Die Verkündigung des Evangeliums entsteht aus der Unentgeltlichkeit, aus dem Staunen über das Heil, das kommt, und was ich umsonst empfangen habe, muss ich umsonst geben. Und am Anfang waren sie so. Der heilige Petrus hatte kein Konto auf der Bank, und als er die Steuern entrichten sollte, hat ihn der Herr ans Meer geschickt, um einen Fisch zu fangen und ein Geldstück in diesem Fisch zu finden, um damit zu bezahlen. Als Philippus auf den Wirtschaftsminister der Königin Kandake getroffen ist (vgl. Apg 8,27ff), hat er nicht gedacht: „Ah, gut, schaffen wir eine Organisation zur Unterstützung des Evangeliums“... Nein! Er hat keinen „Handel“ mit ihm abgeschlossen: er hat verkündigt, getauft, und ist dann weitergezogen.
(…)Alles ist Gnade, alles. Und was sind die Zeichen dafür, dass ein Apostel die Unentgeltlichkeit lebt? (…) Die Verkündigung des Evangeliums muss die Straße der Armut beschreiten. Das Zeugnis dieser Armut: ich habe keine Reichtümer, mein Reichtum besteht allein in dem Geschenk, das ich empfangen habe, in Gott. Diese Unentgeltlichkeit: das ist unser Reichtum! Und diese Armut bewahrt uns davor, zu Organisatoren, zu Unternehmern zu werden... Die Werke der Kirche müssen vorangebracht werden, und einige sind komplexer; doch mit einem Sinn der Armut, nicht mit einem Sinn für Investitionen oder dem eines Unternehmers, nicht? (…) Die Kirche ist keine NGO: sie ist etwas Anderes, Wichtigeres, und sie entsteht aus dieser Unentgeltlichkeit, die empfangen und verkündigt wird.
Predigt im vatikanischen Gästehaus „Domus Sanctae Marthae“ am 10.6.13
Wie oft hört man sagen: „Ach, ihr Christen, seid doch ein bisschen normaler, so wie die anderen, vernünftig halt!.“ Das ist eine Rede wie von Schlangenbeschwörern, genau so: „Nun seid doch so, nicht? Ein wenig normaler, seid doch nicht so unnachgiebig...“ Doch hinter solchen Worten steht: „Nun, jetzt kommt mal nicht mit solchen Geschichten, dass Gott Mensch geworden ist!“ Die Menschwerdung des Wortes, das ist der Skandal, das Ärgernis, das dahinter steht!
Wir können alle möglichen sozialen Werke tun, und sie werden sagen: „Ach, wie gut ist die Kirche doch, welch gutes soziales Werk tut doch die Kirche.“ Wenn wir aber sagen, dass wir das tun, weil jene Menschen das Fleisch Christi sind, dann kommt es zum Ärgernis. Und das ist die Wahrheit, das ist die Offenbarung Jesu: jene Gegenwart des Mensch gewordenen Jesus
(…) Immer wird die Versuchung gegeben sein, Gutes zu tun ohne das Ärgernis des fleischgewordenen Wortes, ohne das Ärgernis des Kreuzes. (…) Jene, die leugnen, dass das Wort im Fleisch gekommen ist, gehören zum Antichrist, sie sind der Antichrist.
Die Kirche ist keine kulturelle, religiöse, soziale Organisation. Die Kirche ist die Familie Jesu. Die Kirche bekennt, dass Jesus der Fleisch gewordene Sohn Gottes ist: Das ist das Ärgernis, der Skandal, und deswegen verfolgten sie Jesus. Und am Ende sagt der Hohepriester das, was Jesus diesen Leuten nicht sagen wollte – „mit welchem Recht tust du das alles?“: „Jetzt sag doch endlich: bist du der Sohn Gottes?“ – „Ja.“ Zum Tod verurteilt, aus diesem Grund. Das ist der Mittelpunkt der Verfolgung. Wenn wir vernünftige Christen werden, soziale Christen, nur Wohlfahrtschristen – was wird die Folge sein? Dass wir nie Märtyrer haben werden: das wird die Folge sein.
Predigt im vatikanischen Gästehaus „Domus Sanctae Marthae“ am 1.6.13