VISION 20003/2013
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„Habemus Papam“

Artikel drucken Freude über Papst Franziskus

Erstaunen, als schon am frühen Abend des 13. März die Meldung um die Welt ging: weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle. Die Kardinäle hatten sich doch gerade erst, vor etwas mehr als 24 Stunden ins Konklave begeben!

So schnell ist das also gegangen. Da muss einer der Favoriten gewählt worden sein. Und dann die große Freude: Habemus Papam! Als wäre es ein persönliches Geschenk an mich, so empfand ich diese Botschaft. Wir haben wieder einen Vater, der uns vorangeht.
Schließlich Erstaunen: Kardinal Jorge Bergoglio – Bergoglio? Keine Ahnung. Und dabei hatte ich doch recht intensiv das Geschehen seit dem Rücktritt Papst Benedikts verfolgt, eine Reihe von Namen war mir im Gedächtnis hängen geblieben. Aber Bergoglio…
Dann trat er auf die Loggia, Papa Francesco, ein Argentinier! Zunächst ernst, schweigend, die unübersehbare Menschenmenge auf dem Petersplatz betrachtend…. Und dann seine ersten Worte:  „Fratelli e sorelle, buona sera!“ – „Guten Abend, Brüder und Schwestern!“ Das ist nicht nur mir zu Herzen gegangen. Großer Jubel der Menge. Von da an war klar: Das neue Pontifikat wird auch einen neuen Stil prägen.
Verstärkt wurde der Eindruck durch Vieles, was Papst Franziskus in den nächsten Tagen tat: Bevor er den Segen „Urbi et Orbi“ spendet, bittet er das Volk, es möge im Gebet Gottes Segen auf seinen Dienst herabflehen; er bezahlt seine Hotelrechnung selbst; er zieht nicht in die päpstlichen Gemächer ein, trägt keine roten Schuhe; er feiert täglich die Messe mit vatikanischen Mitarbeitern und hält eine kurze Predigt, die in einfacher, anschaulicher Sprache gehalten ist und so manchen gut zitierbaren „Sager“ enthält…
Die Medien – 6000 Journalisten waren nach Rom angereist, um über die Papstwahl zu berichten, ein neuer Rekord – sind überwiegend sehr angetan: Der neue Mann gibt ewas her! Wirkt demütig, freundlich, einfach, authentisch, liebenswürdig… Der progressive Flügel in der Kirche und viele Journalisten wittern Morgenluft: Franziskus werde die verkrusteten Strukturen im Vatikan aufbrechen, offen sein für das, was sie als Anliegen der Menschen ansehen, nicht so doktrinär wie sein Vorgänger, nicht so stark den Papst hervorkehren, sondern sich als Bischof unter Bischöfen begreifen… Es ist der übliche Ansatz, die Kirche nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, um sie nach menschlichen Maßstäben umzumodeln.
Was die einen herbeisehnen, äußert sich als Besorgnis bei den anderen. Das geht so weit, dass manche betende und kirchentreue Gläubige dem neuen Papst mit äußerster Skepsis begegnen und kritisch beobachten. Sie stehen unter dem Eindruck der „Warnung“ einer anonymen „Prophetin“, die Benedikt XVI. im Internet als letzten legitimen Papst verkündet hatte und jetzt vor Papst Franziskus warnt.
Bei den unterschiedlichsten Versuchen, den neuen Papst einzuordnen, ob in Leitartikeln, Talk-Shows oder privaten Gesprächen, geschieht eigentlich meist dasselbe: Man nimmt sich selbst als Maßstab und erteilt dem, der eigentlich von Gott als Hirte aller eingesetzt ist, Zensuren – und verpasst dabei wahrscheinlich, was er uns Wichtiges zu sagen hat.
Welche Verwirrung! Und dabei wäre so viel Grund zur Freude. Es ist uns ein neuer Nachfolger des Petrus geschenkt worden! Ihm gilt dieselbe Zusage, die Jesus dem Simon in Cäsarea Philippi gegeben hat: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ (Mt 16,18) Gibt es eine sicherere Gewähr dafür, dass der Heilige Geist im Konklave auch diesmal Regie geführt hat.
Zu bedenken ist weiters: Dank einer Initiative von „Jugend 2000“ wurde wohl noch nie so intensiv für ein Konklave gebetet wie heuer. Die jungen Leute hatten dazu eingeladen, sich via Internet einen Kardinal zuweisen zu lassen, um zu beten, dieser möge sich richtig entscheiden und jenen Kandidaten wählen, den der Herr seit jeher für diesen Dienst ausersehen hat. Viele Menschen in meinem Umfeld haben sich dieser Aktion angeschlossen. Und weltweit waren es, sage und schreibe: 552 383, mehr als eine halbe Million! Diese intensive Beteiligung des Gottesvolkes am Konklave hat sicher wesentlich dazu beigetragen, dass Papst Franziskus in nur fünf Wahlgängen gewählt und dass eine weltumspannende Einheit des Kirchenvolkes spürbar wurde. Julia Kleinheinz, Mit-Initiatorin der Aktion hat dies treffend ausgedrückt: „Auf dem Nährboden von machtvollem Gebet, brennenden Herzen, echtem Mitgefühl, unglaublicher Leidenschaft und bedingungslose Hingabe für die Kardinäle entsteht eine unglaubliche Kraft und Bewegung in der Kirche - eine hochexplosive Mischung für den Hl. Geist!“
Auf diese Dynamik können wir uns auch im neuen Pontifikat verlassen. Der Heilige Geist wird auch weiterhin Regie führen. Darauf dürfen wir vertrauen, auch wenn sich manches an der Art, den Petrus-Dienst auszuüben , ändern sollte. Überraschungen gabe es ja auch nach dem Amtsantritt von Johannes Paul II.: Welch intensive Reisetätigkeit, welche Kontaktfreudigkeit, welche Meisterschaft im Setzen großer Gesten… Besonderheiten auch bei Papst Benedikt: Welche umfassende Bildung und Kenntnis der Welt, welche Fähigkeit schwierige Themen in allgemein verständlicher Sprache auszudrücken, welche Demut, Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit im persönlichen Umgang… Und so betont eben Papst Franziskus wieder mehr seine Berufung zum Bischof von Rom, sucht die Nähe zum normalen, zu einem einfacheren Lebensstil, die Nähe zu den Menschen, zu seinen – auch nicht engeren – Mitarbeitern…
Das ist ja das Wunderbare an unserer Kirche: dass jeder so sein darf, wie er ist, keine Kopie eines anderen – dass also Vielfalt möglich ist, weil es Einheit im Geistigen gibt, in den wesentlichen Fragen. Und so lebt Papst Franziskus extrovertiert, was Benedikt XVI. mehr introvertiert gelebt hat. Jedenfalls können wir sicher sein, dass im Wesentlichen Kontinuität herrschen wird.
Ein wichtiger Aspekt dieser Kontinuität ist jedenfalls die starke Betonung der Barmherzigkeit Gottes. „Erwählt aus Erbarmen“ ist der Wahlspruch von Papst Franziskus. Bei der Predigt am ersten Sonntag nach seiner Wahl in Sant’ Anna erklärte er: „Die Botschaft Jesu ist die Barmherzigkeit. Für mich ist das die stärkste Botschaft des Herrn: die Barmherzigkeit.
Indem der Papst die Barmherzigkeit betont, steht er klar und deutlich in der Linie seiner beiden Vorgänger. So war etwa schon die zweite Enzyklika Papst Johannes Paul II. „Dives in misericordia“ der Barmherzigkeit Gottes gewidmet. Und Kardinal Ratzinger erklärte noch vor seiner Wahl in der Messe „Pro eligendo Romano Pontifice“ im April 2005: „Jesus Christus ist die göttliche Barmherzigkeit in Person: Christus begegnen heißt, der Barmherzigkeit Gottes begegnen.“

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