Seit mehr als einem halben Jahrhundert - seit dem 2. November 1946, an dem ich meine Primiz in der Krypta des heiligen Leonhard in der Kathedrale auf dem Wawel in Krakau gefeiert habe - sind meine Augen jeden Tag auf die Hostie und den Kelch gerichtet, in denen Zeit und Raum in gewisser Weise “konzentriert" sind und das Drama von Golgota lebendig gegenwärtig wird und sich seine geheimnisvolle “Gleichzeitigkeit" enthüllt.
Jeden Tag hat mein Glaube im konsekrierten Brot und im konsekrierten Wein den göttlichen Wegbegleiter erkennen können, der sich eines Tages an die Seite der beiden Emmausjünger gesellte, um ihnen die Augen für das Licht und das Herz für die Hoffnung zu öffnen (vgl. Lk 24, 13-35).
Erlaubt mir, meine lieben Brüder und Schwestern, daß ich mein Zeugnis des Glaubens an die heiligste Eucharistie mit inniger Begeisterung ablege, um euch im Glauben zu begleiten und zu stärken. “Ave, verum corpus natum de Maria Virgine, vere passum, immolatum, in cruce pro homine!".
Hier ist der Schatz der Kirche, das Herz der Welt, das Unterpfand des Ziels, nach dem sich jeder Mensch, und sei es auch unbewußt, sehnt; ein großes Geheimnis, das uns überragt und die Fähigkeit unseres Geistes gewiß auf die harte Probe stellt, über den Augenschein hinauszugehen. Hier täuschen sich unsere Sinne - “visus, tactus, gustus in te fallitur", heißt es im Hymnus Adoro te devote -, doch der Glaube allein genügt uns, der verwurzelt ist im Wort Christi, das uns von den Aposteln überliefert wurde. Erlaubt mir, daß ich - wie Petrus am Ende der eucharistischen Rede im Johannesevangelium - im Namen der ganzen Kirche und im Namen eines jeden von euch zu Christus sage: »Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens« ( Joh 6, 68).
Papst Johannes Paul II.
Aus der Enzyklika “Ecclesia de Eucharistia".