Selbst jene, die sich als durchschnittliche Christen einstufen und kein intensives Gebetsleben pflegen, werden nur schwer abschätzen können, wie oft sie in ihrem Leben schon die Vaterunser-Bitte “Dein Wille geschehe" gesprochen haben. Sie gehört sozusagen zum Standard-Repertoire und kommt daher leicht über die Lippen: “Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden, unser tägliches..."
Hand auf's Herz: Sagen die meisten von uns diesen zentralen Satz des christlichen Glaubens nicht sehr, sehr oft einfach nur recht gedankenlos dahin? Bei der Beschäftigung mit diesem Schwerpunkt-Thema ist mir das jedenfalls an mir aufgefallen. Und dabei geht es bei dieser Bitte um eine Grundentscheidung für den Christen. Er bringt darin zum Ausdruck, daß der Gott, an den er sich wendet, ein Gegenüber mit einem erkenn- und erfahrbaren Willen ist und nicht etwa ein vages göttliches Prinzip.
Er äußert sein Vertrauen, daß dieser Gott es gut mit ihm meint und auch imstande ist, das Heil im Leben der Menschen zu wirken. Damit kommt aber auch zum Ausdruck, daß unser Dasein nicht allein von Naturgesetzmäßigkeiten, psychologischen und gesellschaftlichen Zwängen bestimmt ist, sondern daß wir zur Freiheit der Kinder Gottes berufen sind. Beim Aussprechen dieses Wunsches optiert der Christ dafür, nicht mehr selbst über sein Schicksal bestimmen zu wollen. Vielmehr legt er es vertrauensvoll in die Hände eines anderen.
So loszulassen ist ein enormes Wagnis - aber auch die Möglichkeit, eine große Freiheit geschenkt zu bekommen. Über einige Aspekte dieses Geschehens haben wir für Sie, liebe Leser, einiges zusammengetragen, von dem wir hoffen, daß es für Sie ebenso ein Gewinn sein wird, wie es das für uns schon war.
Christof Gaspari