Die Gottesfurcht (…) bedeutet nicht, dass wir Angst vor Gott haben sollen: Wir wissen genau, dass Gott der liebende Vater ist, dem unser Heil ein Anliegen ist und der uns immer Vergebung schenkt; daher besteht kein Grund, Angst vor ihm zu haben! Vielmehr ist die Gottesfurcht jene Gabe des Heiligen Geistes, die uns an unsere Kleinheit vor Gott und an den Umstand erinnert, dass unser Wohlergehen in der demütigen, respektvollen und vertrauensvollen Hingabe an Seine Hand besteht. Die Gottesfurcht entspricht in der Hingabe an die Güte unseres Vaters, der von großer Liebe zu uns erfüllt ist.
Wenn der Heilige Geist in unserem Herzen Wohnung bezieht, lässt er Trost und Frieden in uns einströmen und uns spüren, dass wir klein sind und die von Jesus im Evangelium wärmstens empfohlene Haltung dessen einnehmen, der all seine Sorgen und Erwartungen in Gottes Hände legt und sich von seiner Wärme und seinem Schutz umgeben und getragen fühlt wie ein Kind in den Armen seines Vaters! (…) Gerade in der Erfahrung unserer Grenzen und unserer Armut spendet der Geist uns Trost und lässt uns spüren, dass die Hingabe an Jesus, der uns in die Arme seines Vaters führt, das einzig Wichtige ist.
Dies zeigt uns, warum wir diese Gabe des Heiligen Geistes so sehr vonnöten haben. Die Gottesfurcht führt uns zur Einsicht, dass alles aus der Gnade stammt und unsere wahre Kraft allein in der Nachfolge des Herrn Jesus und in der Annahme der Güte und der Barmherzigkeit besteht, die der Vater über uns ergießt. Öffnen wir unser Herz, damit die Güte und die Barmherzigkeit Gottes zu uns gelangen. Dies tut der Heilige Geist mit der Gabe der Gottesfurcht: Er öffnet die Herzen. In ein offenes Herz können die Vergebung, die Barmherzigkeit, die Güte und die Liebe des Vaters einströmen, denn wir werden als Kinder unendlich geliebt.
Das Durchdrungensein von der Gottesfurcht leitet uns zur demütigen, fügsamen und gehorsamen Nachfolge des Herrn. Dabei nehmen wir jedoch keine resignierte, passive oder klagende Haltung ein, sondern staunen und freuen uns wie ein Kind, das die Fürsorge und die Liebe eines Vaters erfährt. Die Gottesfurcht macht uns daher nicht zu schüchternen und nachgiebigen Christen, sondern lässt Mut und Kraft in uns entstehen!
Sie ist ein Geschenk, das uns zu überzeugten und begeisterten Christen macht, die sich nicht aus Angst dem Herrn unterwerfen, sondern weil sie von seiner Liebe berührt und erobert wurden! Von der Liebe Gottes berührt zu werden ist von großer Schönheit. Lassen wir uns von der Liebe dieses Vaters erobern, der uns so sehr liebt, der uns aus ganzem Herzen liebt.
Bedenken wir jedoch, dass diese Gabe Gottes, die Gottesfurcht, auch als „Alarmsignal“ gegenüber der Hartnäckigkeit der Sünde wirkt. Wenn ein Mensch im Übel lebt, Gott verflucht, andere Menschen ausbeutet und tyrannisiert, nur für Geld, Eitelkeit, Macht oder Stolz lebt, wird uns die heilige Gottesfurcht zur Vorsicht mahnen. Mit all dieser Macht, all diesem Geld, all deinem Stolz und all deiner Eitelkeit wirst du nicht glücklich werden. Weder Geld, Macht, Eitelkeit oder Stolz können wir ins Jenseits mitnehmen.
Nur die Liebe Gottes, des Vaters, und die liebevoll empfangene Zärtlichkeit Gottes können uns begleiten. Auch unsere Taten für unsere Mitmenschen können wir mitnehmen. Hüten wir uns davor, unsere Hoffnung auf Geld, Stolz, Macht oder Eitelkeit zu setzen, denn all dies verspricht nichts Gutes!
Auszug aus der Ansprache bei der Generalaudienz am 11.6.14.