VISION 20006/2003
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Pressesplitter kommentiert

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Blair hat gelogen

Der britische Premierminister Tony Blair hat die britische Öffentlichkeit nach Angaben seines früheren Außenministers Robin Cook bewußt über die Gefährlichkeit Saddam Husseins getäuscht. Blair habe zwei Wochen vor Beginn des Kriegs gegen den Irak im März in einem privaten Gespräch zugegeben, daß Saddam keine Massenvernichtsungswaffen besitze, die innerhalb kurzer Zeit gefechtsbereit seien, schrieb Cook in seinen Memoiren. ... Blair sei auf jeden Fall bereit zum Krieg gewesen, egal, ob die UN-Waffeninspekteure Fortschritte bei ihren Nachforschungen im Irak erzielten oder nicht.

Die Welt v. 5.9.03

Mittlerweile ist offenkundig: Der primäre Grund für den den Irak-Krieg war vorgetäuscht. England und die USA haben einfach gelogen. Ist es nicht unfaßbar, daß jene, die diese Täuschung zu verantworten haben, trotz allem im Amt bleiben?


Der Mann - das Minderwesen

Auf der jahrelangen Suche nach dem Kern alles Männlichen ... sind die Erbgut-Detektive auf Hinweise gestoßen, daß das Y-Chromosom, die Heimat des Mannmacher-Gens, im Niedergang begriffen ist. Es schrumpft. In den vergangenen 300 Millionen Jahren hat das Y-Chromosom bereits zwei Drittel seiner ursprünglichen Größe eingebüßt, und dieser Trend setzt sich fort. Damit scheint unausweichlich, daß die Männer aussterben werden. Die Frage ist nur noch: wann?

(...) Männer erscheinen wie gentechnisch verkorkste Frauen, denen die Natur einen Geburtsfehler im Zellkern verankert hat. Anstelle des zweiten X-Chromosoms besitzen sie nur ein einsames, verkürztes Y-Chromosom. Und dieser Mickerling hat die Fähigkeit verloren, sich zu regenerieren. Die Folge: Mutationen sowie genetische Verluste werden unweigerlich vom Vater auf den Sohn vererbt. Im Laufe der Ahnenreihe sind bereits Hunderte Gene dem Schwund zum Opfer gefallen. Übrig blieb ein genetischer Traum, dessen Inspektion Forscher nun erschauern lässt.

(...) Sykes' (Genetiker, Anm.) Berechnungen zufolge werden die Männer in 5.000 Generationen, also in ungefähr 125.000 Jahren, von der Erdoberfläche verschwunden sein, so wie vor ihnen Dinosaurier und Riesenalken...

Da trifft es sich, daß die Reproduktionsmediziner derzeit üben, gewissermaßen gegenläufig zum Abgang des männlichen Geschlechts, den Mann durch Technik zu ersetzen. Dabei wenden sie Methoden an wie das Klonen oder die Herstellung von Ersatzspermien aus weiblichem Gewebe. Läuft alles glatt, dann brauchen die Frauen der Zukunft von Männern nicht einmal mehr den Samen.

(...) Zwar existieren im ungeheuren Formenparadies der Erde auch Geschöpfe, die sich ungeschlechtlich vermehren. (...) Aber mindestens 99,9 Prozent aller Tiere haben sich, wohl für immer, auf Sex verlegt. Und zu diesem Zweck kamen die Männchen ins Spiel. “Solche Lebewesen sind zwar kostspielig und ineffektiv", seufzt der (britische) Genetiker (Steve) Jones, “aber wenn sie erst einmal entstanden sind, wird man sie nicht wieder los." Die Männer sind für den Gelehrten nichts anderes “als genetische Brücken zwischen den weiblichen Linien".

Männer sind also von der Natur erfunden worden als Vehikel, um Gene von der Mutter zur Gattin zu tragen und so das weibliche Erbgut zu durchmischen. Adam, der mit der Rippe, war nicht erster Mensch, sondern bloßer Frauenverkuppler.

Der Spiegel 38/03

Erstaunlich, daß ein renommiertes Medium wie Der Spiegel so einen Unsinn bringt. Eine Wissenschaft, die die Evolution zur Gottheit erhebt, verkommt offenbar leicht zum Lieferanten von nicht einmal besonders lustigen Gags.


Extrem lebensfeindlich?

Bewaffnet mit herzförmigen Luftballons, zahlreichen “Informations"-Broschüren und einem zwei Meter großen, aufblasbaren Plastik-Embryo namens Lisa waren die AktivistInnen von “Jugend für das Leben" diesen Sommer im Rahmen ihrer Aktion “City Life" quer durch ganz Österreich unterwegs, um “für das Leben" zu demonstrieren. Tatsächlich greifen die AbtreibungsgegnerInnen mit ihren Aktionen das hart erkämpfte Recht der Frau auf Selbstbestimmung an. Bei der Abschlußkundgebung der Tour in Wien am 30. August hat sich deshalb eine große Gruppe von GegendemonstrantInnen auf dem Stephansplatz formiert.

“Sie sagen zwar, daß sie pro Life - also für das Leben - sind, in Wirklichkeit sind diese radikalen AbtreibungsgnerInnen aber extrem lebensfeindliclh", erklärt Claudia Sorger, Frauensprecherin der Sozialistischen Links-Partei (SLP), befragt, warum sie an der Gegenkundgebung teil nimmt. Denn worauf die jungen Pro Life AktivistInnen in ihrer Argumentation gerne vergessen, sind jene 200.000 Frauen, die jährlich weltweit bei illegalen Abteibungen sterben.

unique 7.9.03 (Zeitung der ÖH Uni Wien

Kein Zweifel, wem die Sympathie des offiziellen Organs der Wiener Uni-Studenten gehört. Umso wichtiger ist die Aufgabe der mutigen jungen Leute von “Jugend für das Leben".


Gottesmodul

Nichts ist rätselhafter als die Religion, meint der amerikanische Neurologe Vilayanur Ramachandran und hat sich daher auf die Suche nach den neuronalen Grundlagen für religiöse Erfahrungen gemacht. Im Hirnareal hinter dem linken Ohr wurde er fündig: Dieses “Gottesmodul" steht in enger Verbindung mit spirituellen Erfahrungen. Bei Patienten mit Temporallappenepilepsie (TLE) kommt es zu gewitterartigen Erregungen der Nervenzellen im Schläfenlappen, und die Betroffenen berichten danach von “spirituellen Visionen". Während bei den meisten Menschen Gedanken an Sex oder ein süßes Baby starke Emotionen hervorrufen, geraten Epileptiker bei religiösen Szenen oder dem Wort “Gott" in Ekstase. Offensichtlich sind bei ihnen die neuronalen Verschaltungen besonders ausgeprägt, weshalb sie die ganze Welt von Göttlichkeit durchdrungen erleben.

Die Erfahrung, mit dem gesamten Universum zu verschmelzen, hat auch der Radiologe Andrew Newberg genauer unter die Lupe genommen und festgestellt, daß bei Meditierenden das Orientierungs-Assoziations-Areal des Gehirns inaktiv wird, das die physischen Grenzen des Körpers vermittelt und Informationen über Zeit und Raum liefert. Durch die fehlende Stimulation dieses Areals während der Meditation verschwindet der Bezug zu Raum und Zeit, und die Körpergrenzen lösen sich auf.

Zeitschritt 17, Sept. 03

Daß religiöse Erfahrungen mit der Aktivierung einzelner Gehirnpartien einhergehen, bedeutet nicht, daß sie allein dort, also im Körper ihren Ursprung haben. Diese Regionen des Gehirns stellen vielmehr die Verbindung zwischen Geist und Körper her.


Kleinere Familien

Der Trend zu kleineren Haushalten setzte sich fort: Die durchschnittliche Haushaltsgröße sank von 2,57 im Jahr 1991 auf 2,38 Personen. Dieser Trend ist ausnahmslos in allen Bundesländern zu beobachten. Besonders stark war die Zunahme von Einpersonenhaushalten (plus 29 Prozent). Österreichweit ist bereits jeder dritte Haushalt ein Singlehaushalt, in Wien fast jeder zweite (45%) ... Bundesweit stellten Zweipersonenhaushalte 29 Prozent, Dreipersonenhaushalte 16 Prozent und Vierpersonenhaushalte 14 Prozent der Haushalte. In den restlichen 8 Prozent Privathaushalten lebten fünf und mehr Personen.

Der Trend zum Alleinleben zeigt sich vor allem im jungen Erwachsenenalter (25 bis 34 Jahre). Bereits 16 Prozent dieser Altersgruppe leben als Single, 1991 waren es 10 Prozent. Trotzdem bilden nicht junge Erwachsene das Gros der Alleinlebenden, sondern ältere Menschen - in 43 Prozent aller Einpersonenhaushalte leben Personen im Alter von 60 und mehr Jahren.

Pressemitteilung v. Statistik Austria 7.881-131/03

Nur mehr in acht Prozent der Haushalte leben fünf oder mehr Personen. Es gibt kaum noch Familien mit mehr als zwei Kindern. Daß sich so wenige für eine größere Kinderschar entscheiden, hängt sicher auch mit den finanziellen Einbußen zusammen, die eine solche Option mit sich bringt:

Monatlich 1250 Euro weniger

Frauen mit Kindern unter 19 Jahren haben im Jahr 2000 durchschnittlich im Monat um 540 Euro weniger verdient als kinderlose Frauen in einem vergleichbaren Beschäftigungsverhältnis vor der ersten Geburt. Mit zwei Kindern stieg der Verdienstrückgang auf 690 Euro, bei drei Kindern fielen monatlich rund 730 Euro weg. Frauen, die sich wegen der Kinderbetreuung ganz aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hatten, verloren monatlich 1.250 Euro. Wird der Verdienstausfall bis zum Alter des jüngsten Kindes von rund 17 Jahren aufgerechnet, so kommt es zu einem Einkommensverlust von durchschnittlich 106.600 Euro bei einem Kind. Zwei oder mehr Kinder “kosten" in diesem Fall 130.000 Euro. Unterbrechen Frauen ihre Berufstätigkeit während der Kindererziehungszeit gänzlich, so beträgt der Verdienstausfall rund 223.600 Euro.

beziehungsweise 17/03

So erfreulich die Kindergeld-Regelung in Österreich auch ist, bleibt es in Europas Ländern mit ihren extrem niedrigen Geburtenraten eine Herausforderung, die finanzielle Last des Großziehens von Kindern zu mindern. Liebkind der derzeit praktizierten Finanzpolitik scheint jedoch nicht die Familie, sondern das Großkapital zu sein:

Die Reichen werden reicher

Wenn wir einen Blick in die Lohnsteuerstatistik werfen, sehen wir eine zunehmende soziale Polarisierung in Österreich: Ein unterdurchschnittlicher Anstieg der Einkommen unten, überdurchschnittliches Einkommenswachstum oben. Seit 1995 sind die Nettolöhne der untersten 30 Prozent der Einkommensbezieher nur um 2,3% gestiegen, die obersten 5 Prozent dagegen konnten eine Zunahme von 17,4% verzeichnen. Würden Einkünfte aus Besitz oder Vermögen noch dazugerechnet, wäre die Schere noch weit größer.

... In den vergangenen Jahrzehnten ist der Lohnanteil am Volkseinkommen deutlich zurückgegangen, und zwar von 72,3% (1976) auf 66,2% (1998). Der Hauptfaktor für den Rückgang der Lohnquote ist die Entwicklung der Besitzeinkommen. Während sich die Gewinneinkommen gegenüber 1964 vervierfachten, stiegen die Besitzeinkommen um das fünfzigfache. Die rasch wachsende Bedeutung der Vermögen zeigt sich auch an der Verschiebung der Einkommensstrukturen: Mitte der 60er Jahre waren nur rund 5% der gesamten Einkünfte aus Besitz und Unternehmen, heute sind es jedoch rund ein Viertel.

Die Armutskonferenz

Die Konzentration des Vermögens in den Händen von immer weniger Superreichen ist ein Phänomen, das international zu beobachten ist. Es ist nicht nur ungerecht, sondern gefährdet auch unser Wirtschaftssystem, schränkt es doch die Konsummöglichkeiten einer wachsenden Zahl von Bürgern ein.


Ethische Grauzonen

Österreich und Deutschland gehören zu jenen Staaten in der EU, die sich gegen eine weitere Förderung und Liberalisierung der Forschung an embryonalen Stammzellen aussprechen. Die Argumentation: Weil dabei Embryonen “vernichtet" würden, handle es sich um Tötung von Leben. Länder wie Großbritannien, die vielleicht auch nicht so stark durch die christliche Morallehre geprägt sind, gehen etwas freizügiger mit diesem Thema um. Die Linie der Letzteren erscheint in einem Zeitalter konsequent, in dem niemand mehr ein ehtisches Problem mit der künstlichen Befruchtung hat. Auch hier müssen überzählige Embryonen “vernichtet" werden. Sie etwa der medizinischen Wissenschaft zur Verfügung zu stellen, erscheint selbst Ethikern mit theologischem Hintergrund moralisch vertretbar.

Auf der Ebene vordergründiger Polemik: Hier könnte man noch die gesetzlichen Möglichkeiten und die mittlerweile weitgehende gesellschaftliche Akzeptanz zur Abtreibung bereits erheblich entwickelter Embryonen anführen, um Widersprüche in der aktuellen politischen Diskussion aufzuzeigen.

SN v. 23.9.03

Die angeführte Argumentation läßt den Fluch der bösen Tat erkennen. Wer sich mit der Abtreibung, dem Einfrieren und nachträglichen Vernichten tiefgefrorener “überzähliger" Embryos bei künstlichen Befruchtungen abfindet, hat auch keine Argumente gegen des Herumforschen an embryonalen Stammzellen. Theologen, die solches rechtfertigen, sind Irrlehrer.


Weg mit den Kreuzen

In einer kleinen Grundschule der mittelitalienischen Provinz L'Aquila müssen die Kreuze abgenommen werden. Der muslimische Vater zweier Schüler hatte sich ans örtliche Zivilgericht gewandt und geklagt, der "Miniaturleichnam" an der Wand verletze die Gefühle seiner Kinder. Der Richter gab ihm recht. Das Urteil löste Empörung aus, rief sogar Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi auf den Plan: Das Kreuz stehe nicht nur für eine Religion, sondern für die Identität des ganzes Landes.

... "Das Kreuz", so der junge Richter, “vermittelt die implizite Zugehörigkeit zu Werten, die nicht wirklich gemeinsames Erbe aller Bürger sind; es setzt eine Homogenität voraus, die es nie gab und die heute gewiß nicht mehr vorhanden ist." Es erteile allen Schülern, ob sie wollten oder nicht, Religionsunterricht. “Auf diese Weise wird die öffentliche Schule zu einer konfessionellen, wodurch das pluralistische Image derselben stark redimensioniert wird, was der Verfassung widerspricht."

Die Presse v. 28.10.03

Und das in Italien! Da wird deutlich, wie weit sich Europa von seinen Wurzeln entfremdet hat. Zu bedenken ist außerdem: Mit derselben Argumentation könnte man verbieten, die Glocken der Kirchen zu läuten, Fronleichnamsprozessionen abzuhalten oder Marterln an den Wegen zu errichten.

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