Die christlichen Asketen der ersten Jahrhunderte ließen alles hinter sich, um in der Einsamkeit unter härtesten Bedingungen ein Leben im Angesicht Gottes zu führen. Ihre Suche und ihre Antwortversuche sind für uns heute nur noch schwer verständlich. Der radikale Bruch mit ihrer Umwelt förderte auch manche Eigenheit, angesichts derer wir allzu leicht amüsiert oder abgestoßen am Äußeren hängen bleiben.
Gerade im Leben und in den Aussprüchen dieser rauhen Gestalten der Wüste liegt aber eine tiefe Weisheit verborgen. Die frühen Mönche haben das Menschliche nicht abgewürgt; sie haben es vielmehr zur letzten Wahrheit gebracht, indem sie sich selbst Gott übergaben. Das zeigt die deutsche Benediktinerin Corona Bamberg meisterhaft in ihrem bekannten Werk Was Menschsein kostet, das nun, genau 30 Jahre nach seinem ersten Erscheinen, wieder herausgegeben wurde.
Mit wachem und klarem Blick auf die Zeit und den Menschen von heute fragt die Verfasserin die Mönchsväter nach ihren Erfahrungen und danach, was sie uns lehren können. In acht Kapiteln zeichnet sie acht Grundhaltungen menschlichen Lebens, zu denen die alten Mönche auch uns einladen: Der betroffene, entsagende, hellhörige, angefochtene, unverdrossene, freundschaftliche, einfältige, himmlische Mensch.
Ein Blick auf das zweite Kapitel “Der entsagende Mensch" kann verdeutlichen, wie die Autorin im ganzen Buch Mönchstradition und Gegenwart ins Gespräch miteinander bringt: Entsagung stößt in unserer Zeit auf Unverständnis und gilt als Bedrohung, nicht als wichtiger Teil des Menschseins. Doch so sehr die Wüstenväter in ihrer Askese zuweilen auch übertrieben und durch einseitige Entsagung das Wesentliche verstellt haben: “hinter den zeitbedingten Formen und Motiven lebt etwas Tieferes." Für die Mönche war das Evangelium die eigentliche Welt - an ihm haben sie alles andere gemessen und damit relativiert. Für sie zählte nur mehr Gott, und im Loslassen aller Dinge kamen sie zu einer neuen Liebe zur Welt. “Entsagung befreit zur ganzen und wahren Wirklichkeit."
Die Mönche zeigen, daß Entsagung mehr will als bloßen Verzicht, um anderes mehr schätzen zu können. Bamberg hört in den frühen Mönchen die Frage an uns heute, “ob von Entsagung im Vollsinn die Rede sein kann, solange nicht Gott als das Herz aller Wirklichkeit und als Ziel in den Blick kommt". Die Mönche lehren, was geglücktes Menschsein kostet. “Sie haben unter Beweis gestellt, daß man Verzicht nicht säkularisieren kann; sie haben seine genuin religiöse Wurzel aufgedeckt, ihn vorgelebt als eine unaufgebbare Weise, Gott zu suchen."
Dieses Werk versteht auf eindrucksvolle Weise, den Mönchsvätern eine Stimme zu geben, die mitten in unsere Zeit und unser Herz hineinspricht. Wir können viel von ihnen lernen. “Sie haben eine Spur gezogen. Man wird gut tun, sie zu beachten, auch wenn der eigene Weg anders verlaufen mag."
Bernhard Eckerstorfer OSB
Was Menschsein kostet. Aus der Erfahrung frühchristlicher Mönche gedeutet. Von Corona Bamberg. Topos Taschenbuch 376, Mainz 2001. 153 Seiten.