VISION 20002/2002
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Der Herr der Welt

Artikel drucken Ein Roman über die Endzeit (Wolfram Schrems)

Den geistig und religiös interessierten Zeitgenossen empfiehlt C. S. Lewis, viele alte Bücher, aus vergangenen Epochen vorzugsweise, zu lesen, um den typischen blinden Flecken und Einseitigkeiten der jeweiligen Gegenwart sicherer zu entgehen. Ein solches Buch, das unsere jetzige Situation gleichsam von außen deuten und dem Leser die Augen öffnen kann, soll im folgenden vorgestellt werden:

Der zuerst anglikanische, später katholische Priester Robert Hugh Benson legte bereits 1907 mit diesem Roman eine literarische Ausformulierung und Konkretisierung der endzeitlichen Vorhersage des Neuen Testamentes (Mk 13, Johannesapokalypse u.a.) vor. Das Werk beruht auf der heute von vielen Seiten bestrittenen Überzeugung, daß die entsprechenden Aussagen der Apokalyptik über die zu Ende gehende Geschichte tatsächlich etwas Konkretes, Historisches und Faßbares bedeuten.

In diesem Rahmen entfaltet der Autor eine sehr spannende Handlung: Die Welt hat zum größten Teil den Glauben an Christus aufgegeben, viele Priester und Laien fallen von der Kirche ab. Eine kirchliche Stelle kommentiert, “daß nicht die Verfolgung das größte Übel sei, sondern die neuerwachte Begeisterung für die Humanität ... Die Menschen hatten sich plötzlich in die Menschheit verliebt."

Das Freimaurertum agitiert gegen den übernatürlichen Charakter des Glaubens: “In normalen Zeiten konnte auch eine laxere Auffassung von Religion bestehen, in diesen stürmischen Tagen aber blieben nur die reinen und bescheidenen Herzen standhaft. Die moderne Psychologie im Verein mit dem Materialismus schien auch auf die letzten Fragen eine Antwort zu haben. Es bedurfte schon einer übernatürlichen Geistesschärfe, um ihre Trugschlüsse zu entlarven."

Nach mehr oder weniger spontanen Progromen an Katholiken durch aufgehetzte Menschenmassen beschließt die Weltregierung die organisierte Beseitigung der Gläubigen mittels “humaner und barmherziger Euthanasie". Zur Begründung dafür wird vorgebracht, daß die Christen mit ihrem Glauben an einen überweltlichen Gott den Weltfrieden gefährdeten. Denn dieser beruhe auf der Einheit aller Menschen.

Der Betreiber der Welteinigung ist ein charismatischer Friedensstifter und Sozialreformer, der sich als vollkommener Ersatz- und Gegen-Christus erweist und von der fanatisierten Menschheit göttliche Huldigung entgegennimmt. Sein Gegenspieler ist ein englischer Priester, der nach der Auslöschung Roms zum Papst gewählt wird und sich in Nazareth niederläßt. Soweit zur Handlung.

Das Werk ist zweifellos drastisch und in manchen Schilderungen auch brutal. Aber vieles von dem, was der Autor an den “Zeichen der Zeit" vor dem Ende der Geschichte vor knapp 100 Jahren dargelegt hat, ist zweifelsfrei eingetreten : Personenkult um Diktatoren in ehemals christlichen Völkern, der gewaltige Einfluß des Freimaurertums im zivilen und kirchlichen Leben bis in Kardinalsränge hinauf, die innere Zersetzung des Glaubens, der zu einem rein politisch-sozialen Handeln umgedeutet wird ...

Benson übertreibt keineswegs, wenn er die Verführbarkeit des entwurzelten Massenmenschen in bizarren Bildern darstellt - diverse Parteitage im 20. Jahrhundert haben seine Schilderungen noch in den Schatten gestellt. Er übertreibt auch nicht, wenn er den internationalen Organisationen und Staatenbünden der Zukunft diktatorische Machtausübung zuschreibt, denn derartige Dinge zeichnen sich besonders seit 1918 ab. Insofern wird sich der Leser wahrscheinlich öfter wünschen, der Autor hätte unrecht.

Allerdings geht es im christlichen Glauben bekanntlich nicht um die Wohlfahrt der Völker und auch nicht um hausgemachten Weltfrieden, sondern um das endgültige Heil des einzelnen, freien, von Gott berufenen und Ihm allein verantwortlichen Menschen. Auch die Spötter und Verfolger müssen sterben und sich vor der höchsten Instanz verantworten.

Bensons Werk bringt, wie seine biblischen Vorbilder, tröstlich zum Ausdruck, daß auch große äußere Schwierigkeiten für einen Christen niemals ein Hindernis sein können, in innerem, von der Welt nicht zu zerstörenden Frieden sein Leben zur Erfüllung zu bringen.

Wolfram Schrems

Der Herr der Welt, Robert Hugh Benson, Preis: 15,80 Euro

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