VISION 20003/2003
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Echte Wissenschaft - wahrer Glaube: kein Widerspruch

Artikel drucken Die Naturgesetze heben Gottes Wirken nicht auf

Kann denn überhaupt Gottes Willen in einer Welt geschehen, in der die Naturgesetze gelten? Lehrt nicht die Wissenschaft, daß nur das geschieht, was aufgrund der Naturgesetze geschehen muß? Gedanken zum Thema Glauben und Wissen.

Unser Glaube ist nicht selten zittrig. Es braucht nur wenig und die Ruhe und Festigkeit im Glauben sind dahin. Ganz verschiedene Anlässe oder Umstände sind es, die uns zweifeln - manchmal sogar verzweifeln - lassen. Ein Auslöser solcher Zweifel kann auch “die" Wissenschaft sein.

In der Schule wird die Evolutionstheorie vorgestellt. Sie wirft einen dunklen Schatten auf den Glauben des kleinen - nennen wir ihn - Maxi. Er glaubte, was ihm die Mama über den Anfang der Dinge erzählt hatte. Er stellte sich die Schöpfung in sieben Tagen lebhaft vor. Die Bilder, die er dabei in sich sah, waren bunt, mit all den Vögeln, den Fischen und schließlich dem Menschen. Wie er die moderne Theorie der Entstehung des Lebens und der Arten hört, beginnen diese bunten vertrauten Bilder in ihm blaß und fahl zu werden.

Maxi wird älter. Die anderen sagen zu ihm jetzt Maximilian. Im Religionsunterricht lernt Maximilian, daß die Wissenschaft nun gezeigt habe, daß es Wunder nicht geben könne. Früher habe man daran geglaubt. Da habe man eben vieles noch nicht gewußt. Aber nach all den Erkenntnissen der Wissenschaften stehe nunmehr fest, daß Wunder nicht möglich sind. Wunder geschähen ebenso wenig wie das in Märchen Erzählte.

Maximilian geht es wie uns. Von dem, was um ihn herum und mit ihm passiert, bleibt sein Glaube nicht unbeeindruckt. Auch nicht von den - wirklichen oder scheinbaren - wissenschaftlichen Erkenntnissen und Errungenschaften.

Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, wie diese - wahren oder nur scheinbar wahren - Erkenntnisse der Wissenschaften unseren Glauben berühren können. Eine ist, daß wir meinen, Glaube und Wissenschaft könnten sich widersprechen. Da kann uns schon einmal die Frage kommen: Muß sich der Glaube vor der Wissenschaft fürchten?

Die Aussagen der Kirche hierzu sind klar: Echte Ergebnisse der Wissenschaften können den Wahrheiten des Glaubens niemals widersprechen. Jede Wahrheit, sei es eine der Wissenschaft oder eine des Glaubens, fließt aus der Quelle, der sich jede Wirklichkeit und jede Wahrheit verdankt: aus Gott. Wenn aber die Wahrheiten letztlich in derselben Quelle ihren Ursprung haben, können sie sich gegenseitig nicht aufheben, ausschließen oder auch nur irgendwie widersprechen. Papst Johannes Paul II. sagt deshalb: “Wir fürchten nicht, ja wir halten es für ausgeschlossen, dass eine Wissenschaft, die sich auf Vernunftgründe stützt und methodisch gesichert fortschreitet, zu Erkenntnissen gelangt, die in Konflikt mit der Glaubenswahrheit kommen."

Was dies für unseren persönlichen Glauben bedeuten kann, hat Kardinal Newman veranschaulicht. Wer fest im Glauben steht, sagt er, “hat nichts von einem nervösen Geschöpf, das bei jedem unerwarteten Laut zusammenschrickt und sich von jedem neuen und ungewohnten Anblick verwirren lässt. Er kennt keinerlei Furcht, er lacht über die Vorstellung, es könnte etwas vermittels einer anderen wissenschaftlichen Methode entdeckt werden, was einem Dogma seiner Religion widerspräche. ... Es ist sicher, und nichts wird ihn daran zweifeln lassen: Wenn irgend etwas im Gegensatz zu den Glaubenslehren bewiesen zu sein scheint, so wird sich schließlich doch herausstellen, dass dieser Punkt entweder nicht bewiesen ist oder gar keinen Widerspruch enthält oder aber nicht etwa einen wirklichen Glaubensinhalt, sondern dass er etwas anderem widerspricht, was man mit dem Glauben verwechselt hatte. Scheint nun im Augenblick tatsächlich ein Widerspruch vorhanden, dann wird er ruhig abwarten ... Er wird die Sache der Vernunft, der Überlegung, dem ruhigen Urteil, dem gesunden Menschenverstand und der Zeit, der großen Deuterin so vieler Geheimnisse, vertrauensvoll übergeben. Er wird sich nicht erbittern lassen, wenn die Feinde des Glaubens im Augenblick triumphieren; er wird sich nicht überstürzen und eine gewaltsame Lösung der Schwierigkeit suchen, die vielleicht nur dazu dient, die ganze Frage unlösbar zu verwirren. Er wird sich erinnern, dass nach der Ordnung der Vorsehung oft gerade das, was uns als Gefahr erschien, unseren größten Gewinn bedeutet."

Eine tiefe Ahnung von diesen Zusammenhängen soll Kardinal Faulhaber gehabt haben. In den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts soll Albert Einstein einmal zu ihm gesagt haben: “Ich achte die Religion, aber glauben tu´ ich an die Mathematik. Und bei Ihnen wird es wohl genau umgekehrt sein." “Nein, nein", soll Faulhaber geantwortet haben, “Religion einerseits und Mathematik andererseits sind mir nur verschiedene Ausdrucksformen derselben göttlichen Exaktheit." Einstein soll sehr verblüfft gewesen sein und gefragt haben: “Gesetzt den Fall, die mathematische Forschung würde eines Tages ans Licht bringen, dass gewisse Erkenntnisse der Wissenschaft nicht mit dem Glauben der Religion in Einklang zu bringen sind: Was dann?" “Ich schätze die Mathematik so hoch ein", soll Faulhaber zur Antwort gegeben haben, “dass ich das nicht als endgültig hinnehmen könnte. Und ich würde dann auf solche Leute wie Sie hoffen, die nicht ruhen werden, ehe sie den Rechenfehler gefunden haben."

Der Glaube fürchtet sich vor der Wissenschaft also nicht. Er ist ihr auch nicht irgendwie feindlich gesinnt oder sieht auf sie mit Argwohn. Ganz im Gegenteil. Die Kirche findet große Worte für das menschliche Bemühen in den Wissenschaften und freut sich über die Frauen und Männer der Wissenschaft als Sucher nach der Wahrheit. Wer bescheiden und ausdauernd die Geheimnisse der Dinge zu erforschen sucht, wird, sagt die Kirche, auch wenn er sich dessen vielleicht nicht bewusst ist, an der Hand Gottes geführt, der allen Dingen ihr Dasein geschenkt hat, der sie im Dasein erhält und der macht, dass sie das sind, was sie sind.

Die Kirche weiß um den Wert des ganz alltäglichen Werkelns, Arbeitens und Mühens wie um den Wert der Wissenschaften. Wie wertvoll das menschliche Schaffen dabei jeweils ist, hängt davon ab, inwieweit es gemäß dem Willen Gottes dem Wohl der Menschen dient und uns das Leben gemäß unserer Berufung erlaubt.

Die Wissenschaft ist wie all unser Tun und Schaffen auf den Beistand Gottes zutiefst angewiesen. Wir dürfen das Tun der Frauen und Männer in der Wissenschaft mit unserem Gebet begleiten. Die Vater-Unser-Bitte “Dein Wille geschehe" betrifft die Welt im Kleinen wie im Großen. Wir beten dabei um die Verwirklichung des Willens Gottes in der gesamten Schöpfung und im Dasein jeden Geschöpfes. Diese Bitte des Gebetes des Herrn vertraut darauf, dass nichts Gottes sorgendem Auge und seinem Beistand entgeht - auch nicht das Bemühen des Menschen in der Wissenschaft.

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