VISION 20006/2010
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Die Umweltthematik: Tummelplatz der Ideologen

Artikel drucken Wenn das Neuheidentum als Ausweg aus der Umweltzerstörung angepriesen wird (Christof Gaspari)

Umweltthemen sind wichtig. Wie wir unseren Lebensraum, behandeln, ist eine Überlebensfrage. Die Angst der Menschen vor Umweltzerstörungen wird aber gern mißbraucht, um New Age-Gedankengut unter die Leute zu bringen.
Daß die auf „Fortschritt“ fixierten Gesellschaften Umweltfragen zwar breit in den Medien thematisieren, ihnen aber politisch kaum wirklich Rechnung tragen, ist Grund zur Sorge. Man denke nur an die mit der Atomenergie, mit der Gentechnik oder dem Mobilfunk verbundenen, wachsenden Gefahren.

Viele Kritiker der Umweltzerstörung schieben diese Bedrohung der Kirche in die Schuhe. Ihr Bekenntnis zum Schöpfungsauftrag – „Macht euch die Erde untertan“ (Gen 1,28) – habe die Ausbeutung der Natur zur Folge gehabt. Wie unzutreffend dieser Vorwurf ist, erkennt jeder, der sich nur ein bißchen mit der Thematik befaßt. So hat beispielsweise Papst Johannes Paul II. nur wenige Jahre nach der Veröffentlichung von Grenzen des Wachstums, dem ersten Alarmruf in Sachen Umweltzerstörung des „Club of Rome“ das Anliegen aufgegriffen und den heiligen Franz von Assisi zum Schutzpatron der Ökologen erklärt.
Am 6. November 1987 stellte er vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften fest: „Dieses Anliegen verdient äußerste Aufmerksamkeit und ist in Wahrheit im gegenwärtigen Augenblick der Geschichte und der Entwicklung der modernen Welt von größter Bedeutung.“
Zwei Jahre später trägt seine Botschaft zum 23. Weltfriedenstag den Titel: „Der Friede mit Gott, dem Schöpfer – Der Friede mit der ganzen Schöpfung“. Schon der Titel macht allerdings deutlich, worauf es dem Papst im Unterschied zu vielen Umweltbewegten ankommt: Nicht nur die Bedrohungen zu sehen und nach technischen und organisatorischen Maßnahmen zu rufen, sondern auch auf die geistigen Wurzeln der Misere hinzuweisen: den Verlust der Beziehung zum Schöpfer, der dem Menschen Sein Werk anvertraut hat.
Tatsache ist nämlich: Nicht die vom Christentum geprägte Kultur des Mittelalters hat die bedrohliche Zerstörung des Lebensraums ausgelöst. Es sind die gottlosen, dem wirtschaftlichen Fortschritt verschriebenen Ideologien des Kapitalismus und Sozialismus, die für die heutige Misere verantwortlich zu machen sind.
Daher schreibt Papst Johannes Paul II. auch in seiner Enzyklika Centesimus annus: „Der unbesonnenen Zerstörung der natürlichen Umwelt liegt ein heute leider weitverbreiteter anthropologischer Irrtum zugrunde. Der Mensch, der seine Fähigkeit entdeckt, mit seiner Arbeit die Welt umzugestalten und in einem gewissen Sinne neu zu ,schaffen’, vergißt, daß sich das immer nur auf der Grundlage der ersten Ur-Schenkung der Dinge von seiten Gottes ereignet.“ Auch der Weltkatechismus hatte betont, daß die Erde ein dem Menschen anvertrautes Erbe sei.
Ein weiteres Anliegen Johannes Paul II. war es, die Umweltzerstörung in den größeren Rahmen der Lebensfeindlichkeit schlechthin zu stellen. Er erklärt: „Wie ist es möglich, wirksam die Natur zu verteidigen, wenn man gleichzeitig für Initiativen eintritt, die das Herz selbst der Schöpfung, den Menschen, trifft. Kann man gegen die Zerstörung der Welt auftreten, wenn man im Interesse des eigenen Wohlbefindens und der Bequemlichkeit die Ausmerzung ungeborener Kinder, die Tötung von Alten und Kranken ebenso propagiert wie die Manipulation des menschlichen Lebens bei der Zeugung. Wenn das Wohl der Wissenschaft und die wirtschaftlichen Interessen Vorrang vor dem Wohl des einzelnen und ganzer Gesellschaften bekommen, sind die Zerstörungen in der Natur die Anzeichen für die tatsächliche Geringschätzung des Menschen…“
Die Kirche tritt sehr wohl für die Bewahrung der Schöpfung ein. Sie stellt das Problem aber in den größeren Rahmen der allgemeinen, gottlosen Lebensfeindlichkeit, weist auf den geistigen Hintergrund des Geschehens hin.
Mit diesem Hinweis auf die geistigen Hintergründe steht die Kirche allerdings nicht allein da. Auch andere geistige Strömungen haben sich der Umweltthematik bedient, um ihre Perspektive zu etablieren – und zwar das uralte heidnische Gedankengut, das in New Age-Konzepten wiederaufersteht: Um die Natur rund um uns aufzuwerten, mißt man Pflanzen, Tieren, Flüssen den gleichen Wert zu wie den Menschen, einer Säugetierrasse unter anderen. Indem man dessen Sonderstellung in der Schöpfung leugnet, wertet man ihn ab und kann dann auch von „Rechten“ der Tiere, von „Rechten“ der Biosphäre sprechen.
In einem Artikel von Greenpeace aus dem Jahr 1979 (zitiert von Jacques Verlinde in Une nouvelle idéologie?) heißt es etwa: „Das humanistische Wertesystem muß durch ein ,supra-humanistisches’ ersetzt werden. Werte, die allem tierischen und pflanzlichen Leben legale und moralische Berücksichtigung einräumen.“
Dieses Denken hat in den letzten Jahrzehnten auch auf internationaler Ebene Einfluß gewonnen. Wer die Rede von UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali anläßlich des UNO-Weltgipfels über Umwelt und Entwicklung in Rio nachliest, nimmt dies erstaunt zur Kenntnis.
Da heißt es etwa: „Ich möchte mit der Feststellung schließen, daß der Geist von Rio ein neues Verhalten des Bürgers schaffen muß. Nachdem man ihn aufgefordert hatte, seinen Nächsten zu lieben, wie es das Evangelium verlangte, muß der Mensch auch die Welt lieben, inklusive Vögel, Blumen und Bäume – all diese natürliche Umwelt, die wir fortwährend zerstören. (…) Jenseits und über dem Vertrag mit Gott, jenseits und über dem Gesellschaftsvertrag mit den Menschen, müssen wir jetzt einen ethischen und politischen Vertrag mit der Natur schließen, mit dieser Erde, der wir unsere Existenz verdanken und die uns das Leben ermöglicht.“
Das klingt schon recht merkwürdig: die Liebe zum Menschen auf derselben Ebene wie die Beziehung zu Blumen und Bäumen… Und was soll ein Vertrag mit der Erde bedeuten? Wird Materie da nicht plötzlich personalisiert – ja vergöttlicht? Vor allem da Boutros Ghali ja auch von einem Vertrag mit Gott (übrigens kein Vertrag, sondern ein Bund) gesprochen hat. Ist damit die heidnische Verehrung von Gaia, der Mutter Erde gemeint? Der Verdacht verdichtet sich, wenn man Boutros-Ghali weiter zuhört: „Für die Alten war der Nil eine Gottheit, ebenso der Rhein, Ursprung unzähliger europäischer Mythen, ebenso der Urwald am Amazonas, Mutter aller Wälder. Überall auf der Welt war die Natur Sitz der Gottheit. Aufgrund dessen wurden Wäldern, Bergen, Wüsten Persönlichkeitsmerkmale zugeschrieben, die Anbetung und Respekt verlangten. Die Erde hatte eine Seele. Sie wiederzuentdecken und auferstehen zu lassen, ist das Ziel von Rio.“
Die Seele der Erde! Unglaublich! Ist der Sinn der Rio-Konferenz, die Weichen in eine umweltverträgliche Zukunft stellen sollte, also eine Rückkehr zum Neuheidentum?
Die Sorgen um das geistige Klima auf internationaler Ebene verdichten sich, wenn man liest, wofür der UNO-Sozialgipfel 1995 in Kopenhagen plädiert hat. Die radikale Dichotomie zwischen dem Menschen und der Natur oder dem Schöpfer und der Schöpfung müsse überwunden werden, „um Werten wie der Sakralität der Erde, der Kontinuität des Seins, des gedeihlichen Zusammenwirkens der menschlichen Gemeinschaft und der Natur und der Wechselseitigkeit von Menschheit und Himmel die ihnen gebührende Bedeutung in der Philosophie und der Theologie zu öffnen.“
Das ist New Age pur: Alles ist eine große Einheit und muß in Harmonie schwingen. Und: Wir brauchen eine neue Theologie! Die Botschaft Christi hat offenbar ausgedient.
Vollmundig kommt diese „Message“ dann aus der Feder von Al Gore, dem ehemaligen Vizepräsidenten der USA, Friedensnobelpreisträger 2007, Bestseller-Autor, weltweit gesuchter Redner und Vorkämpfer für den Klimaschutz, der sich klar zum erwähnten Paradigmenwechsel bekennt: „Wir dürfen nicht zögern, den alten Glauben an einen Pakt zwischen Gott und den Menschen aufzugeben. Es geht darum, einen neuen Glauben zu entwickeln, der aus der Vielfalt und dem Reichtum der vorchristlichen religiösen Traditionen schöpft, um die Beziehungen zwischen Mensch und Erde in einer harmonischeren Art und Weise neu zu definieren. (…) Der in primitiven Religionen gepflegte Kult von Mutter Erde könnte dem modernen Menschen viel geben.“
So wird die Umweltthematik zum Tummelplatz für Ideologen. Da gilt es, ein klare Sicht zu bewahren: Sorge um Artenvielfalt und Erhaltung von Naturlandschaften – ja; Abwertung des Menschen als eine Spezies unter vielen – nein. Bewahrung der Schöpfung – ja; Kult der Mutter Erde – nein. Die Lehre der Kirche erweist sich da wieder einmal als zuverlässiger Wegweiser.

Christof Gaspari
Die im Artikel angeführten Zitate sind zwei Vorträgen von Jacques Verlinde entnommen
(siehe www.final-age.net)

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