Immer noch gehen etwa vier Millionen Katholiken in Deutschland am Samstagabend oder Sonntag in eine Kirche und feiern die heilige Messe. Vier Millionen - das ist eine gewaltige Demonstration gelebten Glaubens. Der Deutsche Fußballbund könnte sich freuen, wenn nur annähernd so viele Menschen am Wochenende in die Stadien zögen.
Aber dann gibt es Knatsch in irgendeinem Diözesanrat, oder den Finanzdirektoren fehlen ein paar Millionen im Bistumshaushalt, oder in einem österreichischen Priesterseminar geht es zu wie in Sodom und Gomorrha - und schon laufen vor allem Berufskatholiken mit einem Gesicht herum, als hätte Gott sein Volk verstoßen. Daß Er das nicht getan hat, zeigt gerade die Eucharistie, in der Er sich den Seinen fortlaufend zur Verfügung stellt.
Aber wie bei einem psychisch Kranken, der seine innere Leere mit einem Wust von äußeren Aktivitäten zudecken will, zählt das für viele nicht. Lieber arbeitet man sich an den Schwächen der Menschenkirche ab. Statt aus einem Urvertrauen in die Gnade Gottes Kraft zu beziehen, sieht man nur die Defizite. (...) Außenstehende müssen sich fragen, was denn der Reiz an einer derart mit sich unzufriedenen Kirche sein soll.
Wieder lernen, aus der Eucharistie zu leben. Für ein Jahr hat das der Papst den Gläubigen als Programm verordnet. Die Gemeinden und Gemeinschaften sollen die Eucharistie in den Mittelpunkt rücken. Die würdige Feier der Messe gehört dazu wie auch die eucharistische Andacht und die Fronleichnamsprozession. Feiern, verehren, sich freuen: Kann das der Katholik von heute noch - in aller Einfachheit, ohne sich vorher in Gremien wundgesessen oder komplizierte Konsenspapiere verabschiedet zu haben? Vielleicht lernt er es ja wieder.
Guido Horst
Aus “Die Tagespost" zitiert kath.net v. 10.10.04