Wann immer es möglich ist, darf ich meinen Enkelinnen abends eine Geschichte vorlesen. Gerne würde ich ihnen aus der Bibel vorlesen, aber sie bevorzugen ihre Geschichten. Irgendwie vermuten sie (zurecht?), daß ich ihnen was aufdrängen will.
Diesmal hat Agnes, die Vierjährige, ein neues Buch auf meinem Schreibtisch entdeckt. “Opapa, lies vor!" befahl sie, während die siebenjährige Ruth eifrig mit anderen Arbeiten beschäftigt war.
Also las ich, wie Pip, der Held des neuen Buches, fragte: “Mama, wo ist eigentlich Gott?" Das erregte vorerst noch wenig Neugier - vielleicht ist es wieder so eine Geschichte, die nur dem Opapa gefällt. Dann gab Pip die Antwort: “Im Himmel, denn da kann er herunterschauen". Dann wird erzählt, wie Pip lernte, daß die Erde rund wie ein Ball, eingehüllt von den Wolken, im Weltall herumwirbelt.
Die Kleine schaute sich die Bilder an. Da unterbrach auch die große ihre Arbeit und schaute neugierig ins Buch. Pip entdeckte, daß der Himmel unsichtbar ist, sich versteckt, und daß man doch durch ihn durchsehen kann, wenn man stirbt - wie durch Wasser, Eis, Fensterscheiben...
“So sieht ihn die Uromama?" fragte die Kleine. “Ja" erklärte die Große.
Beide waren dann sehr angetan von Pips Entdeckung, daß der Himmel überall anfängt. Überall dort, wo Leute sind, die Gott lieb haben und die Er selber lieb hat.
Und der Opapa war sehr angetan, daß er endlich ein Buch hat, das realistisch und unaufdringlich vom lieben Gott spricht, ohne süßlich-fromm zu sein.
Helmut Hubeny
Mama, wie groß ist der Himmel. Von Imke Sönnichsen, Elizabeth Liddle, Gabriel Verlag (Thiedemann Verlag), Stuttgart / Wien, 2003. ISBN 3 522 30032 7.