VISION 20002/2002
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Eucharistie: Mitte des Lebens

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Die Herausgeber legen eine Sammlung von Texten Kardinal Ratzingers zur Eucharistie und zu ezelnen ihrer Aspekte vor. Es handelt sich also um keine systematische Abhandlung, sondern um einzelne Betrachtungen, unter denen man nicht wenige wertvolle Einsichten findet. So schreibt der Autor etwa zum tiefsten Grund des Feierns: “Zu allen Zeiten und in allen Völkern haben die Menschen in ihren Festen letztlich vesucht, die Tür des Todes aufzustoßen. Ein Fest bleibt solange oberflächlich, bloße Zerstreuung und Betäubung, so lange es an diese letzte Frage nicht rührt. Der Tod ist die Frage aller Fragen und wo er ausgeklammert wird, ist letztlich keine Antwort gegeben. Nur wo er beantwortet wird, kann der Mensch wahrhaft feiern und frei werden. Das christliche Fest, die Eucharistie, reicht bis in diese Tiefe des Todes hinunter."

Es wird öfter der für den christlichen Glauben zentrale Gedanke näher ausgeführt, daß die im Alten Testament und im Heidentum durch “tastende Versuche" angestrebte Versöhnung des Menschen mit Gott in Jesus Christus historische und sakramental-greifbare Realität geworden ist.

Es gibt - gegen verschiedene Zeitströmungen - klärende (wiewohl nobel vorgetragene) Worte über das Objektive und Unverfügbare in der Liturgie, gegen den Gestaltungswahn und gegen die Interkommunion (die widersinnig und unerlaubt ist). Der Autor übt Kritik an nachkonziliaren Verstümmelungen und Zerstörungen in der Liturgie, aber auch an denen, die der Kirche und dem Konzil an sich pauschal Abfall vom Glauben und Verrat an der Liturgie vorwerfen. (Die Argumentation des Autors für die Formel “für alle" im Einsetzungsbericht überzeugt den Rezensenten allerdings nicht.)

Eine alte Einsicht, die derzeit publizistisch besonders verhöhnt wird, vermittelt der Kardinal dem Leser, vor allem dem sozialkaritativ interessierten oder tätigen, wenn er schreibt: “Die Abstumpfung der Gewissen ist das Einlaßtor der Gewalt, die die Welt verwüstet. ... Die Reform der menschlichen Verhältnisse beruht zuallererst auf der Bestärkung der sittlichen Kraft."

Treffende Bemerkungen zum richtigen Verständnis der ewigen Erfüllung, die in der Zeit beginnt, zur Öde und Verzweiflung des nur-weltlichen Lebens und zum Kampf gegen das Böse (anstelle der Propaganda von der idealen Gesellschaft) finden sich gegen Ende des Buches.

Die relativ kurzen Texte eignen sich gut zur Vertiefung des katholischen Verständnisses des zentralen Mysteriums im kirchlichen Glaubensvollzug. Dem Rezensenten ist es angesichts der Noblesse des Autors kaum verständlich, wie jemand, der so konziliant und im besten Sinn des Wortes pastoral argumentiert, zur Zielscheibe unqualifizierter und beleidigender Kritik werden kann (noch dazu, ohne daß sich die Hirten und die Gläubigen sofort hinter ihn stellen).

Zwei Kritikpunkte müssen auch erwähnt werden: Erstens ist eine Sammlung von Ansprachen, die teilweise schon länger zurückliegen, immer in Gefahr, unaktuell zu wirken. Die Beiträge sind zum Teil Auszüge aus anderen Büchern und können somit nicht einfach als “unveröffentlicht" bezeichnet werden. Die Gestaltung des Einbandes und der Einbandtext sind daher irreführend. Das Buch ist entgegen der Erwartung eben nicht aus einem Guß.

Zweitens sind dem Lektorat Druckfehler entgangen. Man sollte sich allerdings dadurch keinesfalls von einer gewinnbringenden Lektüre abhalten lassen.

Wolfram Schrems

Joseph Kardinal Ratzinger, Gott ist uns nah - Eucharistie: Mitte des Lebens, Hg. von Stephan Otto Horn und Vinzenz Pfnür, St. Ulrich Verlag Augsburg 2001, 160 Seiten, Preis: 15,40 Euro

Diese und andere Bücher können bezogen werden bei: Christoph Hurnaus, Waltherstr. 21, 4020 Linz, Tel/Fax: 0732 788 117; Email: hurnaus@aon.at

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