Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. (Mt 28,19f). Dieser Auftrag Jesu war für die Kirche zu allen Zeiten eine enorme Herausforderung, wenngleich seine Durchführung immer auch einem zeitbedingten Wandel unterworfen war. Oft sah man wenig Notwendigkeit, den Menschen die Glaubensinhalte verständlich zu vermitteln - man begnügte sich mit der Taufe.
Als um 1500 die Glaubensverbreitung die neu entdeckten überseeischen Gebiete Asiens zu erfassen begann, bewies insbesondere der Jesuitenorden ein außergewöhnlich fortschrittliches Verhalten: In der Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten in Sprache, Kultur und Mentalität der Menschen lag das Geheimnis seiner großen Missionserfolge.
Einer der beeindruckendsten Missionare jener Zeit war der hl. Franz Xaver. Er wurde am 7. April 1506 auf Schloß Xavier im Königreich Navarra geboren und entstammte uraltem baskischem Adel. Dementsprechend erzogen, ging er als 19jähriger zum Studium nach Paris, um die Voraussetzungen für ein hohes geistliches Amt zu erwerben.
Dort lernte er den viel älteren Basken Ignatius von Loyola kennen - eine anfangs recht mühsame Bekanntschaft. Denn Francisco, damals noch sehr eitel und auf seinen Adel bedacht, fand wenig Gefallen an Ignatius' stets ernsten Worten. Erst allmählich begann er seine Lebenspläne zu überdenken, was dann letztlich dazu führte, daß er sich mit fünf Gleichgesinnten Ignatius' Idee einer Ordensgründung anschloß.
1537 wurden er und seine Gefährten in Venedig zu Priestern geweiht, 1538 stellten sie sich dem Papst zur Verfügung, der 1540 den Orden der “Gesellschaft Jesu" bestätigte: einen Orden, dessen Grundanliegen die Glaubensverbreitung im strengen Gehorsam zum Papst war, “zur größeren Ehre Gottes" und unlösbar mit dem Dienst am Nächsten verbunden.
Francisco, der seine Bereitschaft bekundete, “wenn es gut ist, bis nach Indien" zu gehen, wurde dann tatsächlich (eigentlich bloß als Ersatzmann) im März 1540 als Missionar für Indien berufen. Ausgestattet mit den notwendigen päpstlichen Vollmachten, gelangte er nach einem längeren Aufenthalt in Lissabon und einer äußerst schwierigen Seefahrt im Mai 1542 nach Goa, der Hauptstadt des portugiesischen Kolonialreiches auf dem asiatischen Kontinent.
Sehr schnell erkannte er, daß die scheinbar bereits erfolgte Christianisierung der Menschen großteils nur oberflächlich war. Zum einen war für die dort ansässigen Europäer der Glaube nur Mittel, Macht auszuüben und die Eingeborenen zu unterdrücken, zum anderen zeigte sich, daß die vielen getauften Inder meist keinerlei Glaubensunterweisung erhalten hatten. Viele ließen sich nur aus Opportunismus taufen, um daraus Vorteile bei den Portugiesen zu ziehen. Die portugiesischen Priester wiederum tauften zwar, sprachen aber die lokale Sprache nicht.
Franz Xaver ging einen völlig anderen Weg. Ihm lagen vor allem die Armen, die Sklaven am Herzen, für sie zog er bettelnd durch die Straßen Goas und gewann damit schnell ihre Zuneigung. 1541 übernahm er die Leitung eines Kollegs, das für die Ausbildung einheimischer Missionare in Goa und in der Folgezeit für die Missionierung des Ostens größte Bedeutung gewinnen sollte.
Auf seinen zahlreichen Reisen (Malakka, malaische Inseln, Molukken) fand er immer wieder dieselbe Situation vor: “Die hiesigen Christen haben niemanden, der sie im Glauben unterrichten könnte. Daher wissen sie auch davon nichts als das eine, sie seien eben Christen." So begann er, sich zuerst die Predigten, das Glaubensbekenntnis und die wichtigsten Glaubensgrundlagen in die verschiedenen Landessprachen übersetzen zu lassen und gleichzeitig selber die Sprachen der Völker zu lernen, zu denen er auf seinen Reisen kam.
“Nachdem ich den Kindern und Neubekehrten die Grundbegriffe des Glaubens beigebracht hatte, gab ich ihnen zu jedem einzelnen Glaubensartikel eine kurze Erklärung, die in der Volkssprache abgefaßt war, sie ist dem Fassungsvermögen der Eingeborenen angepaßt ... (und) so aufgebaut, daß innerhalb eines Jahres die Grundwahrheiten unseres Glaubens gelehrt werden können."
Nicht nur auf die Kinder, an die er sich gerne wandte, machte sein glaubwürdiges Bemühen Eindruck, auch die Eltern konnten es nicht fassen, daß ein weißer Pater sich mühte, ihre eigene Sprache zu erlernen. Gerade in seiner persönlichen Einfachheit, seiner liebevollen Ausstrahlung lag das Geheimnis seines Erfolges: “Oft sind mir die Arme müde vom Taufen ..." Bald jedoch hatte er einheimische Priester als Hilfen bei sich, wußte er doch, daß nur mit einem einheimischen Klerus der Glaube auf Dauer bei den Menschen Fuß fassen würde.
Trotz aller Erfolge blieb er selber der gleiche: “Pater Xaver geht herum mit bloßen Füßen, sein Gewand ist ärmlich und zerrissen. Man nennt ihn den ’Großen Vater'; alle lieben ihn sehr." Er war voller Verständnis für die Nöte und Probleme seiner Mitmenschen. Aufgeschlossen für soziale Fragen suchte er nach Wegen, gesellschaftliche Mißstände zu beseitigen. Zugleich achtete er darauf, daß nur die besten Priester als Missionare ausgesandt wurden.
1549 wurde er der erste Provinzial der neuen selbständigen Ordensprovinz Goa. Trotz aller Erfolge (auch hinsichtlich der Ausbreitung des Ordens, der 1549 bereits an zahlreichen Orten Niederlassungen hatte) gab es bittere Enttäuschungen - vor allem durch die Habsucht der portugiesischen Kaufleute und der korrupten Beamten: “Wahrlich, es ist ein Martyrium, keinen Einspruch erheben zu können und mit gebundenen Händen zusehen zu müssen, wie alles wieder zerstört wird, was man mit so großer Mühe aufgebaut hat."
Schon 1548 hatte Xaver in Malakka von den kürzlich entdeckten japanischen Inseln gehört. Dort hatte sich ihm auch Anjiro, ein Samurai aus Kagoshima, der aus eigenem Antrieb Christ werden wollte, angeschlossen und viel von den Eigenarten Japans erzählt. Ausgestattet mit Send- und Empfehlungsschreiben sowie mit Geschenken europäischen Ursprungs, reiste Franz mit Anjiro und einer kleinen Gruppe von Begleitern nach Kagoshima, wo er vom residierenden Fürsten die Erlaubnis zu predigen erhielt.
Anjiros Familie ließ sich bald taufen und bildete den Kern der ersten japanischen Christengemeinde. Allerdings herrschten im Lande schwierige Bedingungen: mächtige Fürsten bekämpften sich andauernd, und es gab eine Fülle verschiedener sektenartiger Religionen. Dazu kam die schwer zu erlernende Sprache. Günstig für seine Aufgabe war nur, daß die Fürsten an Handelsbeziehungen interessiert waren und das Christentum dafür als vorteilhaft ansahen. Zwei von ihnen wurden alsbald Förderer Xavers und gewährten ihren Untertanen Gesinnungsfreiheit. So gab es bald in fünf Städten kleine christliche Gemeinden, spektakuläre Bekehrungen (z. B. eines berühmten buddhistischen Gelehrten) und den ersten japanischen Jesuiten, Lorenzo Ryosai, der, beinahe blind, ein großer Prediger wurde.
Zunehmend wuchs allerdings auch die Gegnerschaft der japanischen, meist buddhistischen Priesterschaft: “Sie sagen ...(unser Gott) könne nur ein mächtiger Dämon sein, wir aber seien dieses Teufels Schüler." 1551 mußte Xaver trotz vielversprechender Anfänge zurück nach Goa, um dort Mißstände innerhalb des Jesuitenkollegs zu bereinigen.
Die kulturelle Verbundenheit Japans mit China brachte Xaver auf den Gedanken, in dieses für Ausländer verbotene Land zu reisen. “Dorthin ruft mich die Hoffnung, vieles zur Ehre Gottes und zum Heil der Chinesen wie der Japaner zu wirken." Schon früher hatte er sich, so gut es ging, über dieses Land informiert - überhaupt zeugen seine Briefe von erstaunlichen Kenntnissen über die Völker Asiens. Doch die hoffnungsvollen Bemühungen um eine offizielle Delegation zerbrachen an Intrigen und Neid, sodaß Xaver schließlich seine Reisepläne allein auszuführen gedachte: “Ich gehe zu den Inseln von Kanton, jeder menschlichen Hilfe beraubt, mit der Hoffnung, daß irgendein Maure oder Heide mich zum Festland von China bringen wird" - jedoch vergeblich. Auf der Insel Sancian starb er am 3. Dezember 1552, wahrscheinlich an einer simplen Erkältung.
Was ist nun seine Botschaft an uns? Jesu Auftrag ist immer noch gültig. Heute sehen wir aber, daß das einst christliche Europa selber zu einem Missionsland geworden ist, das einfühlsame, demütige, glaubwürdige Zeugen des Evangeliums von der Art des hl. Franz Xaver braucht. Leute wie er waren es zu allen Zeiten, die den Samen des Glaubens in die Herzen der Menschen legten, den dann der Hl. Geist wachsen lassen konnte.