Viele Jugendliche haben sich nicht nur in den Tagen der Stadtmission selbst engagiert, sondern bereits viele Wochen davor in der Vorbereitung. Eine von ihnen, eine Theologiestudentin, blickt auf diese Zeit zurück:
Für mich beginnt gerade die dritte Woche nach der Stadtmission, und ich wurde immer noch nicht vom gefürchteten “post-mission-depression-syndrom" eingeholt. Der Grund ist wohl, daß die Stadtmissionswoche für mich “nur" der Höhepunkt in einem langen Prozeß war. Begonnen hat dieser schon vor etwa einem Jahr, und enden wird er hoffentlich noch lange nicht!
Vieles von dem Guten, das durch die Stadtmission bewirkt wurde, ist ja schon im gemeinsamen Vorbereiten und bei den Aktionen im Vorfeld passiert. Allein die vielen Menschen, die ich in dieser Zeit neu oder besser kennenlernen durfte, wären Grund genug zu sagen, das Ganze war ein voller Erfolg! Besonders erfreulich war für mich das Zusammenrücken der vielen Gemeinschaften, Bewegungen, Gebetskreise, Katholische Jugend... Das gemeinsame Ziel, Menschen zu Christus zu führen, hat uns sehr verbunden und gezeigt, wie wertvoll das Zusammenwirken unserer unterschiedlichen Charismen ist.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Missionswoche war der “Lebendige Rosenkranz", die Gebetswanderung in fünf Etappen rund um Wien. Ich durfte bei der Vorbereitung helfen, war also Woche für Woche damit beschäftigt, Einladungs- und Infozetteln zu kopieren, die Gebetsanliegen vorzubereiten, usw ...
Und dann natürlich die Wanderung an sich: Beeindruckend, wie viele Menschen, unbeirrt durch Hitze, Kälte oder Regen mitwanderten und vor allem mitbeteten! Das Gebet für die Stadt und die Mission war sicher eine der wichtigsten und wertvollsten Säulen, auf denen die Stadtmission gebaut war. Am beeindruckendsten brachten dies wohl die Gebetszeiten vor dem Allerheiligsten an jenen Orten, die einen Blick von oben auf Wien eröffneten, zum Ausdruck. Ich habe dadurch auch neu die Bedeutung des Charismas meines Gebetskreises - mitten in Wien für die Stadt und die Bewohner zu beten - verstanden.
Daß diese Initiative auch einen stark missionarischen Charakter hatte, war besonders spürbar, wenn wir durch Gebiete wanderten, in denen viele andere Menschen unterwegs waren. So wurde etwa der Weg auf der Donauinsel am Ende der dritten Etappe zu einer kleinen Herausforderung: Schließlich sind “Rosenkranzbeter" mitten unter Radfahrern, Inlineskatern, Sonnenliegern doch eher eine Seltenheit.
Gebetet wurde aber nicht nur bei dieser Wanderung. Eine richtige Gebetslawine ergoß sich über ganz Österreich, und ich bin überzeugt, daß alle unsere Aktionen nur deshalb funktionieren konnten, weil sie im Gebet getragen waren. Auch das gute Wetter haben wir bestimmt den eigens betrauten “Wetter-Schwestern" zu verdanken!
Sie sehen: Vieles hat sich also schon vor dem 23. Mai, dem offiziellen Startschuß, ereignet. Und dabei ist das Erzählte ja nur ein kleiner Ausschnitt der Vorbereitungen.
In den Tagen der Missionswoche war dann mein Hauptaufenthaltsort der Stephansdom. Dort fanden an den Vormittagen Vorträge statt und an den Nachmittagen zwei Stunden lang eucharistische Anbetung mit Beichtmöglichkeit, Gebetsteams, Musik, “Joy&Worry-Boxen" (eine Box, um Zettel mit Anliegen hineinzuwerfen und eine, um eine Bibelstelle zu ziehen): also “Nachmittage der Barmherzigkeit".
Am Freitag Abend war dann der große Abend der Barmherzigkeit (in vielen Kirchen Wiens zur gleichen Zeit). Im Prinzip geschah da das gleiche, nur aufwendiger gestaltet. Ich bin ein großer Fan dieser Art der Evangelisation, weil sie sehr einfach ist, aber so viel bewirkt. Viele, die da in die Kirche kommen, sind wirklich berührt, bleiben sitzen, kommen sogar nach vorne, um zu beten, schreiben Anliegen auf und bringen sie zu Jesus. Einige gehen sogar nach langer Zeit zur Beichte.
Ich glaube, es ist deshalb so wirkungsvoll, weil Jesus sichtbar da ist und die Menschen so an sich zieht. Dadurch, daß die Priester nicht in den Beichtstühlen, sondern sichtbar in den Seitenschiffen sitzen, ist die Hemmschwelle zu beichten nicht so groß wie sonst. Viele der Anwesenden werden auch durch jene, die diesen Schritt wagen, ermutigt. Ich freue mich, daß ich durch das Mitgestalten dieser Stunden Missionarin sein konnte.
Ein besonderes Highlight für mich war das große Jugendevent (mit Stars wie Paddy Kelly, Father Stan Fortuna ) am Donnerstag Abend. Das Ende des Programms bildete ein Gebet vor dem Weltjugendtagskreuz. Es wurde von Jugendlichen aus der ganzen Welt von der Peterskirche über den Graben und durch die dicht gedrängte Menge auf die Bühne getragen. Ich durfte mit einer Fackel dem Kreuz vorangehen.
Es ist gar nicht leicht zu beschreiben, wie es mir dabei ergangen ist. Vor allem war es eine richtig große Ehre für mich, “Jesus", das Licht der Welt, mit einem Licht begleiten zu dürfen. Es war eigentlich genau der Ausdruck dessen, was die Stadtmission sein sollte: Den Menschen Jesus, das Licht, bringen und sichtbare Zeugen für den Glauben zu sein. Und das haben wir getan, als wir das Kreuz durch die vielen Menschen, die an sommerlichen Abenden in der Innenstadt unterwegs sind, getragen haben.
Das war doch sehr ungewöhnlich (so wie auch die Stadtmission eigentlich ungewöhnlich war), und die meisten Leute waren schon sehr verwundert. Aber peinlich war es mir gar nicht. Im Gegenteil: Es war mir eine große Ehre und innere Freude, das tun zu dürfen, sozusagen selbst zu einem kleinen Licht (oder Funken) zu werden.
Es gäbe noch vieles mehr zu erzählen... Es soll aber nicht beim Erinnern an ein tolles Event bleiben, sondern viel wichtiger ist es, den Schwung und die Freude mitzunehmen und weiterzumachen. Die Stadtmission hat gerade erst begonnen!
Veronika Bonelli
Die vielfältigen Wege, den Glauben weiterzugeben und zu vertiefen
Über Anbetung, Joy&Worry-Boxen
und e-mails an Christus ...
Wertvolle Hilfe kam auch aus dem Ausland, insbesondere aus Frankreich. Ein deutsches Ehepaar erzählt, was sie während der Missionswoche erlebt haben.
Schon vor Monaten haben wir uns zum Dienst für die Stadtmission in Wien angemeldet. Wir wußten nicht, wo wir als Missionare eingesetzt und wo wir ein Quartier bekommen würden. Empfangen wurden wir dann in der Pfarre Auferstehung Christi im fünften Bezirk. Geschlafen haben wir im Arbeitszimmer des Pfarrers auf zwei Matratzen, die auf dem Boden lagen.
Unser Einsatz war in der Pfarrei, um diese zu unterstützen bei Aktivitäten, wie z.B. Abend des Teilens, Gottesdienstgestaltung und Abend der Barmherzigkeit. Außerdem wirkten wir mit bei Missionseinsätzen in der Stadt.
Daß wir in die Pfarrei Auferstehung Christi kamen, sahen wir als ein Zeichen Gottes an. Im April 2003 war unsere 28jährige Tochter Alexandra unverschuldet bei einem Autounfall verstorben. Dies war ein Schock und ist ein tiefer Schmerz. Nur im Gebet und im Glauben an das ewige Leben und die Auferstehung können wir dieses schwere Kreuz annehmen und tragen. Damit aber noch nicht genug: Während der Missionswoche erfuhren wir, daß unsere andere Tochter Christine, 31 Jahre alt mit einer fünfjährigen Tochter, an Brustkrebs erkrankt ist und schnell operiert werden muß. Getragen im Gebet und getröstet von vielen Brüdern und Schwestern der Gemeinschaft Emmanuel, der wir angehören, ist es uns möglich, ja zu allem zu sagen.
Im folgenden also einige Eindrücke und Zeugnisse von der Stadtmission:
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Heidi, 30 Jahre, aus Markdorf: Für mich war das Zeugnis von Bruder Stan aus der Bronx wichtig! Er sagte, wenn du auch nichts vorweisen kannst, schenke Gott dieses Nichts, und er kann aus diesem Nichts etwas machen.
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Eine Frau hatte schon lange Zeit nicht mehr gebeichtet, und ich begleitete sie zur Annakirche, damit sie dort zu einem Priester gehen kann. Ein Priester war zwar auch frei, aber die Frau konnte nicht zur Beichte gehen und verließ die Kirche wieder. Ich betete den Barmherzigkeitsrosenkranz für dieses Anliegen. Später traf ich diese Frau wieder, und sie erzählte mir: Als sie die Kirche verlassen hatte, traf sie auf der Straße einen Priester, den sie gut kannte. Obwohl sie es gar nicht vorhatte, sagte sie zu ihm: Ich muß beichten! Der Priester hatte gerade Zeit, und sie gingen in den Stephansdom, und diese Frau ließ sich mit dem Sakrament der Versöhnung beschenken.
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Juliane, 30 Jahre, aus Titisee: Ich wohnte in der Innenstadt bei einer Familie mit sechs Kindern und war sehr dankbar für die liebevolle Aufnahme. Jeden Morgen betete die Familie zusammen das Gebet für die Stadtmission. Dies hat mich sehr beeindruckt.
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Günter, 53 Jahre, Uhldingen: Bei der Stadtmission in der Lugner-City testeten wir das neue Evangelisationsmittel: Send an e-mail to Jesus. Wir wollten vor allem Jugendliche ansprechen. Drei Frauenklöster in Österreich hatten sich vorher bereit erklärt, für die Anliegen zu beten, die in den e-mails genannt werden. Nach Aufbau und Einrichten von drei Laptops gingen wir gezielt auf jüngere Besucher zu, erklärten die Aktion und baten die Angesprochenen ein e-mail mit ihrem Anliegen an Jesus zu schreiben und zu senden. In der ersten Stunde hatten wir bereits mehr als 20 e-mails verschickt. Die Aktion wurde hauptsächlich von Jugendlichen unter 16 Jahren ohne jede Schwellenangst angenommen. Je älter die Angesprochenen waren, desto stärker waren Widerstände und Hemmungen.
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Rosemarie, 55 Jahre, Uhldingen: Eine Frau, ca. 60 Jahre, berichtete, daß sie seit ihrer Matura nicht mehr gebeichtet hatte. Auf die Frage, was ihr größtes Hindernis zu beichten sei, antwortete sie: die Angst vor der Beichte. Diese Frau kam dann, nach Einladung, zum Abend der Barmherzigkeit in die Pfarrei.
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Während der eucharistischen Anbetung im Stephansdom sprachen wir die Besucher an und luden sie zur stillen Anbetung ein. Sie könnten ein Anliegen auf einen Zettel schreiben und diesen mit einem Licht zum Altar bringen. Ein Mann sagte mir, er habe dies schon in der Karlskirche gemacht. Er war dort von einer jungen Frau namens Maria angesprochen worden. Er sagte, er habe in dieser Frau Jesus gesehen. Dieser Mann hat dann auch im Dom ein Gebet geschrieben und ein Licht angezündet und zu Jesus gebracht.
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Ein anderer Mann, den ich ansprach, reagierte sehr aggressiv und laut. Er sagte: “Wo ist denn der da vorne, wenn er gebraucht wird?" Ich fragte: “Meinen Sie damit, daß Gott nicht im Leid da ist, wenn wir ihn brauchen?" Diese Frage bejahte er. Da erzählte ich ihm von meinem großen Leid wegen unserer unverschuldet verunglückten Tochter, und was ich gerade durchmache. Darauf wurde dieser Mann sprachlos und still und plötzlich bewegt. Ich sagte ihm, daß ich gerade jetzt von Gott getragen bin, im Gebet und dem Glauben an das ewige Leben. Weiter erzählte ich ihm, daß viele uns im Gebet mittragen und so die Hilfe und Gnade Gottes trotz allem spürbar ist. Der Mann verabschiedete sich von mir, gab mir die Hand und wünschte mir viel Kraft und er blieb noch einige Zeit in der Stille.
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Was uns Missionaren bleibt, die wir zurück in unseren Alltag gehen, ist, zu beten für alle Begegnungen, und Gott zu bitten, daß viele Früchte sichtbar werden.
Rosemarie und Günter Megner