VISION 20001/2014
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Hier geht es um die Menschenwürde

Artikel drucken Prostitution: eine Debatte, die falsch läuft (Charles-Henri d’Andigné)

Sind Sie für oder gegen die Prostitution? Diese Debatte wird heute in mehreren Ländern geführt – und sie läuft total falsch. Da sind etwa einerseits 343 Pariser Dandys, die sich wichtig machen und die „Freiheit“verteidigen, sich zu prostituieren und entgeltliche „Liebesdienste“ zu kaufen. Auf der anderen Seite argumentieren Feministinnen, die zwar für das „Recht über den eigenen Körper zu verfügen“ eintreten, wenn es um die Familienplanung geht, die in dieser Frage aber beteuern, die Prostituierten wären jeglicher Freiheit beraubt.
Sowohl die einen wie die anderen liegen daneben. Einfach, weil sie das Problem nur aus dem Blickwinkel der Freiheit betrachten. Die Prostituierte macht eben das, was sie will, sagen die einen; nein, sie wird dazu gezwungen, antworten die anderen. Eine unergiebige Debatte: Denn man wird immer, sowohl für das eine wie für das andere Beispiele finden.
Im Grunde genommen aber geht es hier um die Frage der menschlichen Würde. Ob man will oder nicht: Wenn sich jemand prostituiert – und es geht da nicht nur um Frauen –, so handelt die Person gegen ihre Würde als Mensch – geschaffen als Gottes Abbild. Sie macht aus ihrem Leib ein Mietobjekt. Und derjenige, der diese Person nun seinerseits mietet, verstößt durch diese Handlung gegen seine eigene Würde. Das Gleiche gilt für die barbarische Praktik des Zwergenweitwurfs: entwürdigend für die Person, die sich als Wurfobjekt zur Verfügung stellt, entwürdigend für denjenigen, der sie wirft, und entwürdigend für die Idioten, die lachend zuschauen.
Wenn nun aber alle Beteiligten einverstanden sind, was dann? Wenn eine Frau rational die Entscheidung trifft, ihre Reize gegen Geld zu verkaufen? Wenn ein Zwerg zu der Ansicht kommt, es sei in seinem Interesse, an so einem Spektakel teilzunehmen? Was dann?
Um all das geht es nicht. Wenn diese Personen sich so verhalten, wenn sie sich in ihren eigenen Augen und denen der anderen so sehr erniedrigen, so liegt das daran, dass sie mit einem falschen Begriff von Würde verseucht sind. Einer Würde, die sich jeder selbst zurechtschneidert. Eine Würde nach dem Motto „Ich und mein Leib, meine Wünsche“, eine Würde „Jeder macht, was ihm passt“, wie es das Chanson besingt…
Aber: Schon von ihrer Definition her ist die menschliche Würde integrierender Bestandteil des Menschseins. Sie muss an sich geschützt werden. Sie hängt weder vom Geschlecht, noch von der Rasse, von der Gesundheit oder der Schwäche ihres Trägers ab. Sie ist unabhängig von der Vorstellung, die man sich von ihr macht. Man ist sich dieser Würde bewusst – oder eben nicht.
Sie ist nicht abhängig von der Vorstellung, die ich von ihr habe. Wäre dies der Fall, wäre das Tor für jede Art von Ausbeutung, von Gewaltanwendung, ja für jede Art von Unmenschlichkeit, die uns das 20. Jahrhundert so erschreckend vor Augen geführt hat, weit offen. Wenn jeder für sich selbst über die Würde entscheiden dürfte, wen sollte man dann daran hindern, über die Würde der anderen zu entscheiden?  Die menschliche Würde ist eine objektive Gegebenheit – oder es gibt sie überhaupt nicht.
Charles-Henri d’Andigné

Aus Famille Chrétienne v. 16.-22.11.13

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