Die Begebenheit liegt schon fast 20 Jahre zurück. Bei einem Gespräch mit einem guten Freund über Glaubensfragen erklärte mir dieser, für ihn sei es kein Problem anzunehmen, dass Jesus der Sohn des Zimmermanns Joseph gewesen sei. Die heute an der Universität lehrenden Exegeten seien sich diesbezüglich ziemlich einig. Ich war entsetzt. Jesus Christus also nichts als ein Mensch wie du und ich! Und das sollte Ergebnis ernstzunehmender, theologischer Forschung sein?
Welches Ausmaß die Glaubensunterminierung und –zerstörung durch die moderne Exegese insbesondere im deutschsprachigen Raum angenommen hat, wird deutlich, wenn man das kürzlich erschienene Buch Die Bibelfälscher von Klaus Berger in die Hand nimmt. Der Autor selbst ist ein international anerkannter, emeritierter Professor für neutestamentliche Theologie, also jemand, der sich in der Materie bestens auskennt. In seinem Buch – es ist nicht immer ganz leicht zu lesen – bietet er eine große Auswahl von angeblich wissenschaftlichen Erkenntnissen moderner Exegese, setzt sich mit diesen auseinander und bietet dem Leser glaubenskonforme Deutungen der jeweils „demolierten“ Passagen der Heiligen Schrift. Oder er erklärt ihm, warum dieser oder jener Brief doch dem Apostel Paulus zugeschrieben werden könne. Seine Erklärungen leitet er dann stets erkennbar als Gegenposition ein: „Sed contra“.
Was fällt da nicht alles der Umdeutung von Exegeten – viele von ihnen sicher geleitet von dem Bestreben, die Heilige Schrift kompatibel mit dem modernen, wissenschaftlichen Weltbild zu machen – zum Opfer! Im Abschnitt „Die Zerstörung des Neuen Testaments“ findet man eine lange Liste solcher Behauptungen.
Da gibt es, wie erwähnt, die Zweifel an der Gottheit des Menschensohns: Zweifel an den Berichten über die Kindheit Jesu – alles Legenden, die man auch im Heidentum als Mythos erzählt bekomme: Maria keine „Jungfrau“, sondern eine „junge Frau“, Bethlehem nicht der Geburtsort des Herrn, keine Anbetung durch die Weisen, keine Flucht nach Ägypten…; Zweifel natürlich auch an der Auferstehung: das Grab sei nicht leer gewesen, die Auferstehung erst im Nachhinein von der frühen Christenheit erdacht worden, um Jesus mit göttlicher Autorität auszustatten…
Und überhaupt: Jesus sei verheiratet gewesen, habe nicht das Vaterunser gebetet, was Er tatsächlich gesagt habe, sei kaum klar zu eruieren. Und vor allem: Er habe niemals Petrus mit Vollmacht ausgestattet. „Ich kenne keinen Exegeten deutscher Zunge, der es wagen könnte, diesen Text für ein (echtes) Jesuswort zu halten. So wird ganz klar erkennbar: Die antipäpstliche Stimmung (…) wird von den Studierenden der Theologie in jeder Vorlesung eingesogen,“ kennzeichnet Berger die Lage.
Außerdem habe sich Jesus bei der Vorhersage des unmittelbar bevorstehenden Anbrechens des Reiches Gottes geirrt. Ganz allgemein: Alle Vorhersagen Jesu über Sein eigenes Ende und das von Jerusalem seien „Wahrsagungen, die erst nach dem Ereignis aufgestellt wurden“. Dass auch die von Jesus gewirkten Wunder keine Gnade vor aufgeklärten Exegeten finden können, überrascht dann schon gar nicht mehr. Denn alles, was einen übernatürlichen „Touch“ hat, ist im Zeitalter, in dem nur naturwissenschaftlich Nachweisbares zählt, suspekt. Daher darf es natürlich auch weder Engel noch den Teufel geben.
Wer solchen und ähnlichen heute gern kolportierten Aussagen etwas Relevantes entgegensetzen möchte, dem sei die Lektüre von Bergers Buch empfohlen.
In Die Bibelfälscher macht Klaus Berger deutlich, wie verheerend sich eine ideologisch geprägte Lektüre der Heiligen Schrift auswirkt. Sie bewirkt, dass sich der Theologe, der eigentlich Interpret von Gottes Wort sein sollte, zum Herrn über die Aussagen der Heiligen Schrift aufschwingt, die einen für relevant erklärt, andere für unbedeutend, im Nachhinein „hineingemogelt“.
Für einen Laien wirklich erstaunlich ist das Ausmaß, in dem bei diesem Zugang den Autoren der Heiligen Schrift misstraut wird. Gleich zu Beginn beschreibt das Berger: „Wie ein Kriminalist nutzt man jedes Eingeständnis der Schwäche bei der Heiligen Schrift aus, um das gewünschte Resultat zu erlangen.“ So habe man etwa die Aussage in der Apostelgeschichte, die Jünger seien „ungelehrte“ Leute (Apg 4,13) gewesen, dazu benützt, um „den Ersten Petrusbrief für unecht“ zu erklären.
Dass man auch anders an die Heilige Schrift herangehen kann, hat zuletzt vor allem Papst Benedikt XVI. mit seinen drei Bänden Jesus von Nazareth bewiesen. Und auch Klaus Berger zeichnet in einem Abschlusskapitel Konturen einer „Exegese der Zukunft“. Es gehe darum, „sich auf die Logik der Bibel einzulassen“ und sie nicht durch den Raster einer ideologisch geprägten Lektüre zu zwängen.
Christof Gaspari
Die Bibelfälscher – Wie wir um die Wahrheit betrogen werden. Von Klaus Berger. Pattloch, München 2013, 351 Seiten, 17,99 Euro
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