VISION 20004/2014
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Gott will Zeugen für Seine Liebe

Artikel drucken Ein Appell, den Glauben auch öffentlich zu bekunden (Von Weihbischof Andreas Laun)

Der vorherrschende Zeitgeist will den Glauben in die Privat­sphäre verdrängen. Umso wichtiger wird es daher, sich in angemessener Weise auch in der Öffentlichkeit zum Glauben an Jesus Christus und zu Seiner Lehre zu bekennen.

Aus der Zeit des arianischen Streites um die Frage, ob Jesus wirklich Gottes Sohn ist oder eben nicht, ist eine Auseinandersetzung zwischen einem kaiserlichen Präfekten und  Bischof Basilius überliefert, die einen Ehrenplatz in der Kirchengeschichte einnimmt: Der Beamte sollte den Bischof umzustimmen versuchen. Es gelang ihm aber nicht und so sagte er schließlich zornig: „Niemand hat bis zum heutigen Tag mit solcher Freiheit mit mir zu reden gewagt.“ Basilius gab die denkwürdige Antwort, mit der er die Feigheit mancher Mitbrüder gutmachte: „Ihr seid offenbar noch nie einem Bischof begegnet.“ (Vgl. H. Rahner, Kirche und Staat im frühen Christentum. S. 97).
Gott sei Dank, es gibt auch heute solche bischöfliche Zeugen des Glaubens. Dem hl. Basilius ebenbürtig ist, wie Kardinal Timothy Dolan Präsident Obama antwortete:  Dieser hatte dem Kardinal – er war damals Vorsitzender der US-Bischofskonferenz – zunächst versichert, im Zuge der Gesundheitsreform werde die Gewissensfreiheit weiter geachtet. Aber nur wenig später gab das Gesundheitsministerium eine Verordnung heraus, die alle Einrichtungen im Gesundheitsdienst verpflichten sollte, Verhütungsmittel, Sterilisierung und Abtreibung anzubieten.
Im Jänner 2012 rief Präsident Obama dann den Kardinal an und teilte ihm mit: Die Verordnung gelte auch für die Kirche und diese habe bis zum August des Jahres Zeit sich anzupassen. Kardinal Dolans Antwort war eindeutig: „Wir brauchen keine Zeit, weil wir uns nicht anpassen werden.“ Dazu der Baptist Mike Huckabee: „Jetzt sind wir alle Katholiken!“ (Vgl. V. Palko, Die Löwen kommen, S. 377).
Ein Bischof um 330 in Cäsarea, ein Kardinal in unserer Zeit –gab es nur früher Zeugen und waren das etwa nur Bischöfe? Natürlich nicht, so wie jeder Christ in seinem Beruf, mit seiner Bildung, mit seinen Fähigkeiten oder auch Krankheiten ein Heiliger werden sollte und mit der Gnade Gottes auch werden kann (wie z.B. der hl. Franz von Sales besonders eindrücklich lehrte), so auch hier: Jeder Christ soll auf seine Weise Zeugnis ablegen für Gott. Dabei genügt es, seinem Gewissen zu folgen, vor allem, wenn dieses verbunden ist mit dem wahren Glauben an den lebendigen Gott, der in Jesus Christus „unter uns gewohnt hat“ und wohnt!
Angesichts der jeden Tag an Stärke und auch Gemeinheit zunehmenden Christenverfolgung von heute ist es dringend nötig, sich auf diesen „Teil“ der Botschaft Jesu zu besinnen. Er gehört auch zur Neuevangelisierung!
Natürlich, das Schweigen ist wichtig und in bestimmten Situationen notwendig. Aber eben auch der Mut, das offene Bekennen zum Glauben in Wort und Tat. Der Christ sollte jederzeit bereit sein, Rechenschaft zu geben und zwar auch dann, wenn die Sanktion der Welt vorauszusehen ist: Nicht oder noch nicht blutig und mit Gefängnis-Strafen, wohl aber in Form von Spott, Rufzerstörung, Mobbing, gesellschaftlicher Isolation oder sogar Vernichtung der Existenz.
Manchmal sind es scheinbar kleine Stellungnahmen in einem harmlosen Gespräch, die beim Gegenüber ihren Eindruck hinterlassen. Aber sie können Zeugnisse für Christus sein, die der Zuhörer nicht vergessen wird. Vielleicht genügt ein Kreuzzeichen vor dem Essen, das unter Ungläubigen sitzend einen „kleinen Mut“ verlangt; oder die Kniebeuge beim Betreten einer Kirche mit einer Gruppe ungläubiger Touristen. Jeder hat seine Momente und seine Art, Zeuge für Christus zu sein. Es gibt aber auch Zeugnisse in der Gemeinschaft wie in einer guten Ordensgemeinschaft oder unter Priestern und Diakonen, die auch auf Reisen nicht verbergen, was sie sind, sondern es sichtbar zeigen in ihrem Gewand.
Und dann gibt es auch noch das moderne Zeugnis: sowohl im Internet bei Aktionen wie „One of us“ und auf der Straße in Form von Demonstrationen. Damit es niemals heißen kann: „Auch ihr Christen habt geschwiegen, obwohl ihr wusstet, was passiert!“ Ja, auch wenn die ersehnte, politische Wirkung momentan nicht eintritt, niemand weiß, was Gott in den Herzen wirkt, welches Bild oder Wort im Herzen eines Anderen „abgespeichert“ bleibt und zu irgendeiner Zeit wie von selbst auf dem Bildschirm der Erinnerung wieder auftaucht.
Ganz konkret für heute gesprochen: Man erinnert oft und oft, wenn auch manchmal recht selbstgerecht und heuchlerisch, an den Holocaust. Aber dieser ist Geschichte und wir können nichts mehr daran ändern, auch nicht an den Orgien des Mordes im Archipel Gulag, im China der Kulturrevolution, in Ruanda, an den Armeniern und an vielen anderen Orten der Welt.
Heute und weltweit fließt jedoch das Blut, diskret und ideologisch legitimiert vor allem in den Abtreibungszentren. Darum sollten diese Hochburgen des Teufels, des Mörders von Anbeginn (so nennt ihn Jesus), von den Christen und allen „Sehenden“ belagert werden: durch ihre Worte, durch ihr unermüdliches Gebet, aber auch durch ihre demonstrative Präsenz auf der Straße! Durch ihr Zeugnis tragen die Christen Gott auch zu den Ungeborenen – wie Maria den ungeborenen Jesus zu dem ungeborenen Johannes, der noch im Mutterleib jauchzte vor Freude über den, der da „zu ihm gebracht wurde“.
Aus den USA hört man: Bei den Lebensmärschen sind immer auch viele Bischöfe dabei! In Europa fehlt dieses Zeugnis noch weitgehend! Vorläufig sind es vor allem die Laien, die vorangehen und dabei immer auch auf ihre Hirten hoffen! Aber der Tag wird kommen, zumal die „Kultur des Todes“ sich immer aggressiver ausbreitet und auch immer gewalttätiger zu werden droht: gegen das menschliche Leben am Anfang und jetzt auch an dessen Ende und, an der zweiten Front, gegen die Familie mit Hilfe der Gender-Lüge.
Wer das für „übertriebene Panikmache“ hält, lese das zitierte Buch von Palko, und wenn er dann immer noch meinte, es „sei nicht so schlimm!“, dem ist nicht zu helfen. Er wird dann erst aufwachen, wenn es zu spät ist. In Wahrheit ist es höchste Zeit!
Wie bei allem, es kann sich auch in den Mut ein unheiliges Element einschleichen: Eitelkeit und Selbstbestätigung, Sucht nach Beachtung, die jemand auf diese Weise bekommen möchte: „Schau, der traut sich etwas!“ Natürlich, ohne Reinigung durch die Gnade Gottes kann niemand wirklich Gutes tun!
Auch kann es das Richtige sein, auszuweichen und zu fliehen wie die Schlange, deren Klugheit  Jesus den Seinen empfiehlt. Paulus ist als Märtyrer gestorben, aber einmal hat er sich über die Stadtmauer hinab zur Flucht verhelfen lassen.
Kurz gesagt: Gott will keine Draufgänger, die sich mutwillig zerstören lassen, Er will Zeugen für Seine Liebe. Sie sollen sowohl klug und vorsichtig als auch mutig und unerschrocken sein – so wie Gott es in der Situation gibt: Das eine Mal ermöglicht Er Rettung durch Unauffälligkeit oder Flucht, dann wieder schenkt Er die Kraft, sich des Wolfes zu erwehren oder auch standhaft zu bleiben bis zum Tod!

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