Sie beschloß, Uni und Beruf für ein Jahr aufzugeben - und es Jesus zu schenken. Für 9 Monate übersiedelte sie nach Paray le Monial zusammen mit 23 Jugendlichen, die die gleiche Entscheidung getroffen hatten. Rückblick auf eine tiefe Erfahrung der Glaubenserneuerung.
Aus neun Ländern waren wir zusammengekommen in der Stadt, in der Jesus der heiligen Marguerite-Marie Alacoque im 17. Jahrhundert sein liebendes Herz gezeigt hat. Nicht umsonst befindet sich an einem solchen Gnadenort die “Ecole Internationale de Formation et Evangélisation" , die Internationale Akademie für Ausbildung und Evangelisation, kurz EIFE.
Sie ist von der katholischen Gemeins chaft Emmanuel getragen und lädt junge Erwachsene zwischen 18 und 30 ein, sich in neun Monaten menschlich, sozial, spirituell und intellektuell auszubilden und so dem Glauben ein solides Fundament zu geben.
Seit meiner Bekehrung zu Pfingsten 1999 spürte ich den starken Wunsch zu evangelisieren, das tiefe Glück und die Freude des Glaubens an andere weiterzugeben. Gleichzeitig war ich mir bewußt: Die sehr emotionale, ja euphorische Bekehrungsphase - sie hatte mich veranlaßt, mein Leben mit 18 Jahren grundlegend zu ändern und mir statt irgendwelcher Oberflächlichkeiten die Zehn Gebote zum Maßstab des Denkens und Handelns zu machen - mußte zu einem gefestigten Glauben heranreifen.
Da ich nicht christlich aufgewachsen war, fehlte mir jedoch die Glaubenspraxis, und es war nicht leicht, im täglichen Gebet und im Leben aus den Sakramenten der Kirche zuverlässig zu werden. Auch hatte ich in der Schule nie Religionsunterricht gehabt, da ich als Nichtgetaufte den konfessionslosen Ethikunterricht besuchte. Jetzt wollte ich die Lehre der Kirche, die Kirchengeschichte, aber auch die Inhalte der anderen Weltreligionen aus katholischer Sicht kennen lernen.Dies alles veranlaßte mich, nach dem Abitur nach Frankreich zu gehen, fast ohne Französisch zu sprechen, mit Leuten zusammen zu ziehen, die ich nicht kannte, und mich mit ihnen gemeinsam in die Schule Jesu zu begeben.
Sehr schnell stellte ich fest, daß es sich dabei nicht um Ferien handelte. Jeder Tag war randvoll mit Gebet, Unterricht, Vorbereitung und Feier der Liturgie, Hausarbeiten, Lesen von Enzykliken, und auch mit sehr viel Freude und echter Begegnung mit den Mitstudenten, die mir im Laufe des Jahres zu Brüdern und Schwestern wurden.
Das Entscheidende des ganzen Jahres war es, im täglichen Gebet eine persönliche Beziehung zu Gott zu finden. Der Lobpreis in der Früh, die tägliche Stunde Anbetung des Allerheiligsten, die allabendliche heilige Messe und die Komplet ließen uns in der Nächstenliebe, im Vertrauen, aber auch in der Erkenntnis Gottes wachsen.
Die Früchte dieser täglichen Begegnung mit dem lebendigen Gott - die durchaus auch sehr trocken sein konnte - kann ich noch gar nicht ermessen. Was ich aber merke: Gott hat mir ganz tief in mein Herz eine unstillbare Sehnsucht nach Ihm gepflanzt, eine Sehnsucht, mein ganzes Leben Ihm täglich neu zu übergeben, auf Iihn zu vertrauen, eine Sehnsucht, den Weg der Heiligkeit in Seiner Kirche zu gehen. Das Gebet war es auch, das mir den Geist öffnete, um den Plan Gottes mit seinem Volk, das Wirken Gottes in der Geschichte und das Geschenk der Kirche besser verstehen zu können.
Die wunderbaren Professoren, die uns in Theologie und Philosophie unterrichteten, waren nicht nur hochqualifiziert, sondern gaben uns auch ein beeindruckendes, lebendiges Zeugnis ihres Glaubens und der gelebten Berufung, ob sie nun Priester waren, Schwestern oder Ehepaare.
Die theologisch-philosophische Ausbildung wurde immer wieder aufgelockert durch weniger intellektuelle, aber mindestens genauso gute Seminare: Theater, künstlerisches Gestalten des liturgischen Jahres, Kommunikations- und Organisationstraining, Musik und vieles mehr.
Die Erfahrung, daß echte Einheit zwischen Glaube und Wissen, Herz und Kopf möglich ist, hat mich tief geprägt und gibt mir Orientierung bei meinem jetzigen Studium der Theologie und Philosophie an der Universität.
Ein Bibelwort, das mich das ganze Jahr über begleitete, spricht genau diese Einheit von Herz und Geist an: “Höre Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft." ( Deut. 6, 4-5).
Es war diese gelebte Einheit von Herz, Seele und Willen, die mich begreifen ließ, daß Gott alle Dimensionen unseres Menschseins ansprechen möchte und uns so, wie Er uns geschaffen hat, mit unserer Vielfalt, aber auch mit allen Fehlern und Schwächen dazu berufen hat, Ihm zu dienen.
Wie der Name der Schule schon sagt, war ein zentraler Punkt die Evangelisation. Auf zahlreichen Missionen hatten wir Gelegenheit, von der Freude des Glaubens, vom Wirken Gottes in unserem Leben Zeugnis abzulegen und die Menschen einzuladen, eine (neue) Begegnung mit Gott zu wagen: vor dem Supermarkt, an Haustüren, in Bars, Schulen, Krankenhäusern, Alten- und Kinderheimen, Jugendräumen oder auf dem Markt. Wir entdeckten, daß es keinen Ort, keinen Menschen gibt, zu dem Jesus mit Seinen Jüngern nicht gegangen wäre, und daß auch wir aufgerufen sind, diese Begegnung mit den Menschen zu suchen.
Dabei war jede Mission, bei der wir versuchten, die Barmherzigkeit Gottes in die Welt hinauszutragen, immer eine Zeit der Bekehrung für uns selbst: Lebe ich selbst das, was ich anderen von Gott erzähle? Vertraue ich auf Seine unendliche Liebe und Barmherzigkeit? Glaube ich wirklich, daß für Gott nichts unmöglich ist?
Immer kamen wir zwar erschöpft, aber glücklich und gestärkt im Glauben von einer Mission zurück. Die Eindrücke sind mir noch immer gegenwärtig: Menschen, die seit Jahrzehnten nicht mehr in die Kirche gingen, die von ihr enttäuscht oder verletzt worden waren und die Gott neu erfahren durften; Jugendliche, die in Drogen und Gleichgültigkeit gefallen waren oder noch nie ernsthaft von Gott gehört hatten und auf unsere Einladung hin einen Schritt auf Jesus zu machten. Teilweise knieten sie mit Tränen in den Augen in der Anbetung vor den Herrn, gingen zur Beichte und ließen Gott in ihr Leben eintreten.
Einmal fragten mich zwei zehnjährige Jungen, die unser Theaterstück über den heiligen Martin - wir spielten es auf Missionen oft für Kinder - gesehen hatten, ob sie nicht zur Anbetung mit uns kommen dürften. Ich erklärte ihnen, was das sei, und sie saßen eine halbe Stunde ganz still vor Jesus.
Am Tag darauf berichteten sie voll Freude, daß sie sich jetzt taufen lassen wollten. Ihre Eltern hätten es nach einigem Bitten erlaubt. Etwa zwei Monate später erhielten wir eine Karte, in der sie uns mitteilten, sie stünden nun kurz vor der Taufe. Noch viele solche Erfahrungen gäbe es zu berichten.
Missionen waren jedes Mal ein Erlebnis, das uns gemeinsam näher zum Herrn brachte und uns staunen ließ über die Wunder, die Jesus heute noch tut. Je mehr wir uns Gott und den Mitmenschen zu schenken versuchten, desto reicher wurden wir selbst beschenkt.
Gelebte Nächstenliebe prägte auch wesentlich unser tägliches Miteinander in der Schule. Jeder bemühte sich, den anderen so anzunehmen und zu lieben, wie er war. Durchaus keine leichte Aufgabe. Sie erforderte, sich dem anderen zuzuwenden in einer Haltung, die nicht kritisiert, sondern aufmerksam und liebevoll ist.
Gewiß blieb das ein ständiges Bemühen. Immer wieder war es nötig, den anderen um Verzeihung zu bitten, selbst zu verzeihen, und so ehrliche Beziehungen zu den Brüdern und Schwestern aufzubauen
Jeder von uns hat dieses Jahr in anderen Weise erlebt und doch sind wir sicher alle zu freieren, selbständigeren und glücklicheren jungen Menschen geworden, die voll Freude und Zuversicht mit Christus der Zukunft entgegengehen. In diesem Sinne wünsche ich jedem Jugendlichen eine solch wunderbare Erfahrung und kann nur jeden, der den Wunsch verspürt, ermutigen, ein solches Jahr dem Herrn zu schenken - er wird tausendfach belohnt.
Zur Information: Es gibt fünf solche Schulen in verschiedenen Ländern. Infos für Österreich: www.iae.at. Gerne können mich Interessenten persönlich kontaktieren. Meine Adresse erfahren Sie bei VISION 2000.