Wir wissen: das Leben ist heilig und unantastbar. Jedes zivile Recht fußt auf der Anerkennung des ersten und fundamentalen Rechts, des Rechts auf Leben, das keiner Bedingung unterworfen ist, weder qualitativer noch ökonomischer und erst recht nicht ideologischer Art.
„Ebenso wie das Gebot ,Du sollst nicht töten’ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen sagen. Diese Wirtschaft tötet. ... Der Mensch an sich wird wie ein Konsumgut betrachtet, das man gebrauchen und dann wegwerfen kann. Wir haben die Wegwerfkultur eingeführt, die sogar gefördert wird" (Evangelii gaudium, 53). Und so wird auch das Leben weggeworfen.
Eine der schlimmsten Gefahren, denen diese unsere Zeit ausgesetzt ist, ist die Trennung zwischen Wirtschaft und Moral, zwischen den von einem Markt, der über jede technologische Neuheit verfügt, angebotenen Möglichkeiten und den elementaren ethischen Normen der menschlichen Natur, die immer mehr vernachlässigt wird. Es ist daher notwendig, jedem direkten Angriff auf das Leben – vor allem das unschuldige und wehrlose Leben – den entschlossensten Widerstand entgegenzusetzen, und das Ungeborene im mütterlichen Leib ist die Unschuld schlechthin.
Rufen wir uns die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils in Erinnerung: „Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige Verbrechen“ (Gaudium et spes, 51).
Ich erinnere mich an eine Konferenz mit Ärzten, bei der ich vor langer Zeit war. Nach der Konferenz habe ich die Ärzte begrüßt – das ist jetzt sehr lange her. Ich habe also die Ärzte begrüßt, mit ihnen gesprochen, und einer von ihnen nahm mich zur Seite. Er hatte ein Paket und sagte zu mir: „Pater, ich möchte Ihnen das hier geben. Das sind die Instrumente, die ich benutzt habe, um Abtreibungen vorzunehmen. Ich bin dem Herrn begegnet, habe bereut, und jetzt kämpfe ich für das Leben.“ Er hat mir die ganzen Instrumente gegeben. Betet für diesen rechtschaffenen Mann!
Wer Christ ist, der hat immer die Aufgabe, dieses dem Evangelium entsprechende Zeugnis abzulegen: das Leben voller Mut und Liebe in allen seinen Phasen schützen. Ich ermutige Euch, das immer mit dem Ausdruck der Nähe, der Verbundenheit zu tun: dass jede Frau sich als Person angesehen fühlen möge, der man zuhört, die man annimmt, die man begleitet.
Wir haben von den Kindern gesprochen, hier sind heute viele! Doch ich möchte auch über die Großeltern sprechen, die andere Seite des Lebens! Denn wir müssen uns auch um die Großeltern kümmern, weil die Kinder und die Großeltern die Hoffnung eines Volkes darstellen. Die Kinder, die jungen Menschen, weil sie es voranbringen, sie werden dieses Volk voranbringen; und die Großeltern sind, weil sie über die Weisheit der Geschichte verfügen, das Gedächtnis eines Volkes. Das Leben in einer Zeit schützen, in der Kinder und Großeltern in diese Wegwerfkultur hineinkommen. Sie werden als Material betrachtet, das man wegwerfen kann. Nein! Die Kinder und die Großeltern sind die Hoffnung eines Volkes!
Ansprache an italienische Pro-Life-Gruppen am 11.4.2014 übersetzt von Claudia Reimüller in Die Tagespost v. 19.4.14