Plötzlich – in einer Rede am 11. Oktober – wich Papst Benedikt von seinem Konzept ab und gab seiner Hoffnung auf das Stürzen der „falschen Götter“, der „Entmachtung der herrschenden Ideologien“ Ausdruck. Sie sind ja gegen die menschliche Natur entworfen.
Der Papst begründete dies mit dem Bild von der vor dem Drachen fliehenden Frau in Off.12,9, der sie mit einem übermächtigen Wasserstrom fortreißen wolle. Wörtlich fährt der Papst fort: „Ich denke, daß der Strom leicht zu deuten ist; es handelt sich um jene Strömungen, die alle beherrschen und die den Glauben der Kirche verschwinden lassen wollen, für den kein Platz mehr zu sein scheint vor der Macht dieser Strömungen, die sich als einzige Vernünftigkeit aufdrängen, als einzige Lebensweise. Und die Erde, die diese Strömungen absorbiert, ist der Glaube der einfachen Menschen, der sich nicht von diesen Strömen fortreißen läßt, und die Mutter rettet und den Sohn.“
Was versteht unser Papst unter dem „Glauben des einfachen Menschen“? Inwiefern setzt er diesen mit der rettenden, „sich öffnenden Erde“ der Offenbarung gleich? „Erde“ ist bereits im Buch Genesis, und zwar im Bild über die Erschaffung des Menschen, ein Gleichnis für die Natur des Menschen, für die kreatürliche Schöpfungsordnung, in die auch wir als Menschen eingewoben sind. Der natürliche, der kreatürliche Glaube kann also, so der Papst, Rettung unserer Zeit vor dem Irrweg der Ideologien sein.
Mir scheint das einleuchtend: Unser heutiger Machbarkeitswahn greift mit besonders grenz?überschreitender Wucht in die Anfänge eines jeden Menschenlebens ein. Die leichtfertige Anmaßung , ungeborene Kinder im Mutterleib zu töten, ist damit gemeint, wie auch die fehlende Achtung vor dem Geheimnis der Zeugung und der Schwangerschaft durch künstliche Eingriffe und extrauterine Manipulationen. Aber nicht nur allein dadurch wagt man, dem Schöpfer ins Handwerk zu pfuschen: Ebenso unbedenklich gibt man den Menschen heute vor, mit den Neugeborenen, mit den Kleinkindern einfach so umzugehen, wie es einem am besten paßt, statt zu fragen, ob in Bezug auf einen verantwortungsbewußten Start des Menschen in sein Leben, nicht besser bestimmte, natürliche Bedingungen zwingend Beachtung finden sollten.
Da glaubt man Babys unbedenklich in Kollektive geben zu können, falls die junge Mutter eine lukrative Berufstätigkeit hat und diese nicht aufs Spiel setzen möchte, da glaubt man – obgleich mehrere Kinder vorhanden sind, sich unbedenklich trennen, und sie einer neuen Kunstfamilie einpassen zu können, ohne zu bedenken, daß der Nestverlust sie aus der Bahn werfen könnte. Da gaukelt man den Frauen vor, daß sie als selbständige Singlefrau mehr wert sind denn als Familienmutter, etc, etc.
Aber nur allzu häufig bleibt bei so viel Verführung das Wesen und damit auch das Glück der Frauen auf der Strecke: Wie depressionsanfällig sind die älteren Powerfrauen geworden, wie viele von ihnen sind voll tiefer Trauer darüber, daß sie keine Kinder haben – und viele auch auf die Dauer nicht mal einen Mann!
Denn die Ehen ohne Trauschein sind nach einigen Jahren meist wieder zerbrochen!
Ja, in der Tat, solche Strömungen haben viele Frauenleben zerstört – und die Gefahr für die Zukunft aller wird immer größer, weil nicht mehr genug Kinder geboren und die nicht persönlich Betreuten immer unruhiger, immer ruppiger werden und schließlich im Erwachsenenalter ihre alten Eltern kaltschnäuzig im Wind stehen lassen.
Aber die Hoffnung von Papst Benedikt ist dennoch berechtigt; denn die gefährlichen Strömungen von heute sind den Menschen schließlich lediglich aufgenötigt. Unter all den Anmaßungen lebt mehr oder weniger verborgen in uns Menschen eine von Gott angelegte Natürlichkeit.
So ist z. B. in gesunden jungen Frauen die Sehnsucht nach dem eigenen Kind gar nicht abtötbar. Sie wächst monatlich geradezu in ihr hoch. Wenn sie sich dessen nicht bewußt ist und diesen Urwunsch verdrängt, so träumt sie des Nachts vom Mutterglück! – das können z. B. Psychotherapeuten erfahren! Aber auch die jungen Männer haben eine ähnliche Wunschwelt, wie die jüngste Shellstudie gezeigt hat: Eine Familie wünschen sie sich in großer Mehrheit wie auch die Hoffnung, durch gute Ausbildungen an Arbeitsplätze dies bald einmal verwirklichen zu können!
Neue Forschung kann uns jetzt bestätigen, daß Wünsche dieser Art durch bestimmte Hormonausstattungen in unser Gehirn geradezu eingeprägt sind! Für Vater- und Mutterschaft wird der Mensch offenbar schon im Mutterleib durch kunstreiche Hormonschübe ebenso vorbereitet, wie auf die Erleichterung, sich nicht nur um das hilflose Neugeborene zu kümmern, sondern es darüber hinaus heiß zu lieben und sich für es verantwortlich zu fühlen – durch Ausschüttungen des sogenannten Glückshormons Oxytocin!
Eltern werden auf liebevolle Zuwendung zu ihren Babys geradezu programmiert – durch hormonelle Vorgaben, die Gott in sie hineingelegt hat und die Liebe in ihrem Alltag zur Verwirklichung kommen läßt!
Als Sinn ihres Lebens hat unser leiser Gott den Keim der Liebe in jeden Menschen hineingelegt und gibt uns durch hormonelle Vorgaben – z. b. auch durch die Erstellung der natürlichen Nahrung für den Winzling Hinweise auf das, was sein soll.
Nun, das ist in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur nicht beachtet worden, man hat gemeint, es besser machen zu können, in diesem Fall z. B. durch die Erfindung und Verabreichung künstlicher Säuglingsnahrung - und so lange galt diese Verweigerung des Natürlichen als das Bessere, das Moderne, das Schickere, so lange nicht die vielen Allergien und viel größere Infektionsgefahr die Kinderärzte eines besseren lehrten.
Aber eben deshalb wächst Hoffnung nicht nur auf diesem Sektor: So lange der Mensch nicht durch Intellektualisierung und Verführung zum Atheismus in eine Sackgasse geraten ist, so lange der Mensch sich in Einfachheit seinen gesunden Menschenverstand bewahrt hat, nimmt er das Falsche, das Ungute schließlich doch wahr. Er spürt: Daß er ein Gefühl für das Gesunde, das Richtige, das Natürliche hat, und das heißt: Daß ihm von Gott Eingegebene. Und er will sich nicht mehr für dumm verkaufen lassen von Strömungen, die schließlich wie ein Tsunami alle unter sich zu begraben droht.
Diese „Erde“, diese gesunde Natur, in sich selbst zu entdecken ist ein jetzt einsetzender, ein rettender Aspekt. Es ist vielleicht sogar eine Aufgabe besonders für die jungen Frauen der Moderne, die sich jetzt nachhaltig als gläubig zu artikulieren beginnen. Es ist die junge Frau, die in der Nachfolge von Maria ihr gesundes Gefühl und damit ihr eigentlichen Frauenmysterium wieder entdeckt, die unverbildete, naturnahe, nun echt selbstbewußte Frau, die den Kondomanbietern auf dem Weltjugendtag lächelnd antwortete: „I am a virgin!“
Die Rettung durch den Glauben der einfachen Menschen ist deshalb – wie der Papst zurecht hofft – eine Aufgabe in marianischem Geist!