nicht braucht, einfach nur so, für den Kick. Die Polizei erwischt ihn: Mit 15 wandert er für drei Monate ins Jugendgefängnis.
So gerät John in ein zweifelhaftes Milieu, wird Türsteher in Londoner Lokalen und Mitglied eines Netzwerks von Drogenhändlern, nimmt aber auch selbst Drogen. Sein Image als schlimmer Bub macht ihn beim weiblichen Geschlecht attraktiv. Er hat zwei bis drei Freundinnen gleichzeitig. „Bei all dem fühlte ich eine große Leere, die ich mit Drogen, Alkohol, Sex zu füllen suchte.“
Eines Tages kommt es in einem Pub zum Streit mit Murphy, einem kleinen Dealer. John wird verletzt, vor allem aber in seinem Ganovenstolz gekränkt. Murphy verschwindet. „Zwei Wochen lang habe ich ihn gesucht, zerfressen von Rachegefühlen.“ Schließlich kommt er Murphy auf die Spur. Vor der Schule, von der dieser seinen Sohn abholt, hält er mitten auf der Straße den Wagen an, sieht nur mehr rot und traktiert Murphy mit Schlägen, wirft ihn zu Boden, hält ihn dort fest und schlägt seinen Kopf auf den Asphalt. Die anderen Eltern schreien: „Sie bringen ihn ja um!“ John erhebt sich und verabschiedet sich mit einem Fußtritt gegen Murphys Rippen und schreit: „Das nächste Mal bringe ich dich um!“ Der Koloß steigt in sein Auto und hinterlässt den Mann auf dem Boden liegend, das Gesicht blutverschmiert, fast tot.
„Daheim angekommen, nicht die Spur der erhofften Genugtuung… Im Gegenteil, eine merkwürdige Leere.“ (…) In den folgenden Tagen ziehen Bilder aus seinem Lebens an ihm vorbei, die Menschen, mit denen er sich geprügelt, die Frauen, mit denen er geschlafen hatte. (…) Deprimiert zieht er Bilanz: Sein Leben – ein einziger Misserfolg.
Es ist 21 Uhr an diesem Abend und der Gangster sieht fern. „Plötzlich vernahm ich so etwas  wie eine Stimme, die mir meine schlimmsten Taten in Erinnerung rief.“ In der Meinung, das käme aus dem Fernseher, dreht er diesen ab. Aber die Stimme verstummt nicht, die Stimme seines Gewissens, die Stimme Gottes. Zunächst glaubt er, es sei der Teufel, der ihn in die Hölle holen will. In seiner Panik kniet er nieder, ruft mit Tränen in den Augen: „Gib mir noch eine Chance!“ Und plötzlich, keine Angst mehr. „Ich spürte, wie sich Hände auf meine Schultern legten, um mich aufzurichten. Da wusste ich: Gott existiert – und Er liebt mich!“
John muss diese mystische Erfahrung unbedingt jemandem erzählen. Noch in derselben Nacht kreuzt er bei seiner Mutter auf, erklärt ihr, seiner Meinung nach sei er Gott begegnet. „In dieser Nacht hat mir meine Mutter erzählt, sie hätte seit meiner Geburt für mich gebetet. Und seit zwei Wochen hatte sie die Bitte an den Herrn gerichtet: ,Nimm meinen Sohn. Sollte er sterben müssen, soll er sterben. Aber hilf, dass er sich und den anderen nichts Böses mehr tut’.“
(…) Langsam lebt John wieder auf. Er löst seine Verbindungen zur Unterwelt und gibt als Grund für den Wandel seinen neuen Glauben an Jesus Christus an. „Bet’ für mich, John, damit auch ich Ihm eines Tages begegne,“ sagt darauf einer seiner Ex-Kumpanen. Natürlich sind seine alten Neigungen nicht von heute auf morgen verschwunden. Auf der Straße, im Auto spürt er immer noch, wie die Wut in ihm hochsteigt. Daheim kündigt er den Vertrag mit dem Kabelfernsehen, um der Versuchung, sich Pornofilme anzuschauen, zu entgehen. Und das Rauchen hat er sich erst vor drei Jahren abgewöhnt…
Aus freien Stücken lebt er ab da von der Vorsehung, gibt alles auf und macht sich auf den Weg: über Irland nach Schottland, von Medjugorje ins Heilige Land mit einem Zwischenstopp in New York. Beeindruckt vom Einsatz der Franziskaner in der Bronx, schließt er sich ihnen 1998 an in der Meinung, Gott habe ihn dazu berufen, mit ihnen mitten unter den Armen zu leben. Nach dem Noviziat gibt ihm jedoch der Ordensobere zu verstehen, dass hier nicht sein Platz sei. Heimgekehrt, leitet er Einkehrtage für Jugendliche. Er trifft Niall, einen Hooligan, der eine ähnliche Bekehrung wie er erlebt hat. John, Niall, Matthew, James, Will, Catherine und Breda. Sie  bilden heute die „St. Patricks Community“. Jeden Monat geben sie drei Wochen hindurch Zeugnis von den Wundertaten, die Gott in ihrem Leben gewirkt hat.
Benjamin Coste
Auszug aus Famille Chrétienne v. 27.1.07

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