VISION 20001/2004
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Kriegsjahre im Glauben bewältigt

Artikel drucken Tagebuch-Aufzeichungen eines 20jährigen

Zunächst habe ich in “Jugend in der Mühle des Krieges" nur zu blättern begonnen - aus einer Art Pflichtgefühl heraus dem Autor gegenüber, der mir das Buch zur Ansicht geschickt hatte. Ehrlich gesagt, ich hatte so meine Zweifel, ob eine Buchbesprechung über Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg und in der russischen Kriegsgefangenschaft in VISION 2000 passen würde.

Es ist nicht beim Blättern geblieben. In den Tagen um Weihnachten habe ich die 250 Seiten mit viel Interesse und Anteilnahme gelesen. Über weite Strecken des Buches führen die Kriegstagebuch-Aufzeichnungen des Autors, Michael Sager, Auszüge aus seiner Korrespondenz mit den Eltern, einer Jugendfreundin, einem Geistlichen, ein paar Freunden den Leser in eine Welt, die den meisten von uns völlig fremd ist. Erzählungen aus der Erinnerung ergänzen diese Schilderungen für jene Zeitabschnitte, für die Aufzeichnungen fehlen (die Zeit des Arbeitsdienstes und der Kriegsgefangenschaft).

So erlebt der Leser den gesamten Rußland-Feldzug aus der Sicht eines 20jährigen, der mit einer Gebirgsjäger-Division bis in den Kaukasus vorstößt, um sich dann bis zum letzten Tag des Krieges dem ständigen Vordringen der russischen Truppen entgegenzustemmen. Unter welch unfaßbaren Bedingungen und Strapazen, psychischen Belastungen spielt sich dieses Leben ab, dauernd den Tod vor Augen, fortwährend mit dem Verlust guter Kameraden konfrontiert!

In dieser Sammlung kurzer Aufzeichnungen taucht der an den heutigen Wohlstand und den relativ geordneten Ablauf der Dinge gewöhnte Leser in eine fremde Welt. Aus ihrer Perspektive relativiert sich ganz selbstverständlich das eigene Sorgen.

Aber es sind nicht nur diese nüchternen Schilderungen aus einer anderen Welt, die das Buch lesenswert machen. Es ist das Glaubenszeugnis des jungen Sager und das seiner Korrespondenten, vor allem von Dorle, einer jungen Frau, die zu Herzen gehen.

Ein tiefes Gottvertrauen trägt die Beteiligten durch diese schlimme Zeit. Es läßt sie empfindsame, aufrechte Menschen bleiben und es erschließt ihnen auch im Kugel- und Bombenhagel ein Leben ohne Bitterkeit, ohne übertriebenes Klagen, dankbar für Kleinigkeiten, mit einem offenen Blick für das Große und Schöne, die auch dunkelste Zeiten bergen.

Christof Gaspari

Jugend in der Mühle des Krieges. Erlebnisse, Tagebuch und Briefe des Soldaten Michael. Von Michael Sager. Eigenverlag. Rueppstr. 24, 81476 München.

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