Dass Menschen wegen des päpstlichen Lehramts die Kirche verlassen, wird medial gern breitgetreten. Aber es gibt auch solche, die gerade wegen der Klarheit dieser Lehre den Weg in die Kirche finden. Christa Meves gehört zu diesen – und sie ist wahrlich nicht die Einzige! Sie erzählt, welche Einsichten sie dazu bewegt haben.
Als ich ein Kind war – von frommen evangelisch-lutherischen Eltern 1925 in Holstein zur Welt gebracht –, lernte ich sowohl in der Schule, wie im Konfirmandenunterricht, dass es außer unserem „richtigen“ Glauben, auf den die Mehrheit getauft war, noch eine andere Konfession, die Katholiken gäbe, veraltet zwar – so hieß es –, aber in Süddeutschland noch präsent, mit Hauptsitz in Rom, mit einem sogenannten Papst.
Dieses Amt habe unser großer Reformator Luther glücklicherweise abgeschafft; denn dieser Mensch dort sei ein unguter Herrscher. Er beute seine Untertanen aus.
Als Jugendliche lernte ich darüber hinaus im Geschichtsunterricht, was für schlimme Gesellen es im Laufe der Zeit auf dem römischen Thron gegeben habe und wie sie ihre Macht mit kriegsauslösenden Eingriffen missbraucht hätten. Meine antikatholische Einstellung war also als ignorantes Vorurteil zunächst durch schulische Indoktrination fest verankert worden.
Als sich mein Horizont ein wenig erweiterte, wurde dieses Vorurteil zunächst durch eine allgemeine Erfahrung mit den Menschen angekratzt. Was war das gewesen in der Kindheit: dieses einheitliche einem Dämon Zujubeln, einem Rattenfänger, der ein ganzes Volk freiwillig ins Verderben trieb? Hingegen hatte es tapfere Priester gegeben, die – ihrem Papst gehorchend – bis zum Märtyrertod, ihre Gemeinden vor dem falschen Weg warnend, bei der Wahrheit geblieben waren.
Hier schon lernte ich also, wie schwach, wie verführbar wir Menschen sein können, ja, dass durch Massenjubel geradezu ein Sog entsteht, der die Menschen wie Schafe auf dem gleichen Ton blöken lässt und Massen von Mitläufern produziert.
Wie aber das Böse des Einbläsers rechtzeitig erkennen? Mit Recht hat Christus uns deshalb im Evangelium als Schafe bezeichnet, die durch ihre Schwachheit grundsätzlich der Gefahr ausgesetzt sind, bösen Anführern nachzulaufen. Nachahmer sind wir, gibt der Herr uns damit zu verstehen, Nachläufer, die dringend der Stimme bedürfen, die die Herde auf den rechten Weg und in den rechten Stall zu geleiten vermag. Und ist es dann nicht vielleicht geradezu notwendig, dass unser Herr, die einzig wahre Stimme für uns, auf Erden einen Stellvertreter hat, der durch eine kompetente Ausbildung im Glauben und durch seine Begnadung mit Heiligem Geist den zum Irrtum neigenden Menschen für die Konkretionen ihres Lebens z.B. mit einem Lehrbuch, dem Katechismus als Grundlage, und vielen Lehrschreiben rechte, zeitgemäße Weisungen bereitstellt?
Für mich als Psychologin war aber noch ein langer Weg nötig, um zu begreifen, dass sich nicht etwa nur eine Mannschaft kluger Menschen in der kirchlichen Urgemeinschaft eine solche Notwendigkeit ausgedacht hat, sondern, dass diese Vorgabe schon als ein tiefes allgemeines Bedürfnis nach einem wegweisenden hohen Vorbild in unserer Menschenseele festgeschrieben ist: Global gibt es Hochfeste, durch die das sichtbar wird.
Nichts erzeugt heute im Fernsehzeitalter mehr Einschaltquoten als Sendungen, in denen bei hohen Festen, wie z.B. Ostern, der römische „König“ in Erscheinung tritt. Und diese Sehnsucht, den König zu sehen, ihm live zu begegnen, schlägt sich auch in allen weltlichen Sendungen mit solchen heiligen festlichen Ereignissen nieder. Milliarden Menschen auf dem Globus hatten das intensive Bedürfnis, die Hochzeit von Kronprinz Charles und Lady Diana anzusehen, ebenso wie bei dem norwegischen Kronprinzen Haakon mit dem Aschenputtelchen Mette-Marit. Die Reihe ließe sich beliebig verlängern.
Dies war für mich eine weitere Einsicht darüber, dass vermutlich auch beim Papsttum von Gott eine königlich herausragende Gestalt in einer führenden Funktion durch das höchste Amt in der Kirche vorgegeben ist. Es gibt in jedem von uns ein Streben, sich dem königlich Erhabenen anzunähern, als ein mühevolles Hinansteigen zum Berggipfel hinauf im Entfaltungsprozess eines jeden Menschen.
Das ist ein gewagter Vergleich, aber enthält die Schöpfung dieser Erde nicht auch sonst strukturelle Gesetzlichkeiten, so dass große Strukturen Entsprechungen im Kleinen aufweisen?
Mit Recht hat Goethe deswegen an seinem Lebensende am Schluss des Faust II postuliert: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis“ – ein Gleichnis Gottes, das ist offensichtlich gemeint, genauso wie Christus selbst in Gleichnissen die Grundstrukturen des Menschen zum Ausdruck gebracht hat. Ein Gleichnis ist deshalb auch die Zuweisung an Simon, ein „Fels“ sein zu sollen, ein Fischer, von Gott zum „Menschenfischer“ erhoben, einer, nun mit dem Namen Petrus, den der auferstandene Christus noch einmal nachhaltig in dieser Aufgabe festschreibt: „Weide meine Lämmer,“ sagt er und in Wiederholung: „Weide meine Schafe.“ Das ist zweifellos Papstzuweisung durch Gott selbst.
Weil dieses Amt als Hilfe für den schwachen Menschen von Gott vorgegeben ist, geht auch von hier die Einrichtung einer Hierarchie von „befugten Insidern“ aus, den Bischöfen und ihren Gemeinden. Nur von Männern getragen ist diese Hierarchie, weil Gott den Mann bereits im Mutterleib hormonell für solche väterliche Aufgaben vorbereitet. Und Ehelosigkeit erfordert diese Aufgabe, weil sie direkter, heiliger Führungsdienst ist. Bei Absolutheit dieser Art hat Zerstreuung durch vielfältig Irdisches keinen Platz.
In meiner Lebensgeschichte war ein langer Weg zu dieser Erkenntnis nötig, bis das große Wort über den Petrus im Johannes-Evangelium auch für mich zu einer Wahrheit wurde, die mich sehr wach machte für die Verlautbarungen des Papstes aus Rom. Je mehr unsere Zeit dadurch, dass sie sich von der Angel Gottes losriss, in Wirrnis geriet, umso nötiger ist für jeden von uns ein Festhalten an den ehernen Wahrheiten, mit denen uns das Evangelium beschenkt.
Heute, beim Heranstürmen der verführerischen Dampfwalze des Mainstreamseins ist es auch für den Lutheraner zu schwer geworden, dass sich sein Gewissen allein als Berater bewähren könnte. Uns Katholiken hingegen ist deshalb aus Rom in den vergangenen 30 Jahren eine Fülle von Lehrschreiben übermittelt worden. Welche klare Sicht in schwerer Brandung!
Gewiss, selbst das Papsttum lässt sich missbrauchen, aber die Hoffnung auf weise Führung darf jeder von uns Katholiken haben. Wie berechtigt sie ist, hat sich in dieser Zeit, in der der Teufel umhergeht wie ein brüllender Löwe, mit dem Geschenk der beiden letzten Päpste, Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gezeigt. Der römische Leuchtturm gibt uns Halt bei der jetzt für jeden von uns anstehenden endgültigen Entscheidung für oder gegen das Christentum. Ohne einen solchen Halt lässt sich der geistige Kampf heute kaum bestehen.
Ja, in unserer Situation heute brauchen wir als Kirchenvolk die am Evangelium ausgerichteten Maßgaben aus Rom mehr als unser tägliches Brot.