Ein Jahr der Eucharistie hat Papst Johannes Paul II. ausgerufen. Und wir stehen schon mitten drin. Aber was bedeutet das eigentlich für den normalen Christen? Schon wieder ein Jahr besonderer Aktionen, mag sich mancher denken. Wozu? Die Antwort darauf fällt leicht, wenn man sich ehrlich die Frage stellt: Kann jemand, der als uninformierter Außenstehender irgendwo an einer Sonntagsmesse teilnimmt, auch nur halbwegs erahnen, welch unfaßbares, beglückendes Geschehen da stattfindet?
Meist nicht, so jedenfalls mein Eindruck. Ich erinnere mich an Sonntagsmessen in einem ländlich geprägten Milieu in den siebziger Jahren. Da kam man zwar zum Gottesdienst zusammen - die Männer allerdings versammelten sich vor der Tür. Ihre Teilnahme beschränkte sich darauf, den Hut bei der Wandlung zu lüften. Zur Kommunion gingen einige ältere Frauen und die Kinder. Bei Festmessen im Freien konnte es passieren, daß gar keine Kommunion ausgeteilt wurde. Von Begegnung mit dem mit Leib und Blut gegenwärtigen Herrn war da kaum etwas zu spüren.
Zugegeben, die Situation hat sich geändert. Heute kommuniziert ein Großteil der Meßbesucher. Aber ist sich die Mehrzahl von ihnen bewußt, was da geschieht? Ich muß gestehen, daß ich selbst lange Zeit hindurch sehr oberflächliche Vorstellungen hatte. Etwas vereinfacht hatte ich nach meiner Bekehrung mitbekommen, daß sich die Gemeinde sonntags versammelt, um mit dem Herrn ein Fest zu feiern, mit Ihm Mahl zu halten. Die Botschaft hatte etwa so gelautet: Wir veranstalten ein schönes, möglichst ergreifendes Fest für Gott, versammeln uns um den Tisch des Herrn und danken Ihm für die Gemeinschaft, die Er uns geschenkt hat.
Wichtig waren schwungvolle Lieder, freie Gebete, eine abwechslungsreiche Liturgie, zwangloses, lockeres Verhalten der Mitfeiernden... Wo all das nicht geboten wurde, dorthin ging ich nicht gern.
Nun will ich keineswegs all das schlechtmachen. Bei den Messen aus Tradition am Dorf haben sicher viele Gläubige in tiefer Verehrung des Leibes und Blutes Christi Kraft für ihre Woche getankt. Und die flott inszenierten “Mahlfeiern" der siebziger Jahre und danach waren sicher für viele - auch für mich - der Weg, Jesus Christus näherzukommen.
Aber heuer, in diesem besonderen Jahr, das Papst Johannes Paul II. wohl als Höhepunkt seines Pontifikats der Kirche geschenkt hat, haben wir alle die besondere Gelegenheit, viel tiefer in das große Geheimnis der Eucharistie, der Feier des Todes und der Auferstehung Jesu Christi und Seiner sakramentalen Gegenwart in den Tabernakeln unserer Kirchen und Kapellen einzudringen.
Der folgende Schwerpunkt ist der Versuch, ein paar Schlaglichter auf das Geheimnis unseres Glaubens zu werfen, eine Einladung zu häufigerem Meßbesuch, zur Frühkommunion für Kinder (Seiten 8-9), zur Unterbrechung des Alltags durch ein kurzes Gebet in einer Kirche oder zur Anbetung des Allerheiligsten (Seite 10), das wieder öfter in Kirchen ausgesetzt wird.
“Er ist da" - diese Erfahrung, über die der Wiener Erzbischof reflektiert (Seite 4-6) steht uns allen offen. Jesus Christus, der Mensch gewordene Gott, der jeden Menschen liebt, ist in besonderer Weise in den katholischen Gotteshäusern gegenwärtig. Man stelle sich das vor: Gott geheimnisvoll, leiblich anwesend! Wir können Ihn anschauen, sprechen Gebete nicht irgendwie ins Leere, sondern haben Ihn als Gegenüber! Und wir können Ihn aufnehmen, uns aufs Engste mit Ihm verbinden, Er in uns und wir in Ihm! Weil es so unfaßbar ist, gehen wir so leicht an diesen Angeboten vorbei.
Das Jahr der Eucharistie ist eine einmalige Chance, sich neu mit dem unter uns gegenwärtigen Jesus Christus einzulassen. Die Beiträge auf den folgenden Seiten sind eine Einladung zu einem solchen Aufbruch.
Christof Gaspari