Zwei Zeugnisse führen uns in die Welt der Abtreibung und ihrer Folgen: Zunächst kommt ein Belgrader Arzt zu Wort, der 50.000 Abtreibungen durchgeführt hat. Dann erzählt eine Frau von den verheerenden Folgen der Abtreibung ihres Kindes in ihrem Leben.
Ich dachte, das sei kein Mensch
Im fünften Jahr meines Studiums habe ich Vorlesungen aus Gynäkologie und Geburtshilfe besucht. Schon in der ersten Stunde hat man uns erklärt, das Kind sei erst dann wirklich lebendig, wenn es zu schreien beginnt. Sein erster Schrei bedeutet, daß es sich um einen Menschen handelt. Davor sei das Kind einfach ein Organ der Mutter. Es herauszuoperieren, sei wie das Entfernen von Mandeln oder eines Blinddarms. Das war die kommunistische Doktrin.
Mit dieser Vorstellung habe ich mich auf Gynäkologie spezialisiert. Meine Erwartung war: Deine Arbeit ist es zu operieren, Frauen zu entbinden, Kaiserschnitte - und Abtreibungen zu machen. Mit einem Kollegen war ich dann 20 Jahre hindurch vor allem zuständig, Abtreibungen durchzuführen. Ich mochte das nicht besonders. Aber man mußte es tun.
Langsam aber entwickelte sich in mir ein Widerstand. Ich begann zu verstehen, daß da etwas nicht stimmte: Wie konnte ein Mensch erst durch den ersten Schrei lebendig sein? Als wir Ultraschall bekamen, sah ich, wie das Ungeborene am Daumen lutscht. Und bei Abtreibungen sehe ich dann diese Hand auf meinem Tisch - zerrissen! Es konnte nicht sein, daß das Leben mit dem ersten Schrei beginnt.
So begann ich mit einem Experiment: Ein Freund konstruierte für mich ein Ultraschall-Gerät. Da war dann auf dem Bild zu erkennen, daß das Ungeborene sehr lernfähig war und sinnvoll auf Einwirkungen von außen zu reagieren vermochte. So begriff ich, daß das Kind lebendig ist.
Und dann hatte ich ein Erlebnis. Ein Bekannter wollte, daß ich an einer jungen Frau, die im 5. Monate schwanger war, eine Abtreibung durchführe. Auf die Frage, wie viele Abtreibungen sie schon gemacht hatte, bekam ich zur Antwort: neun. Ich darauf: “Dann bekommt sie jetzt das Kind!" Der Bekannte mobilisierte daraufhin seine ganze Verwandtschaft, um mich zu belagern, damit ich die Abtreibung durchführe. Der Tenor: “Das sind doch Studenten, die ihr Studium beenden müssen. Wie kannst Du ihnen da nicht helfen!"
Also habe ich nachgegeben und es getan. Zunächst ziehe ich etwas heraus, eine Hand - wie üblich. Lege sie auf den Tisch. Da plötzlich: Durch etwas Jod auf dem Tisch, das den Nerv reizt, beginnt sich die Hand zu bewegen. Mein Gott! Nachdem ich mit der Abort-Zange das Kind weiter zerschnitten hatte, fasse ich einen Fuß heraus, will ihn so legen, daß nicht dasselbe wie mit der Hand passiert. Hinter mir stolpert jedoch die Hebamme und läßt alles fallen, was sie in der Hand hat. Ich erschrecke, der Fuß entgleitet mir, kommt genau neben die Hand zu liegen. Und wieder dieselbe Reaktion - auch der Fuß bewegt sich. Als ich das nächste Mal etwas herausfasse, ist es das Herz - und es schlägt noch! Schwächer und schwächer, bis es stillsteht.
In diesem Moment begreife ich, daß ich einen Menschen getötet hatte. Wie im Traum höre ich dann, daß die Hebamme, die mir assistierte rief: “Stojan, was ist mit Ihnen, was ist los!" In dem Moment, als die Hebamme nach dem anderen Arzt ruft, erwache ich aus meinem Entsetzen. Und ich beginne zu beten: “Lieber Gott, ich weiß, in welcher Scheiße ich da hocke. Aber hilf jetzt dieser Frau." Und ich kann diese Abtreibung in erstaunlich kurzer Zeit beenden.
Diese Abtreibung war meine letzte. Seit damals kämpfe ich gegen die Abtreibung und bemühe mich, Frauen von Abtreibungen abzuhalten. Jetzt passiert es mir ab und zu, daß mir in Belgrad Frauen über den Weg laufen, die mich ansprechen und sagen: “Herr Doktor, schauen Sie das Kind an: Das haben Sie gerettet!"
Wenn ich vor Gott treten werde, hoffe ich, daß Er mir wenigstens das zu meiner Rettung zugute halten wird.
Stoján Adasevic
Ich litt unter furchtbaren Ängsten
Ich habe zwei Brüder und eine Zwillingsschwester. Als einzige habe ich kein Abitur. Das war in einer Familie von Akademikern sehr schlimm. Ich war Photographin und hatte das große Glück zu der Theaterfotographin nach Hamburg zu gehen, Rosemarie Klausen, die schon in Berlin Karriere gemacht hatte.
Dort war ich zwei Jahre. In dieser Zeit habe ich einen Mann kennengelernt und wurde schon nach der ersten Nacht schwanger. Als ich ihm das sagte, stellte sich heraus, daß er schon längst eine andere Freundin hatte und nichts mit dem Kind zu tun haben wollte. Da ich inzwischen einen Vertrag am Bochumer Schauspielhaus hatte, wußte ich keinen anderen Ausweg, als abzutreiben - was 1965 verboten war. Über eine Schauspielerin bekam ich eine entsprechende Adresse.
Ich ging dann nach Bochum und hatte - offengestanden - keine Probleme mit der Abtreibung. Das Thema war vergessen. Ich fühlte mich sehr erleichtert. Ich hätte gern eine Familie gehabt, habe mich allerdings - weil ich kein Vertrauen zu Männern mehr hatte - Frauen zugewandt.
Erst gegen Ende der siebziger Jahre ist die erste Depression aufgetreten. Kein Mensch konnte sich das erklären. Ich selbst habe mir gedacht, es sei meine Homosexualität. Aber man hat mich beruhigt und gesagt, das sei ja völlig normal.
Als ich relativ schnell aus dieser Depression herausgekommen war, bin ich mit einer Freundin aufs Land gezogen, wo wir Schafe gezüchtet haben. Allerdings verfiel ich wieder in eine Depression, die so schwer war, daß ich zu einem Psychiater gegangen bin. Weil ich Selbstmordgedanken hatte, wurde ich in eine Klinik eingeliefert. Das war schlimm. Ich war zwar nur eine Woche dort, aber es kam mir vor, als wären es Jahre gewesen. Ich litt unter furchtbaren Ängsten. Wer keine Depressionen erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, welche Ängste man da aussteht. Man möchte lieber tot als lebendig sein.
Mit der Landwirtschaft ist es schief gegangen. Wir hatten Schulden. Gott sei Dank hat mich eine Familie, die ich vom Theater kannte, dann als Haushaltshilfe aufgenommen. Ich hatte aber den Eindruck, nichts, überhaupt nichts mehr zu können. Was mir früher leichtfiel, konnte ich nicht mehr, nicht die einfachsten Dinge. Am liebsten wäre ich im Bett geblieben. Aber weil ich da bezahlt bekam, habe ich mich irgendwie durchgeschwindelt.
Eine Erfahrung habe ich dann gemacht: Immer wenn ich aus Liebe etwas für jemanden tat, bin ich aus der Depression herausgekommen. Und so löste sie sich langsam auf. Als ich nach Hamburg zurückkam, stellte ich fest, daß Rosemarie Klausen mittlerweile an Parkinson erkrankt war und ich beschloß, sie zu pflegen. Bei ihr fand ich das Buch “Die glücklichsten Menschen der Erde", ein Buch, das ich normalerweise nicht lesen würde. Es war die Führung Gottes, daß ich dieses Buch fand. Es beschreibt, wie Jesus eine armenische Familie vor dem Massaker an den Armeniern bewahrt.
Ich wußte sofort: Das ist es, was ich immer gesucht hatte. In einer freien, christlichen Gemeinde, die ich in Hamburg kennenlernte, habe ich dann mein Leben Christus übergeben. Das hat alles sehr verändert. Plötzlich wußte ich, warum ich lebe. In Depressionen bin ich allerdings immer noch verfallen.
1999 habe ich dann an einer “Human Life International"--Konferenz in Wien teilgenommen. Dort verstand ich endlich, woher die Depressionen kamen. Ich hatte Gott noch nicht um Vergebung für meine Abtreibung gebeten. Mit einer Ärztin bin ich dann einen Weg der Befreiung durchgegangen. Da ging es darum, meine Schuld vor Jesus zu bekennen und Ihn in mein Herz aufzunehmen. Seitdem habe ich noch mehr Frieden als nach meiner Bekehrung.
Im Gefolge habe ich dann in dieser Bewegung gearbeitet, am Fleischmarkt, vor dem größten Abtreibungsambulatorium Österreichs. Eine harte Arbeit. Aber ich habe dort phantastische Gespräche geführt. Man muß die Frauen nur richtig ansprechen und ihnen sagen, daß Gott sie liebt - auch wenn wir Dinge tun, die wir nicht besser wissen, daß er ihnen gerne vergibt.
Aufgrund meiner Erfahrungen kann ich nur jeder Frau empfehlen, niemals abzutreiben. Wir müssen den Menschen diesbezüglich die Wahrheit sagen.
Charlotte Fuhrmann
Briefmarke für das Leben
Im Rahmen einer von “Jugend für das Leben" - Jugendliche, die sich seit Jahren für den Schutz des Lebens von Anfang an einsetzen - organisierten Vortragsreihe waren diese Zeugnisse zu hören. Derzeit ist “Jugend für das Leben" bemüht, die Mittel zur Herausgabe einer Lebensschutzbriefmarke aufzubringen. Das Projekt kann durch Spenden und Bestellungen von Marken gefördert werden.
Infos: Jugend für das Leben, Starhembergg. 66/20,
4020 Linz, Tel: 0732 788116 od. 0664 3420804