Ich verstehe gut, daß Ihr als Priester manchmal von den Zukunftsperspektiven entmutigt sein könnt. Ich möchte Euch aber zur Hoffnung und zu einem immer entschiedeneren Engagement für das Priestertum ermutigen. Auch wenn man die Schwierigkeiten realistisch sehen soll, so darf man doch weder der Entmutigung erliegen, noch sich mit der Betrachtung der abnehmenden Zahlen von Priestern begnügen, eine Entwicklung, für die wir uns nicht vollständig verantwortlich fühlen müssen. Wie Euer von der Bischofskonferenz 1996 veröffentlichter “Brief an die Katholiken Frankreichs" - er ist immer noch aktuell - zurecht betonte, ist die Krise, von der die Kirche betroffen ist, zum großen Teil eine Folge sozialer Veränderungen, neuer Verhaltensweisen, des Verlustes religiöser und moralischer Werte und einer weitverbreiteten Konsumideologie. Von all dem ist sowohl die Kirche als Institution wie auch das Leben ihrer Glieder betroffen.
Mit Christi Hilfe und im Bewußtsein unseres Erbes müssen wir dennoch auch unter widrigen Bedingungen den Jungen unbeirrt das priesterliche Leben als ein großzügiges Engagement und eine Quelle der Erfüllung vor Augen stellen - und dabei sorgsam die Berufungspastoral erneuern und stärken.
Was die Jugendlichen - sie sind oft von einem leichten und oberflächlichen Lebensstil geprägt - abschrecken kann, ist zunächst das Bild des Priesters, dessen Konturen in der modernen Gesellschaft unscharf sind und immer unklarer werden. Auch ist die Last, die auf den Priestern ruht zunehmend schwer. Daher ist es von entscheidender Bedetung, diese Identität zu stärken. Es geht darum, die Konturen des Weltpriester-Bildes zu schärfen.
Wie sollten sich die Jugendlichen auch von einer Lebensform angezogen fühlen, deren Schönheit und Größe sie nicht erkennen - in einer Situation, in der die Priester selbst sich nicht darum bemühen, ihre Begeisterung für die Mission der Kirche zum Ausdruck zu bringen?
Als Mann mitten unter seinen Geschwistern, ausgesondert, um ihnen zu dienen, findet der Priester seine Freude und das Gleichgewicht in seinem Leben in seiner Beziehung zu Christus und in dessen Dienst. Er ist der Hirte seiner Herde, er leitet das Volk Gottes, feiert die Sakramente, lehrt und verkündet das Evangelium. Durch die Begleitung seiner Gläubigen ist er deren geistlicher Vater. In all dem ist er zugleich Zeuge und Apostel, der durch die verschiedenen Dienste seines Amtes seine Liebe zu Christus, zu dessen Kirche und zu den Menschen bekundet.
Die Bedeutung, die Verschiedenheit und die Schwierigkeit der Mission, denen sich die heutige Priestergeneration zu stellen hat, mögen den Eindruck eines zersplitterten Dienstes erwecken, der die Jungen wohl nicht immer zur Nachfolge animiert. In diesem Zusammenhang möchte ich den Mut, den Eifer und die Ausdauer der Priester hervorheben, die ihren Dienst unter oft sehr schwierigen Bedingungen mitten in einer Gesellschaft, in der sie wenig Anerkennung finden, leisten. Sie sollen nicht den Mut verlieren, sondern in Christus den Mut finden, die ihnen anvertraute Mission zu erfüllen! Gemeinsam mit ihnen sage ich Dank für ihre Treue, Zeichen ihrer tiefen Liebe zu Christus und der Kirche.
Auszug aus der Ansprach beim Ad limina-Besuch französischer Bischöfe am 24.1.04. Übersetzt aus dem Französischen von CG.