Ein Autounfall hat ihr Leben von einem Tag auf den anderen total verändert. Sie stand vor der Wahl: Am Leben zu verzweifeln oder die neuen Bedingungen als Herausforderung anzunehmen. Sie entschied sich für das Leben.
Ich bin genau 1,29 Meter groß, wenn ich in meinem Rollstuhl sitze – und das hilft mir, die Welt nicht von oben herab zu betrachten. Ich bin seit 27 Jahren querschnittgelähmt. Und zwar genau seit diesem 4. August 1986, an dem mein Mann eben zu schnell mit dem Auto unterwegs war. Er hat die Kontrolle über das Fahrzeug verloren; wir sind in ein Feld hinuntergestürzt; fünfmal überschlagen und dann: alles schwarz…
Als ich wieder zu mir kam, waren meine Beine weg – und mein Mann auf der Stelle tot. Unsere drei Kinder auf den Hintersitzen haben das Ganze ohne allzu großen Schaden überstanden, außer Helena, unsere jüngste Tochter. Ein Gehirntrauma wird sie ihr Leben lang behindern. Aber sie lehrt mich die Freude!
Ich liebte meinen Mann zu sehr, um ihm ernsthaft böse zu sein. Ein Jahr lang im Spitalsbett hatte ich genug Zeit, um zu beten und nachzudenken. Ich stand vor der Wahl: das Leben zu wählen – oder eben diesen langsamen Tod, den das dauernde Klagen in meinen Augen darstellt, das sich ängstlich in sich selbst Verschließen. Ich habe das Leben gewählt. Und ich habe Ihn, das Leben selbst gewählt: „Herr, ich bin zu nichts mehr imstande: Ich bin gezwungen, Dich handeln zu lassen. Da mein Mann tot ist, sei Du mein Bräutigam!“ In meiner Ohnmacht beschloss ich, Ihn handeln und mich ernähren zu lassen.
Der Unfall hat die Dinge an ihren Platz gerückt. Jetzt kann ich nicht mehr mogeln, ich konzentriere mich auf das Wichtigste. Materiell bin ich verwöhnt, ich habe die Möglichkeit, es mir gut gehen zu lassen: zu malen, Freunde zu sehen. Ich nütze das aus, lasse mich aber nicht von Überflüssigem verleiten, noch vom Schein verführen.
Sicher, ich habe ein positives Naturell, einen begeisterungsfähigen und kämpferischen Charakter. Die tiefe Freude jedoch, die mich bewegt, wurzelt meiner Meinung nach in meinem christlichen Glauben von Kindheit an. Am Tag meiner Firmung hat sich mein Leben verändert. Seither hat mich der Heilige Geist nicht mehr verlassen: der Geist der Stärke und des Rates, auf den ich Tag für Tag angewiesen bin, weil ich mich so oft einfach überfordert fühle…
Ich bin kein Rollstuhl! Ich bin dieselbe Marine wie vorher: eine lebendige Frau, die Dank sagt, die aber im Feuer der Prüfung geläutert worden ist. Ich koste jeden Augenblick meines Lebens aus, besonders die Freude, die mir meine Kinder und Enkel bereiten – sie kommen und kuscheln sich auf meine tauben Knie wie in eine Babytragtasche.
Das hindert mich nicht daran zu denken, dass mich mein Bräutigam erwartet – und mein Ehemann. Wenn es dann soweit ist, wird das die einzige Tempoüberschreitung sein, die ich mir leisten werde.
Aus „Famille Chrétienne“ v. 4.1.14