Sie schreibe das Buch, weil ihr “selbst die Erfahrungen anderer oft hilfreich waren, und weil gute Erfahrungen ansteckend wirken." Und Erfahrungen hat Michaela Freifrau Heereman als Mutter von sechs Kindern zweifellos gesammelt. Nun ist aber “Zur Freiheit erziehen" nicht bloß eine Art Tagebuch über das Leben in einer großen Familie, sondern eine Auseinandersetzung mit der Situation der Familie in unseren Tagen und eine einleuchtende Antwort auf viele der vorherrschenden Fehlentwicklungen.
So manches gängige Klischee (Gleichbehandlung von Bub und Mädchen, Erfüllung der Frau im Berufsleben, liberales Gehabe in der Erziehung und andere) wird aufgrund der Befunde neuester Forschung zerpflückt. Aber immer in einem angenehmen Ton, nicht von oben herab, sondern auch auf dem Hintergrund des eigenen Lebensweges, die nicht ganz unbeeinflußt von den emanzipatorischen Lehren der 68er Generation gewesen war.
Da liest man etwa: “Kleine Kinder brauchen spätestens aber dem dritten Monat eine beständige Bezugspersion, aus deren liebevoller Zuwendung sie jenes Vertrauen entwickeln können, das die Grundlage für die Entwicklung einer gesunden Persönlichkeit bildet. (...) Diese unentbehrliche Bezugsperson ist für gewöhnlich die leibliche Mutter des Kindes, und das soll auch so sein. Der Normalfall ist der Idealfall." (S. 16f)
Oder: “Wir sollten Kinder wirklich alles, was sie gefahrlos und vernünftigerweise alleine tun können, alleine tun lassen. Selbst dann, wenn es uns wertvolle Zeit kostet zuzuschauen, wie sich etwa ein Socken in ihren Händen in einen hinterlistigen Gegner verwandelt. Lernerfolge motivieren zum Weiterlernen, und diese Motivation bleibt erhalten, je mehr Kinder lernen dürfen." (S. 91)
Oder: “Als ich vor Jahren einmal einen Artikel schrieb über die gegenseitige Ergänzung von Vater und Mutter in der Erziehung, fragte ich meinen damals 13jährigen Sohn nach seiner Einschätzung der Lage. Die lapidare Antwort wäre für jede Feministin geradezu niederschmetternd, für erfahrene Psychologen dagegen vorhersehbar gewesen. Er antwortete kurz und bündig: ,Du sagst uns, wie es geht und wir schauen, ob's Vadder auch so macht'." S. 75f)
Sympathisch aufgemacht, ist das Buch flott geschrieben und leicht lesbar. Man kann es in kleinen Abschnitten “konsumieren". Es geht auf viele praktische Fragen konkret ein und gibt viele bedenkenswerte Anregungen. Und es wird klar: Wer Kinder zu Persönlichkeiten erziehen will, muß Zeit haben, verfügbar sein, auf Fragen eingehen, Grenzen setzen und Durststrecken durchstehen können.
Vielleicht am meisten hat mich die positive, vom Glauben geprägte Grundstimmung des Buches beeindruckt. Sie wirkt nicht aufgesetzt, jubelt Familie nicht in einer unangenehmen, verzopften Art hoch, sondern vermittelt wie selbstverständlich die wichtige Botschaft: Freut Euch über eure Familien, bringt Euch, so gut es geht, in sie ein, es zahlt sich aus! Nicht nur Eure Kinder, sondern Ihr selbst werdet selbst am meisten davon profitieren. CG
Zur Freiheit erziehen - Wie Kinder zu selbstbewußten und verantwortlichen Menschen werden. Sankt Ulrich Verlag life. Augsburg 2003. 176 Seiten.
Diese und andere Bücher können bezogen werden bei: Christoph Hurnaus, Waltherstr. 21, 4020 Linz, Tel/Fax: 0732 788 117; Email: hurnaus@aon.at