VISION 20004/2004
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Pressesplitter kommentiert

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Trauert nur den Nazis nach!

Große Aufregung im österreichischen Parlament:

Josef Broukal ... meinte in Richtung der Koalitionsfraktionen: “Es ist Ihnen unbenommen, den Nationalsozialisten nachzutrauern". Was folgte, war Toben in den Bänken von ÖVP und FPÖ, eine Rücktrittsaufforderung von ÖVP-Klubchef Wilhelm Molterer an Broukal sowie der Wunsch von FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner, die Sitzung zu unterbrechen.

APA 4.6.04

Wie wenig sind die Ressentiments von einst überwunden, wie leicht können sie bei Bedarf mobilisiert werden! Man lese auf der SPÖ-Homepage nach, was diese Broukal-Bemerkung an gehässigen Äußerungen ausgelöst hat.


Übrigens: Nicht nur durch solche Aktionen gerät Europas Politik in Mißkredit.

Holt euch die Pest!

Überall auf dem Kontinent haben die Europäer den Regierungen, die sie - in einigen Fällen erst vor wenigen Monaten - selbst gewählt hatten, ein massives Mißtrauensvotum erteilt. Von London über Paris, Rom, Berlin bis hin nach Warschau hallt die klare Botschaft: Holt euch die Pest! Wie immer auch die politische Richtung der Regierung, ihre Haltung zum Irak, ihre wirtschaftlichen Leistungen oder ihre erklärten sozialen Ziele sein mögen, eine große Mehrheit derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, haben sie als Protest gegen eine Partei oder die Leute an der Macht genutzt. (...) Die Ergebnisse zeigen, wie weit entfernt das Projekt Europa nach wie vor von den meisten Wählern ist.

Independent v. 14.6.04

Ein tiefes Unbehagen mit der Politik herrscht in den meisten Ländern, das Gefühl, nichts beeinflussen zu können, weil “die da oben" ohnedies tun, was sie wollen. Typisches Beispiel: das Thema Türkei-EU.


Die Türkei kommt

In einer Studie der London School of Economics werden die Auswirkungen der Aufnahme Ankaras auf die EU als nicht dramatisch eingestuft. Mit einem Bevölkerungsanteil von 14,4 Prozent werde der Staat zwar gleich stark wie Deutschland und somit ein “mächtiger" Mitspieler sein. Die Auswirkungen auf den Abstimmungsmodus im Ministerrat und im Europaparlament seien aber “ohne größere Reformen" bewältigbar. Sowohl die Migration als auch die budgetäre Belastung der EU nach einem Türkei-Beitritt stellten die Union vor keine unlösbare Aufgabe, heißt es in der Untersuchung. Demnach würden sich die Transfers von Brüssel nach Ankara in den ersten drei Jahren einer Mitgliedschaft auf 45 Milliarden Euro belaufen.

Die Presse v. 17.6.04

Der richtige Gutachter richtet's schon. Dann läßt sich eine Politik legitimieren, die in fast allen Staaten von der Bevölkerung abgelehnt, von der politischen Kaste aber, wenn auch oft halbherzig, vorangetrieben wird.


Ein neues Gesicht

Chirurgen in den USA möchten weltweit erstmals ein komplettes Gesicht transplantieren. Der ethisch und medizinisch umstrittene Eingriff soll Patienten mit schweren Verbrennungen, Krebs, Schußwunden oder entstellenden Hundebissen zu neuem Aussehen verhelfen. Die Mediziner wollen einem Toten das Gesicht abtrennen - mit Ohren, Nase und Augenlidern - und einem ihrer Patienten aufstülpen. Ein Team um den Schönheitschirurgen John Barker von der Universität Louisville (US-Bundesstaat Kentucky) bemüht sich derzeit um die Genehmigung für die Operation.

SN v. 27.5.04

Nach Herzen, Nieren, Händen nun auch das Gesicht. Wann kommt der Ganz-Körper-Ersatz?


Holland ändert Drogenpolitik

Fast 30 Jahre nach der Einführung der liberalen Drogenpolitik in den Niederlanden, die den Konsum weicher Drogen wie Haschisch und Marihuana erlaubt, zeichnet sich ein Ende dieser Politik ab. Der holländische Justizminister Piet Hein Donner und sein Amtskollege für Gesundheit, Hans Hoogervorst, prüfen derzeit, ob der in “Coffeeshops" erlaubte Verkauf von in heimischen Treibhäusern gezüchtetem Hasch, dem so genannten Nederwiet, verboten werden soll.

Der Grund: Nederwiet wird immer stärker und macht immer häufiger süchtig. So haben Wissenschaftler des Drogenzentrums Trimbos-Institut herausgefunden, daß der high-machende THC-Gehalt im Nederwiet in den vergangenen fünf Jahren um sechs auf jetzt 15 Prozent gestiegen ist. ... Eine solche müsse verboten werden, fordern die beiden Fachminister.

Alarmierend sind auch die jüngsten Forschungsergebnisse des Trimbos-Instituts. Aus ihnen geht hervor, daß 2,5 bis drei Prozent aller Niederländer regelmäßig zum Joint greifen. Die Anzahl der Süchtigen durch Konsum des starken Nederwiet wird vom Trimbos-Institut inzwischen auf 30.000 bis 80.000 Personen geschätzt.... Auch sei die Zahl der regelmäßigen Joint-Konsumenten, die an Schizophrenie litten, sprunghaft angestiegen, stellten die Wissenschaftler fest.

Die Presse v. 16.4.04

Schweden hat eine ähnliche Kurskorrektur schon erfolgreich hinter sich gebracht.


Vielleicht führt übrigens folgende Einsicht endlich auch zu einer Kurskorrektur in Sachen Hochloben des Kondoms:

Krebs durch Kondome

Die meisten Kondome sind krebserregend. Das besagt eine Studie des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Stuttgart. Nur drei der 32 getesteten Verhütungsmittel seien frei von Nitrosaminen gewesen, sagte Laborleiter Werner Altkofer am Freitag. Weil es für Kondome keine Grenzwerte gebe, werde kein Produkt vom Markt genommen.

Wiener Zeitung v. 29.5.04


Mißbraucht von Priestern

Mehr als 4.000 katholische amerikanische Priester wurden in den letzten 50 Jahren wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern belangt. Soweit ein im Auftrag der US-Bischofskonferenz veröffentlichter Bericht. ... Der Bericht stellt fest, daß es sich bei 81 Prozent der Mißbrauchsfälle um männliche Opfer gehandelt hat ... Anschuldigungen wegen sexuellen Mißbrauchs wurden überwiegend gegen Priester erhoben, die in den sechziger und siebziger Jahren geweiht worden waren. Von den in den siebziger Jahren geweihten wurden zehn Prozent beschuldigt, Kinder belästigt zu haben. ...

Obwohl 80 Prozent der Opfer priesterlichen sexuellen Mißbrauchs männlich waren, verzichtete der John Jay-Report die offensichtliche Schlußfolgerung zu ziehen, daß der Skandal weitgehend als Folge der Homosexualität anzusehen ist. (...) Außerdem stellt das Gutachten fest, “daß mehr als 75 Prozent der Opfer in einem Alter war, daß der Mißbrauch nicht mehr der klinischen Definition von Pädophilie zugeordnet werden kann..." Die Zahl der weiblichen Opfer priesterlichen Mißbrauchs blieb über die Zeit weitgehend konstant, während die Zahl der männlichen zwischen 1960 und 1980 enorm anstieg.

The Catholic World Report 4/04

Dieser furchtbare Skandal in der amerikanischen Kirche ist wieder ein Beleg dafür, wie verheerend sich die Abkehr von der Sexualmoral, im konkreten Fall das Akzeptieren homosexueller Beziehungen (auch bei Priestern), auswirkt. Die meisten Fälle waren nämlich nicht Kindesmißbrauch, sondern homosexuelle Handlungen an Jugendlichen.


Der Neo-Glaube

Wir leben in einer stark individualisierten Gesellschaft. Tendentiell ist mittlerweile jeder seine eigene Zielgruppe. Das hat Konsequenzen für unseren Umgang mit Glauben und Spiritualität. Wo die Welt uns immer steuerungsloser vorkommt, haben hochspezielle bis bizarre Glaubensmodelle und Transzendentalpraktiken Konjunktur. Und so bedienen sich die Neugläubigen des 21. Jahrhunderts im weltweiten Supermarkt des Spiritualismus. Erlaubt ist alles: von Maharadscha-Massage-Mystics bis zur Salzlampe. Statt religiöser Routine in der bürokratisierten Amtskirche wandert die Spiritualität in die postmoderne Unterhaltungskultur aus. Das Abendland wird davon nicht untergehen. Allerdings wird es immer schwieriger, zwischen harmloser Lifestyle-Spiritualität und der kommerziellen Ausschlachtung religiöser Sehnsüchte zu unterscheiden.

Matthias Horx in “Forum" 1/2004

Wie schwerwiegend die Folgen der geistigen Desorientierung sind, kann der als großer Zukunftsforscher gehandelte Matthias Horx offensichtlich nicht einschätzen. Man muß sich nur umsehen, um sich diesbezüglich selbst ein Bild zu machen.


Eine Million Selbstmorde

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO starben allein im Jahr 2000 etwa eine Million Menschen durch eigene Hand. Suizid forderte damit zur selben Zeit mehr Opfer als Kriege und Verkehrsunfälle zusammengenommen. Das Gros der Selbstmörder stellen Menschen im Alter zwischen 15 und 34 Jahren, zwei Drittel der Selbstmörder sind Männer. In den meisten Staaten ist unter jüngeren Menschen der Selbstmord inzwischen dritthäufigste Todesursache.

Die Tagespost v. 6.3.04


Kein Beleg für die Harmlosigkeit des Konzepts Spiritualität als Unterhaltung. Was dabei im Extremfall herauskommen kann, zeigen die Erfahrungen - nicht nur - in Italien, dort aber offensichtlich in ganz besonders gravierender Form:

Satanische Sekten in Italien

Nachdem die Mailänder Sekte “Die Bestien des Satans" beschuldigt worden ist, bei ihren Ritualen mehrere junge Leute auf grausamste Weise umgebracht zu haben, will Italien scharf gegen derartige Vereinigungen vorgehen. Abgeordnete der Regierungspartei Nationalallianz (AN) drängen auf die Verabschiedung eines Gesetzesentwurfs, wonach der “Mißbrauch esoterischer Rituale" unter Strafe gestellt wird. Sektenanhänger werden mit Mitgliedern geheimer Logen gleichgestellt: Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Bei sexuellen Mißhandlungen, Kindesmißbrauch, Vampirismus und Drogenkonsum können die Strafen auf bis 14 Jahre steigen. “Sekten sind in Italien sehr verbreitet", warnte der Vater des Gesetzes, Roberto Alboni.

Nach Angaben von Experten sind in Italien 650 satanistische Sekten aktiv. Zu den “gefährlichsten" Gruppen zählten laut Fachleuten 15 “Psychosekten", denen insgesamt 8.500 Personen angehören und die ihre Mitglieder “in den Wahnsinn und den wirtschaftlichen Ruin treiben". Viele sind ausländischer Herkunft wie die hinduistische Gruppe “Ananda Marga", die in Indien als Terrorgruppe eingestuft wird, oder die japanische Organisation “Soka Gakkai".

Um sich zu retten, seien viele Ex-Anhänger gezwungen, aus Italien zu flüchten und unter anderer Identität ein neues Leben zu beginnen, berichtete der Verband Favis, der Opfern Hilfe und Schutz bietet. Demnach sind bereits drei Millionen Italiener Sekten oder anderen Scharlatanen ins Netz gegangen, die versuchen, ihre Anhänger zu versklaven.

APA v. 7.6.04


Satan ist keine Märchenfigur. Das wissen seine - in unserer arglosen Gesellschaft leider zahlreicher werdenden - Anhänger am besten. Gott sei Dank reagiert die Kirche entsprechend:

Vielbeschäftigte Exorzisten

Die Zahl der italienischen Katholiken, die sich um Hilfe an einen Exorzisten wenden, ist in den letzten Jahren rasch gestiegen. Kardinal Tarcisio Bertone (von Genua, Anm.) sprach die Vermutung aus, dies könnte in Beziehung mit “den verschiedenen Formen des Satanismus" im Lande stehen. “Besessenheit ist keine Einbildung", betonte er. In Italien wurden 300 Priester offiziell von ihren Bischöfen als Exorzisten bestellt.

The Catholic World Report 4/04


Von Zicken und Deppen

Die österreichische TV-Moderatorin Arabella Kiesbauer sieht das Niveau des Fernsehens “im freien Fall: Heute regieren Zicken und Deppen den Bildschirm mit programmlichen Inhalten, die eigentlich keine sind", sagte die 35jährige der Münchner “Abendzeitung". Ihr gehe “dieses effekthascherische Herumgegeifer" einiger neuer Moderatorinnen total auf den Wecker, sagte Kiesbauer. “Die tun so, als würde es sich bei dem Stumpfsinn, den sie verbreiten, um einen neuen Trend oder Kult handeln."

APA v. 4.5.04

Was so in Talk-Shows und im Rundfunk gelabbert wird, ist wirklich erstaunlich.


Kein Lebensraum für Kinder

Wenn jüngere Kinder nicht unbegleitet in unmittelbarer Umgebung mit anderen Kindern spielen können, wird ihre alltägliche Bewegungs- Spielzeit massiv eingeschränkt. Eine Untersuchung in Zürich-Leimbach hat gezeigt, daß in einem guten Wohnumfeld ohne Gefährdung durch Straßenverkehr bereits die drei- bis vierjährigen Kinder bei schönem Wetter viel Zeit im Wohnumfeld verbringen. Fast 20 Prozent dieser Altersgruppe weilt ein bis zwei Stunden im Freien, 25 Prozent zwei bis drei, 22 Prozent drei bis vier und etwas mehr als 16 Prozent sogar vier und mehr Stunden.

Vergleicht man Kinder aus guten Umgebungen mit solchen aus schlechten, so zeigen sich in der Stadt und auf dem Land sehr große Unterschiede.

In der Stadt sind in Umgebungen, die unbegleitetes Spiel zulassen, 55 Prozent der fünfjährigen Kinder täglich zwei Stunden und länger im Freien, auf dem Land sind es 63 Prozent. Ist die Umgebung schlecht, weil der private Motorfahrzeugverkehr kein Spiel in der unmittelbaren Umgebung zuläßt, so sind in der Stadt nur knapp zwölf Prozent zwei Stunden und mehr in Begleitung im Freien, auf dem Land noch 48 Prozent. Fünfjährige Kinder in der Stadt haben in guten Umgebungen im Schnitt rund neun Spielkameraden in der Nachbarschaft. Ist die Umgebung schlecht, so sind es nicht einmal drei.

VCÖ-magazin 2/04

Besonders nachteilig wirkt sich das auf die Buben aus, die besonders viel Bewegung und große Freundesgruppen zum Spielen brauchen.

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