Bei der Verkündigung schenkt Maria dem Sohn Gottes in ihrem Schoß die menschliche Natur; unter dem Kreuz nimmt sie in der Person des Johannes die ganze Menschheit in ihr Herz auf. ...Unter dem Kreuz, an dem derjenige stirbt, den sie bei der Verkündigung durch ihr “Ja" empfangen hat, erhält Maria von Ihm in gewisser Weise eine “zweite Verkündigung": “Frau, siehe, dein Sohn!" (Joh 19,26).
Am Kreuz kann der Sohn sein Leiden in das Herz seiner Mutter ausgießen. Jedes leidende Kind hat dieses Bedürfnis. Auch ihr, liebe Jugendliche, seht euch mit dem Leid konfrontiert: mit der Einsamkeit, mit Mißerfolgen und Enttäuschungen im persönlichen Leben, mit Schwierigkeiten, sich in die Welt der Erwachsenen und ins Berufsleben einzufügen, mit Trennungen und Trauerfällen in euren Familien, mit kriegerischer Gewalt und dem Tod von Unschuldigen.
Eines ist jedoch sicher: Ihr sollt wissen, daß ihr in den schwierigen Momenten, die im Leben keines Menschen fehlen, nicht allein seid. Jesus schenkt auch euch, wie Johannes unter dem Kreuz, seine Mutter, damit sie euch mit ihrer Zärtlichkeit tröste.
... Liebe Jugendliche, ihr habt etwa das gleiche Alter wie Johannes und denselben Wunsch, mit Jesus zu leben. Heute richtet Christus an euch ganz ausdrücklich die Bitte, Maria “zu euch nach Hause" zu nehmen, sie aufzunehmen “in das, was euch gehört", um von ihr zu lernen.
Sie “bewahrte alle diese Dinge in ihrem Herzen und dachte darüber nach" (Lk 2,19). Von ihr lernen wir die innere Bereitschaft des Hinhörens und die Haltung der Demut und der Großherzigkeit; diese Eigenschaften zeichnen sie als erste Mitarbeiterin Gottes im Heilswerk aus. Sie übt ihr mütterliches Dienstamt aus, indem sie euch erzieht und formt, bis Christus vollkommen in euch Gestalt angenommen hat.
Aus diesem Grund wiederhole ich auch heute den Wahlspruch für meinen Dienst als Bischof und Papst: “Totus tuus". In meinem Leben habe ich stets die liebevolle und wirksame Gegenwart der Mutter des Herrn erfahren und Maria begleitet mich jeden Tag bei der Erfüllung meines Auftrags als Nachfolger des Apostels Petrus.
Maria ist die Mutter der göttlichen Gnade, weil sie die Mutter des Urhebers der Gnade ist. Vertraut euch ihr voll und ganz an. So werdet ihr die Schönheit Christi widerstrahlen. Wenn ihr für den Hauch des Geistes offen seid, werdet ihr zu unerschrockenen Aposteln und fähig, um euch herum das Feuer der Liebe und das Licht der Wahrheit zu verbreiten. In der Schule Marias werdet ihr entdecken, welchen konkreten Einsatz Christus von euch erwartet. Ihr werdet lernen, Ihm in eurem Leben den ersten Platz zu geben und eure Gedanken und euer Handeln auf Ihn auszurichten.
Ihr wißt, liebe Jugendliche: Das Christentum ist weder eine bloße Meinung, noch besteht es aus leeren Worten. Das Christentum ist Christus! Eine Person, der Lebendige! Jesus begegnen, Ihn lieben und dafür leben, daß Er geliebt wird: das ist die christliche Berufung. Maria wird euch geschenkt, um euch zu helfen, eine immer echtere und persönlichere Beziehung zu Jesus zu finden. Durch ihr Beispiel lehrt euch Maria, mit liebendem Blick auf Ihn zu schauen, der uns zuerst geliebt hat.
Auszug aus der Botschaft zum Weltjugendtag 2003, der in den Diözesen begangen wurde.