VISION 20004/2004
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Die Schweizer Jugend im Sturm erobert

Artikel drucken Der Besuch des Papstes in Bern: ein Anlaß zur Hoffnung

Ort der Handlung: die Eisarena in Bern. 14.000 Jugendliche in bunten T-Shirts sind versammelt - wider alle Erwartungen. Begeisterungsstürme, als der Papst auf einem fahrbaren Stuhl aufs Podium geschoben wird, Weltjugendtagsstimmung. Christoph Hurnaus hat das Fest miterlebt.

In Anlehnung an das Motto des Treffens rief Johannes Paul II. die Jugend gleich zu Beginn seiner Predigt auf aufzustehen: “Habt keine Angst, Jesus zu begegnen." Er erinnerte sich dabei an seine eigene Jugend, als er selber nach dem Sinn des Lebens suchte, um zu bezeugen: “Ich habe ihn gefunden in der Nachfolge Christi, des Herrn."

Und der Papst fuhr fort: “Höre! Werde nicht müde beim Training in der schwierigen Disziplin des Hörens. Wenn du dein Herz und deinen Geist bereitwillig zu öffnen weißt, wirst du deine Berufung entdecken, jenen Plan, den Gott immer schon in seiner Liebe für dich vorgesehen hat." Auch in dieser Hinsicht gab Johannes Paul II. ein Zeugnis: “Nach fast 60 Priesterjahren freue ich mich, hier vor euch allen dafür Zeugnis zu geben: Schön ist es, sich bis zum Ende der Sache des Reiches Gottes hingeben zu können!"

Der Papst rief die Jugendlichen auf, sich auf den Weg zu machen: “Die Kirche braucht eure Energien, eure Begeisterung, eure jugendlichen Ideale, um dafür zu sorgen, daß das Evangelium das gesellschaftliche Gefüge durchdringt und eine Zivilisation wahrer Gerechtigkeit und Liebe ohne Unterschied hervorruft. Schweizer Jugendliche, macht euch auf den Weg! Der Herr geht mit euch." Die Predigt, die er in den drei Schweizer Amtssprachen vortrug, wurde immer wieder von Sprechchören der Jugendlichen unterbrochen. Am Ende seiner Predigt erntete er tosenden Applaus. Der Jubel der Jugendlichen wollte fast kein Ende nehmen. Johannes Paul II. hatte es in nur wenigen Minuten geschafft, daß ihn die Schweizer Jugendlichen fest in ihr Herz schlossen. Dabei stand dieser zweite Besuch Johannes' Paul II. in der Schweiz wahrlich unter keinen guten Vorzeichen. Im Vorfeld seines Besuches hatten 41 Katholiken aus dem Bistum Basel einen offenen Brief an den Papst geschrieben, in dem sie ihn ausgerechnet an seinem Geburtstag zum Rücktritt aufgefordert hatten. Selbst manche gutgläubige Katholiken verstanden nicht, warum sich der kranke Papst diese Reise überhaupt antun wollte.

Wäre es da für ihn nicht viel schöner gewesen, mit den mitteleuropäischen Völkern in Mariazell ein Glaubensfest zu feiern, hätte er nicht auch in seine Heimat Polen reisen können, wo die Gläubigen sehnsüchtig auf seine nächste Pastoralvisite warten? Nein, der alte, leidende Papst flog förmlich seinem nächsten Kreuz entgegen, um in Bern dann doch ein Pfingsten der Freude zu erleben.

In der Vorbereitung waren nur wenige Anmeldungen für dieses Jugendtreffen mit dem Papst eingelangt. Düsterste Prognosen sprachen von nur 3.000 Jugendlichen, die zum Treffen kommen würden. Doch dann bekam alles eine unglaubliche Dynamik. In den letzten beiden Tagen vor der Begegnung meldeten sich weitere 3.000 Jugendliche an. In der Schweiz lebende junge Kroaten, Polen, Italiener, Portugiesen trugen dazu bei, daß heuer in Bern fast ein kleines Weltjugendtreffen stattfand.

Der Papst kam wie der gute Hirte im Evangelium zu einer verloren geglaubten Generation in die Berner Eisarena, um der Jugend aufs neue seine Zuneigung zu zeigen und um ein Feuer für das Weltjugendtreffen 2005 in Köln zu entzünden. Johannes Paul II. weiß, daß in der Jugend jenes Potential zum Guten steckt, das selbst der in so viele Schwierigkeiten verstrickten Schweizer Kirche echte Erneuerung bringen kann. Wieder einmal konnte man erleben: Je schwieriger und heikler eine Mission ist, umso glänzender und erfolgreicher geht der Papst aus ihr hervor.

Pater Nicolas Buttet, einer der Mitorganisatoren der Papstreise, sprach in einem Interview vom Besuch des Papstes als einem großen Pfingsten für die Kirche der Schweiz: “Jenseits der Emotionen hat sich eine Art großes Pfingsten für die Schweiz aufgetan, die nicht länger wußte, was zu tun war, eine Kirche, die in sich geschlossen war, die endlos ihre Strukturen überarbeitete, einer reichen Kirche, die nicht den Weg aus sich selbst finden konnte ohne den Windstoß frischer Luft, der von außen kam."

Johannes Paul II. scheute auch diesmal keine Strapazen und Leiden, um der Jugend nahe zu sein. Die 70.000 Gläubigen, die sich am Sonntag zum Gottesdienst um ihren Hirten scharten, boten bereits ein prophetisches, pfingstliches Bild einer erneuerten Kirche. Sie kamen aus verschiedenen Nationen und Sprachgruppen und waren doch in der gemeinsamen Hoffnung um den einen Hirten versammelt, einen Hirten, der aufs neue ein Zeugnis seines unerschütterlichen Vertrauens in den Geist Gottes wider aller düsteren Meinungsumfragen ablegte.

So zeigte der Papst, daß wer einen “Eisernen Vorhang" bezwingt, sich auch vor Meinungsumfragen in einem demokratischen Land nicht zu fürchten braucht. Wie während des ganzen Vierteljahrhunderts seines Pontifikates steht sein Ruf “Fürchtet Euch nicht!" heute noch über allem, was er tut.

Christoph Hurnaus

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