Vom „lieben Gott“ ist noch immer viel die Rede, ohne daß aber die Ernsthaftigkeit und Konsequenz des Glaubens an Gott und seine Liebe dabei stets spürbar würde. Der weithin bekannte Zisterzienserpater Karl Josef Wallner, Dogmatikprofessor und Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Heiligenkreuz, hat mit seinem jüngsten Buch die Got?tesfrage wieder an den ihr gemäßen Platz gerückt: in die Mitte.
Die „nebensächlichen Frustthemen“ innerkirchlicher Debatten läßt er einfach links liegen, plädiert dafür, „die thematische Peripherie zu verlassen und uns auf die Substanz des christlichen Glaubens zu konzentrieren“, um Herz und Hirn auf das Wesentliche zu richten: auf den Glauben an den dreifaltigen Gott.
Die Trinität ist bei Karl Wallner nicht ein Spekulationsobjekt für Dogmatiker oder ein Gustostückerl für theologische Feinspitze, sondern Mitte und Kern des christlichen Glaubens. Die Existenz Gottes ist, wie der Autor in guter katholischer Tradition darlegt, aus den geschaffenen Dingen erkennbar: „Er beweist seine Existenz durch die Werke, die er geschaffen hat.“ Nicht die mit der Vernunft erkennbare und von vielen Religionen gelehrte Existenz Gottes, sondern das aus der Selbstmitteilung Gottes ruhende „Wie“ Gottes ist das zentrale Thema des Buches.
Inmitten eines Booms esoterischer und fern?östlicher Spiritualitäten setzt der Autor klar auf das Alleinstellungsmerkmal des christlichen Glaubens: „Auf dem Markt des religiösen Pluralismus wäre es fatal, wenn wir das, was unseren Glauben in seinem innersten Grund ausmacht, nicht herausstellen, sondern verstecken würden.“
Die Einzigkeit Gottes sei den Christen nicht nur philosophisch, sondern auch biblisch heilig. Durch die Menschwerdung des Logos aber offenbart sich dieser einzige Gott „als in sich differenziert“, so der Autor: „Gott ist von Ewigkeit Differenz und Identität.“ Als Verstehenshilfe für die Dreifaltigkeit bietet Karl Wallner, theologisch mutig, die eheliche Gemeinschaft an, „in der Mann und Frau in einem geistigen Bund vereint sind“.
Der Autor stellt sich den Schwierigkeiten, den Heiligen Geist zu denken, ohne das Unfaßbare durch Banalisierung doch noch fassen zu wollen: „Der Heilige Geist ist die Einheit der Verschiedenheit von Vater und Sohn in Gestalt einer neuen göttlichen Person.“ Wie aus dem Zweierbund von Mann und Frau das Kind als Drittes hervorgehe, so entsteige „der Geist als Zeuge und Bürge der Liebeseinheit von Vater und Sohn“.
Karl Wallner sieht klar, daß die heutige Suche nach dem Spirituellen an sich noch keine Neubesinnung auf den Heiligen Geist ist, sondern vielmehr die Gefahr birgt, „daß gerade jene anderen Geister einkehren, die dem Heiligen Geist keinen Raum lassen“. Christliche Spiritualität ist im Gegensatz zur alten wie aktuellen Gnosis keine diffuse Suche ins Unbekannte hinein, sondern „Ant-Wort auf die Liebe Gottes“. P. Karl widerspricht den Selbsterlösungstrends von der Gnosis bis „New Age“: Auch in der uns geschenkten Erlösung ist es der dreifaltige Gott, der rettet.
„Nur wenn Gott trinitarisch ist, dann kann er – unbeschadet seiner inneren göttlichen Absolutheit und Glückseligkeit – das Leiden mit dem Menschen teilen, ohne im Leiden und Sterben seiner Gottheit verlustig zu gehen.“ Ein solches Denken ist dem Islam, der Jesus als Prophet verehrt, aber Inkarnation und Erlösungstat nicht annehmen kann, völlig fremd.
Der Kern der Offenbarung Jesu Christi liege darin, „daß er uns den unsichtbaren Gott, seinen Vater, als unseren Vater enthüllt“. Christus will, „daß wir erkennen, daß sein Vater auch unser Vater sein will“.
Das vorliegende Buch ist eine gediegene christliche Gotteslehre, allerdings nicht als Heerschau dogmatischer Gelehrsamkeit und somit nur für Theologen, sondern nahezu ohne theologische Akrobatik, für ein breites, dem Kinderglauben entwachsenes Publikum. Der Autor streitet wider „die neblige Atmosphäre des Relativismus“, denn er ist davon überzeugt, daß „das Christentum in Zukunft apologetischer, missionarischer und selbst-bewußter werden muß“. Mit seinem aktuellen Buch hat er einen kraftvollen Beitrag dazu geleistet.
Stephan Baier
Wie ist Gott? Die Antwort des christlichen Glaubens. Von Karl Josef Wallner, Media Maria Verlag 2010, 255 Seiten, 17,95 Euro. .