Ausführliche Interviews mit Kardinälen in Buchform herauszugeben, ist zu einem eigenen Genre geworden. Diese Bücher sind aus mehreren Gründen reizvoll: Sie lassen Personen, die etwas zu sagen haben, in einer Form zu Wort kommen, die relativ gut verständlich ist. Die Fragesteller zwingen ihre Gesprächspartner dazu, Themen anzusprechen, die den Normalverbraucher interessieren und die heute Gegenstand von Debatten sind. Außerdem macht das Spiel von Frage und Antwort die Bücher relativ leicht lesbar: Man kann die Lektüre fast an jeder beliebigen Stelle unterbrechen, ohne den Faden zu verlieren.
Das Buch, das ich Ihnen, liebe Leser, heute vorstellen möchte - Entschiedener Glaube - befreiende Wahrheit -, macht da keine Ausnahme: Das Gespräch von Peter Christoph Düren mit Leo Scheffczyk, dem deutschen Theologen, der beim letzten Konsistorium zu seiner eigenen großen Überraschung zum Kardinal ernannt wurde, bietet einen interessanten “tour d'horizon" der Fragen, die Christen heute beschäftigen: von der Glaubwürdigkeit der Wunder, dem Stellenwert der Heiligen Schrift über die Bedeutung Marias für unseren Glauben bis zur Frage nach dem Jüngsten Tag. Düren läßt keines der heißen Eisen aus, und Kardinal Scheffczyks Antworten sind erfolgreiche Versuche, die Lehre der Kirche zu begründen.
Unzweideutig verteidigt er die Schöpfungslehre und die Sonderstellung des Menschen in der Schöpfung gegen den vorherrschenden Evolutionismus. Keine Zweifel läßt er daran, daß alle heutigen Versuche, die einzigartige Stellung Jesu Christi, des Gottmenschen, zu relativieren, Irrwege sind und keinerlei Beitrag zu einer wahren Verständigung der Religionen leisten können. Erleuchtend auch, was Scheffczyk zum Thema Ökumene sagt.
Diese Passagen waren für mich überhaupt die wertvollsten im Gespräch Düren-Scheffczyk. Für den Kardinal besteht nämlich kein Zweifel daran, daß die heute gängige Vorstellung von einer “versöhnten Verschiedenheit", einem “differenzierten Konsens" einfach die Tatsache verschleiert, daß die Vertreter der verschiedenen Konfessionen eben in grundlegenden Fragen uneins sind. Eine gottgefällige Ökumene muß aber gerade die Einheit in den Grundfragen des Glaubens zum Ziel haben.
So wertvoll dieses Buch seines Inhalts wegen ist, darf ein kleiner Schönheitsfehler nicht unerwähnt bleiben: Das Werk erfordert ein hohes Maß an Konzentration beim Lesen, weil es recht anspruchsvoll formuliert und daher als Nachtkastl-Lektüre nicht wirklich geeignet ist.
Das ändert aber nichts daran, daß ich dieses “Gespräch über das Katholische und die Kirche" gerne all jenen empfehlen möchte, die sich ausführlicher mit wohlbegründeten Positionen einer gut katholischen Lehre auseinandersetzen möchten - und auch genug Zeit haben, dies nicht nur im Vorbeigehen zu tun.
Christof Gaspari
Leo Cardinal Scheffczyk: Entschiedener Glaube - befreiende Wahrheit. Ein Gespräch über das Katholische und die Kirche mit Peter Christoph Düren. Stella Maris Verlag, ISBN 3-934225-27-6