Bei Matthäus 18,2 stellt Christus ein Kind in die Mitte und spricht: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Und nach einer Mahnung an die Jünger zur Demut fährt er fort: „Wer sich für gering hält, wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, dem wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde.“
Müssen wir über diese harten Worte angesichts unserer gesellschaftlichen Situation im Hinblick auf das Kind nicht tief erschrecken? Das Kind ist höchster Wert, sagt der Herr. Wie wahr! Das entspricht auch meiner Praxis bei der Arbeit mit Kindern: Jedes Kind, auch wenn es den Namen von Christus noch nie gehört hat, glaubt an Gott, was daran erkennbar ist, dass es Augen und Ohren weit aufmacht, wenn wir anfangen, ihm davon zu erzählen. Sie glaubt spontan, diese Wunderblume in unserem Garten – ein Zeichen dafür, dass es klüger ist als wir verkopften Erwachsenen. Es ahnt noch, wie die Wahrheit hinter der Oberfläche ist, so dass es allein schon hocherfreulich wäre, wenn wir diese innere Gewissheit des Kindes als Erwachsene wieder erreichen würden.
Deshalb mahnt Christus als erstes in diesem Passus uns Erwachsene am Beispiel des Kindes zur Eindeutigkeit, zur Festigkeit unseres Glaubens, ebenso wie auch zu einer hohen Verantwortung für das Kind.
Wir dürfen seinen Glauben nur ja nicht verschütten, sondern wir sollen ihn wecken, pflegen und ausgestalten. Ja, wer als Verantwortlicher dem Kind nicht gerecht wird, wird damit auch unserem Herrn nicht gerecht, sagt Christus apodiktisch.
Erst wenn man dieser Pointierung nachgelauscht hat, wird erkennbar, warum Christus sich hier zu dieser mächtig drohenden Mahnung steigert: Es wird dem, der dem Kind nicht gerecht wird, die ganze böse Schwere solchen Tuns zum Bewusstsein gebracht: Der Mühlstein dient dem Herrn dabei als Metapher, um das ganze Gewicht solcher Sünde zu unterstreichen. Auch das Bild des Versenktwerdens in der Tiefe des Meeres unterstreicht die absolute Verwerflichkeit von schädlichen Handlungen gegen das Kind.
Ja, wenn wir genau zuhören, erfahren wir durch einen Komparativ in diesem Satz noch eine weitere Steigerung dieser Anmahnung: Dem Übeltäter wäre ein im Meer Versenktwerden besser als die Strafe – so wird angedeutet –, die er im Gericht wirklich von Christus als Richter zu erwarten hat. Was für eine erschreckende, aber berechtigterweise harte Drohung! Unser Herr umschließt das Kind in all seiner Hilflosigkeit geradezu wie mit einer mächtigen Schutzmauer gegen böse Eingriffe!
Eine solche Klarstellung dient als erstes einmal der Abwehr unserer Selbstüberschätzung als Erziehende, besonders als Eltern: „Kevin – unser erstes Produkt ist geboren“, las ich kürzlich in einer Zeitung. Aber Kevin ist ja nicht der Besitz seiner Eltern, er ist ein Geschenk von Gott, aus Seiner Hand, in seiner ganzen Einmaligkeit von Ihm handverlesen geschaffen!
Man mache sich also anhand dieses Wortes von Christus klar, wie an die Erziehung eines Kindes heranzugehen ist. Selbstüberschätzung führt zu Anmaßung. Anmaßung kann zu unlauteren Übergriffen führen. Mit einer kostbaren Leihgabe hat man sorgfältig umzugehen. Es tut uns als Eltern gut, das an jedem Erziehungsmorgen neu zu bedenken.
Zunächst muss erst einmal in liebevoller Stetigkeit dieser Tatbestand, ja die ganze Süße, von der eine große Anziehungskraft ausgeht in Augenschein genommen werden! In die strahlenden Augen eines gesunden Kleinkindes zu schauen, lässt erahnen, dass der Mensch als das Abbild Gottes geschaffen ist.
Christa Meves