Ist unser Sorgen und Klagen nicht die Folge davon, daß wir den Grund unseres Glaubens, die Freude an Jesus Christus verdrängt haben? Ein mitreißender Vortrag (im folgenden ein Auszug) bei der Stadtmission in Paris rief uns in Erinnerung, wie mächtig Gott ist, der uns zwar nicht vor allem bewahrt, aber alles zum Guten wendet.
Lassen Sie mich von Jesus Christus reden. Ich weiß, eigentlich bin ich nicht der richtige, das zu tun. Es gibt viele, die Ihn viel besser kennen als ich. Aber lassen Sie es mich dennoch versuchen. Denn Er ist im Grunde das einzig relevante Thema.
Wovon sollte man sprechen, wenn nicht von Ihm? (...) Alles in der Welt erzählt uns von Christus. Alles bewegt die Welt zu Christus hin. Alles existiert für Christus. Das sollte das erste Element der Evangelisation sein. Er selbst hat es gesagt. “Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes..." (Mt 28,18f)
Die Voraussetzung für die Evangelisation ist, daß Christus alle Macht gegeben wurde. Durch Seine glorreiche Auferstehung gehört die Welt Christus. Wenn dem so ist, so heißt das, daß alles Seiner Macht unterstellt ist. Also auch jeder Augenblick unseres Lebens. Selbst jene Dinge, die nicht Seiner Macht zu unterliegen scheinen, tun dies auf geheimnisvolle Weise.
Der Katechismus der Katholischen Kirche drückt dies sehr klar aus: “Das Zeugnis der Schrift lautet einstimmig: Die Fürsorge der Vorsehung ist konkret und unmittelbar, sie kümmert sich um alles, von den geringsten Kleinigkeiten bis zu den großen weltgeschichtlichen Ereignissen. Die heiligen Schriften bekräftigen entschieden die absolute Souveränität Gottes im Lauf der Ereignisse: “Unser Gott ist im Himmel; alles, was ihm gefällt, das vollbringt er." (Ps 115,3). Und Christus ist der, “ der öffnet, so daß niemand mehr schließen kann, der schließt, so daß niemand mehr öffnen kann"(Offb 3,7). “Viele Pläne faßt das Herz des Menschen, doch nur der Ratschluß des Herrn hat Bestand." (Spr 19,21)"
Das Zeugnis der Heiligen ist eine nicht enden wollende Bestätigung dieser Wahrheit: So sagt die heilige Katharina von Siena jenen, “die sich über das, was ihnen zustößt, empören und die sich dagegen auflehnen": “Alles geht aus der Liebe hervor, alles ist auf das Heil des Menschen ausgerichtet, Gott wirkt nur auf dieses einzige Ziel hin." Und Thomas Morus tröstet knapp vor seinem Martyrium seine Tochter: “Nichts geschieht, was Gott nicht gewollt hätte. Alles aber, was Er will, so schlimm es uns auch erscheinen mag, ist dennoch das beste für uns."
Der Katechismus ist diesbezüglich eindeutig. Wir kennen diese Lehre auch nur zu gut. Aber glauben wir im Alltagsleben auch an sie? Glauben wir, daß Jesus Christus auch Herr der Märkte und der Staus auf den Straßen ist? Wir wissen daß Christus der “Herr der Heerscharen" (Ps 84,2) ist, “Herr unserer Väter" (Jdt 7,28). Aber glauben wir auch, daß Er der Herr der Satelliten und Gewerkschaften ist? Der Computerspiele und der Kinos? Wissen wir, daß Er der Herr des Fernsehens und der Busse, der Herr der Fabriken und Handys ist? Er ist der Herr gestern und heute.
Er, das Wort Gottes, ist es, der uns in jedem Augenblick des Lebens anspricht. Er, das Wort Gottes, der gegenwärtig ist in allem, was uns im Alltag begegnet. Wovon sollte man reden, wenn nicht von Ihm? Das ist Evangelisation: Von Jesus Christus reden auf den Märkten, in den Bussen, in den Gewerkschaften, den Kinos.
Die Welt, die ganze Welt ist eine Offenbarung Christi. Die Welt, die ganze Welt, ist eine Vergegenwärtigung Christi, ob sie es weiß oder nicht. In Seinem Dienst stehen die Börsenkurse und die Entscheidungen der Minister, selbst, wenn sie es nicht wissen. In seinem Dienst stehen die Schritte des Arbeiters und der Erdölpreise. Er ist der Herr, gestern und heute.
“Wir wissen, daß Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind." (Röm 8,28) Daher: In allem, was unser Leben ausmacht - wovon sollte man sprechen, wenn nicht von Ihm?
(...) Von Christus zu reden, was heißt das eigentlich? Es heißt vom Glück, von der Freude, vom Frieden zu reden. All das sind Zeichen Christi. Das wahre Glück ist Zeichen, Sakrament der Gegenwart Christi in der Welt, Zeichen Seiner Gegenwart in uns.
Der heilige Augustinus hat festgestellt: “Wenn ich Dich suche, Dich, mein Gott, ist es die Freude, die ich suche. Ich suche Dich, damit meine Seele lebe. (...) Es gibt eine Freude, die den Gottlosen nicht geschenkt ist, wohl aber denen, die Dir selbstlos dienen: Du selbst bist diese Freude. Das ist das wahre Glück!"
Der heilige Augustinus sagt uns, daß das Glück die Freude an Christus ist, um Christi willen und seinetwegen. Das ist das Glück. Man kann nicht von Christus reden, kann nicht evangelisieren, ohne die Freude Christi in sich zu haben. “Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird." (Joh 15, 10f) Die Freude ist Kennzeichen des Apostels.
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Wir wissen nur zu gut, daß der Friede, den die Fabriken, die Kinos, die Computer, die Minister geben, nicht der wahre Frieden ist. Man weiß, daß es nicht das Fernsehen, die Autobusse sind, wo man die wahre Freude findet. Dort gibt es nur Abbilder der wahren Freude, wie der heilige Augustinus sagt. Computer und Gewerkschaften können uns aus sich heraus nicht die wahre Freude schenken. Man weiß, daß die Freuden der Welt nicht die wahre Freude sind, ihr Frieden nicht der wahre Frieden ist. Die Welt und die Geschichte sind nicht im Frieden, in der Freude.
Als arme Sünder wissen wir nur zu gut, wie oft wir falschen Freuden nachgelaufen sind. Wohin man schaut, sieht man Leute, die ihre Hoffnung auf Arbeit und Politik, Märkte und Spiele gesetzt haben. Und sie wurden enttäuscht. Ob sie es wissen oder nicht, sie haben das Glück, das sie suchten, nicht in der Welt gefunden. Das wahre Glück liegt in der Gegenwart Christi. Und die Welt, die ganze Welt, ob sie es nun weiß oder nicht, ist von der Gegenwart Christi durchdrungen. Diese Gegenwart kann aber nur durch die Evangelisation geoffenbart werden. Was auf den Märkten und in den Straßen Grund zur Freude ist, entdeckt man erst durch die Evangelisation, denn durch sie findet man zu Christus. Durch die Evangelisation findet die Welt zur wahren Freude, zum wahren Glück. ...
Wenn die Welt Christus entdeckt, so ist es die Barmherzigkeit, die sie am meisten erstaunt. “Wer ist das, daß er sogar Sünden vergibt?" (Lk 7,49) Das war es, was die Pharisäer erstaunt und seine Jünger angezogen hat. Für uns, arme Sünder, ist die Barmherzigkeit die Quelle des Glücks. Für uns, die wir so oft falschen Freuden nachgelaufen sind, ist die Barmherzigkeit der einzige Weg zum Frieden. Für uns, erdrückt unter der Last der Sünden, ist die Barmherzigkeit die einzige Quelle der Freude.
Jeder von uns weiß nur allzu gut, daß uns unsere Sünden verurteilen. Und wenn wir in die Autobusse, Fabriken, Märkte und Ministerräte schauen, so wissen wir, daß man dort wegen der großen Sünden nicht zum Frieden finden kann. Was wir, was die Menschen brauchen, ist die Barmherzigkeit. Nur die Barmherzigkeit befreit von den Sünden. Nur sie richtet die Sünder auf. Nur sie öffnet das Tor zum Frieden und zur Freude. Die Verkündigung des Evangeliums muß die Verkündigung der Barmherzigkeit sein. Nur so kann das Glück, die Freude, der Frieden verkündet werden.